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Dies ist eine "Rohausgabe", die mit Fehlern behaftet ist. Die Arbeit ist gründlichüberarbeitet im März 2006 imVerlag Edition Kirchhof und Franke unterder ISBN 3-933816-34-3 erschienen und im Buchhandel und hier erhältlich. Die Anhänge sind jedoch nur hier zu finden.

Mariaschein - Bohosudov

- Ein Wallfahrtsort im Dornröschenschlaf -

Hauptseminararbeit im Fach
Ökumenik und Konfessionskunde

Leipzig, den 23. Januar 2001

 

 

 

 

Mariaschein - Bohosudov.. 1

- Ein Wallfahrtsort im Dornröschenschlaf - 1

1. Einleitung.. 4

2. Quellen.. 5

2.1. Geschichtsbücher.. 6

2.1.1. Mariascheiner Geschichtsbücher. 6

2.1.2. Regionale Kirchengeschichten. 7

2.2. Besucherinformationen.. 7

2.2.1. Wallfahrtsbüchlein. 7

2.2.2. Touristeninformationen. 9

2.3. Sonstige Informationen.. 9

2.3.1. Zeitungsartikel 9

2.3.2. Gespräche. 10

2.3.3. Internet 10

2.4. Andere Quellen.. 11

3. Die Geschichte des Wallfahrtsortes Mariaschein.. 12

3.1. Die Anfänge oder wie das Gnadenbild nach Mariaschein kam... 12

3.2. Die Wallfahrtskirche in Mariaschein – von der hölzernen Kapelle zur Wallfahrtskirche   13

I. Exkurs: Wallfahrten aus der Lausitz oder die „Wendschen“ in Mariaschein   15

3.3. Die Entwicklung Mariascheins bis zum Neubau der Kirche Anfang des 18. Jahrhunderts  16

II. Exkurs: Mariaschein und die Folgen der Kriege – Die Fluchten des Gnadenbildes  19

III. Exkurs: Die Jesuiten in Tschechien und Mariaschein.. 23

3.4. Von der neuen Kirche und ersten Blüte in Mariaschein bis zur Spätblüte im 20. Jahrhundert   26

IV. Exkurs: Kalvarienberg und Annenkirche.. 31

3.5. Die dunklen Jahrzehnte und Licht am Ende des Tunnels – Die Zeit bis zum Anbruch des 21. Jahrhunderts. 33

3.6. Zusammenfassung.. 36

4. Beschreibung der Wallfahrtskirche und Kreuzganges. 38

4.1. Vorbemerkung.. 38

4.2. Der Kreuzgang. 38

4.2.1. Die Entstehung. 38

V. Exkurs: Die Sieben Schmerzen Mariä.. 39

4.2.2. Die Freskengemälde. 40

4.2.3. Die Kapellen des Kreuzganges. 47

4.2.3.1. Die „Reichstädter“ Kapelle. 47

4.2.3.2. Die „Teplicer“ Kapelle. 48

4.2.3.3. Die „Litomericer“ Kapelle. 48

4.2.3.5. Die „Chlumecer“ Kapelle. 49

4.2.3.6. Die „Oseker“ Kapelle. 49

4.2.3.7. Die „Duchcover“ oder „gräflich Waldsteinsche“ Kapelle. 50

4.3. Der Marienbrunnen.. 50

5. Zusammenfassung.. 56

6. Schlußbemerkungen.. 57

7. Literaturverzeichnis: 60

7.1. Benutzte Literatur.. 60

7.2. Weitere Literatur

.. 61


1. Einleitung[1]

An meine ersten Besuche in Mariaschein[2] erinnere ich mich nur im Zusammenhang mit Drahtseilbahn zum Komari vizka, Mückentürmchen, die mich als Kind unheimlich faszinierte. Der Name Mariaschein kommt in meinen Erinnerungen an jene Zeit gar nicht vor. Erst später, als ich mich für Kirchen zu interessieren begann, stellte ich eine Verbindung zwischen der Talstation der Drahtseilbahn und dem in den Erzählungen meiner Großmutter[3] vorkommenden Wallfahrtsort Mariaschein her. Mein ökumenisches Studienjahr an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Karls-Universität Prag von 1997 bis 1998, daß mich mit Grundkenntnissen der Tschechischen Sprache ausstattete, förderte mein Interesse an dem verschlafenen Wallfahrtsort und seiner Kirche. Das Seminar „Katholische Marienverehrung“ bot mir so den Anlaß, mich eingehender mit der Tradition dieses Ortes zu beschäftigen.

