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Fragt man Norweger nach Ostern, wird man nichts von Ostereiern oder Osterhasen oder gar der Auferstehung hören. Das Gespräch wird sich vielmehr um die Hütte, das Ferienhaus der Familie in den Bergen, um Skifahren und um die neuesten Krimis drehen.

 

Zu Ostern fährt der Norweger in die Berge um Ski zu laufen. In den Skigebieten ist Hochsaison und dieses Jahr wird dazu noch ausgezeichnetes Wetter erwartet. Falls das Wetter doch schlechter werden sollte, deckt man sich mit reichlich Krimis ein, die dann vor dem Kamin gelesen werden.

Rechtzeitig vor Ostern präsentieren deshalb viele Verlage Neuerscheinungen und auch das Fernsehen und einige Radioprogramme stellen ihr Programm komplett auf Krimi um. Die Lebensmittelläden bieten Apfelsinen und «Kvikk lunsj» im Sonderangebot an. «Kvikk lunsj», „schnelles Mittagessen“ ist eine Keksschokolade ähnlich „KitKat“ und gehört zu Ostern und einer Skitour genauso wie warmer Kakao. Außerdem werden auf ihrer Rückseite stets die neuesten Tourvorschläge der «Turistforening», den Norwegischen Wandervögeln, präsentiert. Diese unterhalten viele Hütten im Gebirge, die auch von Nichtmitgliedern genutzt werden können. In den letzten Jahren ist eine neue Schokolade auf den Markt gekommen und erfreut sich wachsender Beliebtheit: Sie sieht aus wie eine Apfelsine und schmeckt auch danach.

Damit sich die Reise in die Berge auch lohnt, haben die Kinder bereits ab Palmsonntag schulfrei. Viele Betriebe haben in dieser Woche Betriebsferien und spätestens, wenn mit dem Gründonnerstag die Feiertage beginnen, haben die allermeisten frei bis zum Ostermontag. Die österliche Hochsaison ist auch der Grund, weshalb es im größten Teil Norwegen bis zum Sonntag nach Ostern erlaubt ist, mit Spikesreifen zu fahren.

Der Osterhase ist in der norwegischen Ostertradition gänzlich unbekannt, doch in den letzten Jahren sieht man mehr und mehr Ostereier. Früher war frischer Dorsch ein klassisches Osteressen für viele, doch in den letzten Jahren hat sich mehr und mehr Lammbraten durchgesetzt, auch wenn dies etwas makaber ist, denkt man an das „Lamm Gottes“.

Bei den meisten Norwegern ist der christliche Hintergrund des höchsten christlichen Festes fast gänzlich untergegangen. Ostern ist für die meisten ein säkulares Fest des Skisports, der Berge und der Familie. Dies wird vor allem durch das Fernsehen verstärkt, das in den letzten Jahren den christlichen Hintergrund des Festes als Teil des christlichen und humanistischen Kulturerbes nicht nur nahezu, sondern wirklich komplett ausblendete.

Doch einige Bistümer haben in den letzten Jahren ein verstärktes Augenmerk auf Ostern gerichtet. Sie fordern die Pfarrer auf verstärkt um die Gläubigen zu werben, anstatt selbst in den Skiurlaub zu fahren. So gibt es nun mehr Gottesdienste „vor Ort“ in den Bergen, aber auch spezielle Gottesdienste, wie Kreuzwanderungen, Fußwaschungen, Abendmahlsmahlzeiten oder Osterwanderungen. 

Veröffentlicht in den Mitteldeutschen Kirchenzeitungen: http://www.mitteldeutsche-kirchenzeitungen.de