Als ich mit der Recherche für diese Arbeit mit drei Besuchen in Mariaschein begann, war mir noch nicht klar, was mich erwartete: Das letzte schmale Büchlein zu dem Wallfahrtsort war 1933 erschienen und seit dieser Zeit gab es nur Handzettel, eine Touristenbroschüre, diverse Internet- und Zeitungsartikel sowie Zeitzeugen, aber auch diese wollten erst einmal gefunden sein. So entwickelte sich, was als Ausarbeitung eines Seminarreferats begonnen hatte unversehens zu einer kleinen Forschungsarbeit, die deshalb durchaus den üblichen Rahmen sowohl an Umfang als auch Recherchearbeit einer Hauptseminararbeit sprengen dürfte.



2. Quellen

Eigenständige Veröffentlichungen zu Mariaschein beginnen 1646[4] mit einem Wallfahrtsbüchlein „Maria Mater dolorum“ und enden 1933 auch mit einem solchen: „Das Heiligtum der Schmerzhaften Mutter Gottes in Mariaschein, dem deutschböhmischen Lourdes des 17. und 18. Jahrhunderts“ des Mariascheiner Sakristans W. Schmidt. Für die Zeit dazwischen sind insbesondere zwei Geschichtsbücher bekannt: die „Historia Mariascheinensis“ mit ihrem Vorläufer der „Historia Beatissimae Virginis Matris Dolorasae ad Graupenam“ des Jesuitenpaters Johannes Miller von 1710 bzw. 1693 und die ausführliche Abhandlung „Die Residenz der Gesellschaft Jesu und der Wallfahrtsort Mariaschein in Böhmen“ von Alois Kröss ebenfalls Mitglied der Societas Jesu aus dem Jahre 1894. Daneben bieten weitere Wallfahrtsbücher  und regionale Kirchengeschichten besonders des Bistums Litomerice[5] Anhaltspunkte für die Entwicklung des Marienwallfahrtsortes. Die Autoren dieser Schriften hatten jedoch im Gegensatz zu mir das Archiv und die Bibliothek in Mariaschein zur Verfügung, von dem mir außer der wagen Erinnerung „Teile davon sollen in das Museum nach Türmitz gekommen sein“[6] und dem Stempel des „Bibl. Coll. S.J. Mariaschein“ in einem Buch, welches ich per Fernleihe aus der Universitätsbibliothek Regensburg erhielt, nicht viel geblieben ist. So bin ich auf die Quellen beschränkt, ich im Anschluß kurz erläutern werde. Da besonders für die Zeit nach 1933 nur ein Faltblatt der Wallfahrtskirche und eine Touristenbroschüre der Stadt Krupka[7] mit recht spärlichen Angaben  zur Verfügung stehen, bin ich hier gezwungen auf andere Quellen zurückzugreifen: Informationen verschiedenster Art, die ich im Internet finden konnte, und Zeitungsartikel ab dem Jahre 1997, die mir durch eine entsprechende Datenbank zugänglich sind. Insbesondere diese Quelle möchte ich in einem Anhang der Arbeit beigeben.

Ich bin so ausschließlich auf Sekundärquellen angewiesen, denn selbst die Zeitungsartikel berichten primär immer über andere Ereignisse, wie Reisen Vertriebener in die alte Heimat, und lassen oft nur indirekte Schlüsse auf das Geschehen in Mariaschein zu.


 

 

 

2.1. Geschichtsbücher

2.1.1. Mariascheiner Geschichtsbücher

Das erste Geschichtsbuch zu Mariaschein, das sich als solches bezeichnen läßt und in der mir zugänglichen Literatur erkennbar ist, wurde nie gedruckt sondern verblieb als Manuskript in der Bibliothek des Kollegiums zu Mariaschein. Johannes Miller überarbeitete seine 1693 geschriebene „Historia Beatissimae Virginis Matris Dolorasae ad Graupenam“ allerdings und brachte sie 1710 als „Historia Mariascheinensis“ zum Druck.. Das Buch fand so großen Anklang, daß es 1769 noch einmal aufgelegt wurde. Ein Exemplar dieser Auflage findet sich auch in der Leipziger Universitätsbibliothek. Es ist eine für seine Zeit sehr kritische Zusammenstellung und Betrachtung verschiedener Begebenheiten meist legendarischen Charakters. Miller verwertet auch die Forschungen Pater Bohuslav Balbins[8], der bereits etwa zwanzig bis dreißig Jahre vor ihm begann eine Vielzahl von Untersuchungen zur böhmischen Kirchengeschichte anzustellen und dies zu veröffentlichen.  Miller benutzt die Sprache seiner Zeit, die sich von der unseren allerdings nicht unwesentlich unterscheidet, so daß sein Werk heute nur mit einigen Mühen zu lesen ist, dennoch kann ich mich dem Urteil Alois Kröss‘ anschließen „er wußte Sage von Geschichte wohl zu sondern und berichtete nichts als sicher, was sich nicht historisch beweisen liess“[9]

Das für meine Arbeit bedeutendere, weil jüngere Geschichtsbuch ist „Die Residenz der Gesellschaft Jesu und der Wallfahrtsort Mariaschein in Böhmen“ des Jesuitenpaters Alois Kröss. aus dem Jahre 1894. Er gibt eine sehr detaillierte Beschreibung der Mariaschein betreffenden Ereignisse und wird im geschichtlichen Teil die Hauptgrundlage meiner Arbeit sein. Kröss geht innerhalb verschiedener Epochen thematisch vor, was  allerdings bei seiner Informationsmenge gelegentlich eine gewisse Unübersichtlichkeit zur Folge hat. Ich möchte dieses Geschichtsbuch nicht einfach abschreiben, sondern mich auf die in ihm wiedergegeben Ereignisse etwa in dem Umfang beziehen, wie dies die meisten Wallfahrtsbüchlein tun. Das Exemplar des Buches das mir vorliegt, stammte ursprünglich aus der Bibliothek der Jesuiten in Mariaschein, wie ein Stempel erkennen läßt. Es scheint das Korrekturexemplar des Autors gewesen zu sein, da des öfteren von Hand Korrekturen an offensichtlich falsch gesetzten Jahreszahlen und Schreibfehlern vorgenommen worden sind. Auf welchem Weg das Buch schließlich nach Regensburg gelangte wäre zwar interessant zu erfahren, ist mir aber leider unbekannt.


 

2.1.2. Regionale Kirchengeschichten

Ich benutze drei Kirchengeschichten, die sich alle auf den Bereich der Diözese Litomerice[10] beziehen.

Der „Umriß einer kurzen Geschichte des Leitmeritzer Bistums im Königreiche Böhmen“, eine Bischofsgeschichte des Bistums zu dem Mariaschein gehört, wurde 1811 von Franz Joseph von Bretfeld verfaßt und ist besonders für die Informationen über den ersten Bischof des Bistums Maximilian Rudolph von Schleinitz und die Zeit um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert von Interesse.

Anton Frinds vierbändige „Kirchengeschichte Böhmens“ aus den Jahren 1864-78 ist für Mariaschein nicht sehr ergiebig liefert jedoch für den Exkurs zu den Wallfahrten aus der Lausitz einen interessanten Hinweis.

Die für Mariaschein sehr ergiebige „Geschichte des Bistums und der Diözese Leitmeritz“ bricht mit ihren beiden ersten in Leipzig vorliegenden Bänden von 1912 und 1914 leider mit dem Ende der Amtszeit Maximilian Rudolf von Schleinitz‘ als Bischof von Leitmeritz 1675 ab. Weitere Bände waren weder in Leipzig noch über Fernleihe auffindbar, so daß damit gerechnet werden muß, daß der 1. Weltkrieg ihr Erscheinen verhinderte.


 

 

 

2.2. Besucherinformationen

2.2.1. Wallfahrtsbüchlein

Wallfahrtsbücher stellen die älteste Form des Berichtens über Mariaschein dar. Sie beginnen mit „Maria Mater dolorum“ von 1646 und „Jesu und Mariae Gnadenbüchlein“ von 1678[11] mit zwei mir nicht zugänglichen und möglicherweise verloren gegangenen Werken. Ihnen folgten weitere, über die auch Kröss keine näheren Angaben macht, bis im wohl im 18. Jahrhundert die Tradition abriß. Erst der Lehrer Josef Manzer[12] nahm mit seinem mir ebenfalls nicht zugänglichen Büchlein „Der Wallfahrtsort Mariaschein in Teplitz bei Böhmen“ 1836 die Tradition wieder auf.

Das älteste mir zugängliche Wallfahrtsbüchlein ist die „Kurze Geschichte und Beschreibung des Wallfahrtsortes Mariaschein bei Teplitz in Böhmen“ Andreas Prinz‘, das  1855 in Leipzig verlegt wurde. Über sein Werk urteilt Kröss ziemlich zutreffend: „Prinz... berücksichtigt sorgfältiger die Forschungen Millers, geht aber über die letzteren nicht hinaus“[13]. Dies ist besonders zeitlich zu verstehen, da Prinz‘ geschichtliche Darstellung 1707 endet. Das Werk hat jedoch einen gewissen Hang zu Legenden. So werden beispielsweise in der sonst sehr schönen und ausführlichen Beschreibung des Kreuzganges aus dem von 23 Kardinälen gewährten Ablaß von 100 Tagen je hundert also 2300[14]. Ich werde aber, da er trotzdem die ausführlichste und sorgfältigste Beschreibung der Wallfahrtsanlage liefert, mich im diese beschreibenden Teil hauptsächlich auf ihn beziehen. Prinz’ Wallfahrtsbüchlein beinhaltet sowohl einen historischen Abriß als auch eine Beschreibung der Anlage.

Von einer erneuten Blüte des Wallfahrtsortes Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zeugt die 1925 wohl auch im Zusammenhang mit dem Internationalen Marianischen Kongreß herausgegebene Jubiläumschrift Joseph Knells „500 Jahre Mariaschein“, die vor allem einen Abriß der Geschichte bietet.

Das letzte, mit 37 Seiten sehr schmale Wallfahrtsbüchlein stammt aus dem Jahre 1933: „Das Heiligtum der Schmerzhaften Mutter in Mariaschein dem deutschböhmischen Lourdes des 17. und 18. Jh.“. Der Autor des nach meinen Recherchen letzten  Büchleins zeigt schon allein welche Bedeutung Mariaschein bis in diese Zeit beigemessen wurde. Er begnügt sich primär mit einer Beschreibung der Wallfahrtskirche und der Kapellen des Kreuzganges.


 

2.2.2. Touristeninformationen

Als Wallfahrtsort ist Mariaschein immer schon auch ein touristischer Wirtschaftsfaktor gewesen wie Berichte über Streitigkeiten um Schankrechte und ähnliches[15] belegen. Gerade seit der „Samtenen Revolution“ in Tschechien versucht man dieses Potential wieder stärker auszunutzen. Die Stadtverwaltung Krupka hat deshalb ein Heftchen herausgegeben, daß mit etwa einer Seite auch auf „Bohosudov“[16] eingeht.

Daneben bietet ein Faltblatt aus der Wallfahrtskirche einige Informationen, dessen Herausgeber wohl die staatliche Kulturverwaltung, welche die Anlage heute betreut, sein dürfte, auch wenn dies nicht genau erkennbar ist. Leider sind dessen Angaben beispielsweise in Bezug auf die Kirche und deren Erbauung regelrecht falsch[17]. Rechnet man die Angabe zurück, daß die meisten Weihegeschenke „vor mehr als 180 Jahren“ abgeliefert werden mußten, so kommt man für die Entstehungszeit seines Grundbestandes, der später wohl nur unwesentlich erweitert wurde, in die 60er  des 20. Jahrhunderts. Die Zeit des Prager Frühlings 1968 ist daher eine wahrscheinliche Entstehungszeit.

Beide geben auch insgesamt nur einen sehr groben Überblick. Durch ihren fehlenden geistlichen Bezug und zeitlichen Abstand unterscheiden sich diese Quellen deutlich von den Wallfahrtsbüchlein.


 

 

 

2.3. Sonstige Informationen

2.3.1. Zeitungsartikel

Über eine Zeitungsdatenbank hatte ich Zugriff auf verschiedene Zeitungsartikel aus den Jahren 1997 bis 2000 in denen ich nach Informationen über Mariaschein suchen konnte. Einige Artikel erwiesen sich als wenig aussagekräftig, da sie nur auf die Herkunft verschiedener Personen verwiesen, ohne Aussagen zum Ort oder zur Wallfahrtskirche zu machen. Andere hingegen geben interessante Hinweise auf kulturelle Veranstaltungen in der Kirche und besonders auf das Verhältnis der Sudetendeutschen zu Mariaschein und der „Schmerzensreichen Mutter Gottes“ sowie auf Reisen und Wallfahrten nach Mariaschein. In den Artikeln finden sich so Informationen über Mariaschein aus neuester Zeit, die zu vermitteln allerdings oft nicht im direkten Interesses der Autoren liegt, so daß mit Unschärfen zu rechnen ist. Die entsprechenden Artikel werde ich der Arbeit als Anlage beigeben.


2.3.2. Gespräche

Da seit 1925 bzw. 1933 über längere Zeit keine ausführlicheren schriftlichen Quellen mehr vorliegen bin ich auch auf Erinnerungen verschiedener Zeitzeugen angewiesen. Eine Schwierigkeit dieser Zeitzeugen liegt in ihrem recht hohen Alter, so hat der Mariascheiner Jesuitenpater Josef Cukr sein achtzigstes Lebensjahr bereits um einiges überschritten und auch meine Großmutter Henriette Plötner[18] befindet sich in ihrem fünfundsiebzigsten. Dazu kommt der große zeitliche Abstand zu den Ereignissen und das relativ geringe Alter der Zeitzeugen zum Zeitpunkt der Ereignisse. Dies dürfte dazu geführt haben, daß ihre Zeitangaben gelegentlich ungenau sein könnten, ihren Schilderungen einzelner Ereignisse ist aber dennoch großes Gewicht beizumessen. Auf das Schicksal Pater Cukrs möchte ich im Zusammenhang mit dem Exkurs über die Jesuiten näher eingehen. Die Gespräche mit diesen beiden Zeitzeugen stellen meine einzigen Primärquellen dar.


2.3.3. Internet

Auch das Internet bietet in seiner verwirrenden Vielfalt von Informationen einiges zu Mariaschein: Neben Informationen über die dort geborene Kommunistin Herta Lindner finden sich verschiedene Informationen sudetendeutscher Gruppen zu Ergebnissen von Volkszählungen vor der Vertreibung oder eine Version des touristischen Faltblattes aus der Wallfahrtskirche. Es findet sich aber auch aussagekräftiges: Der englische Artikel des Jesuiten Jan Pavlik liefert interessante Informationen zur Geschichte der Jesuiten in Tschechien besonders in der Zeit zwischen 1948 und etwa 1960. Er wird im Exkurs über die Jesuiten in Mariaschein eine Hauptgrundlage sein. Ich werde ihn des halb der Arbeit im Anhang beigeben.


2.4. Andere Quellen

Neben den oben diskutierten Quellen werde ich verschiedene andere Sekundärliteratur besonders dann benutzen, wenn es darum geht, die Mariaschein betreffenden Ereignisse in den geschichtlichen Zusammenhang einzuordnen. Besonders möchte ich in diesem Zusammenhang die verschiedenen Bücher  Jiri  Otters erwähnen, der sich als Mitglied der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder intensiv mit dem Verhältnis von Deutschen und Tschechen beschäftigt.



3. Die Geschichte des Wallfahrtsortes Mariaschein

3.1. Die Anfänge oder wie das Gnadenbild nach Mariaschein kam

Über die Herkunft des in der Wallfahrtskirche verehrten Gnadenbildes gibt es zwei Legenden[19]: Die eine spricht von einem armen Mütterchen, dessen Hütte an der Stelle des heutigen Mariaschein stand und sich von einer Wallfahrt zu den vierzehn Nothelfern aus Kaaden die kleine Statue mitbrachte, in ihren Birnbaum stellte und anbetete. Dies regte andere Frauen zur Nachahmung an und führte durch die vielen Gnaden der Statue zur Errichtung einer Kapelle. Eine andere märchen- und wunderhaftere Legende ist weiter verbreitet und auch in allen mir zugänglichen Wallfahrtsbüchlein zu finden: Am 8. September, dem Feste Mariä Geburt, eines unbekannten Jahres wurde eine Magd in der Nähe einer Linde beim Grassammeln von einer Schlange angefallen. Diese wurde jedoch durch einen schwachen Lichtstrahl aus der Linde gezwungen von dem Mädchen abzulassen, das nach Graupen zu seinem Dienstherrn lief, der daraufhin gemeinsam mit einem anderen Krupaer Bürger die Linde untersuchte und das Marienbild  fand. Das Bild, das aus dem Orient stamme, war dort von Grabwächterinnen aus dem Kloster Schwaz  auf der Flucht versteckt worden. Später wurde die kleine Statue nach Graupen überführt und war am nächste Morgen auf  wundersame Weise wieder in die Linde gelangt. So bauten die Krupkaer dort eine Kapelle zu der bald Wallfahrer aus der ganzen Region kamen.

Diesen Legenden lassen sich Fakten gegenüberstellen: Erst gegen Ausgang des 12. Jahrhunderts „hob man die allerseligste Jungfrau als besonders verehrungswürdig heraus und brachte sie auch allein mit dem Leichnam Christi in ihrem Schoße bald als Gemälde, bald wieder als Statue zur Darstellung“[20] Da die Statue seit 1709 mit Goldblech überzogen ist, konnte auch Kröss sich nur auf Millers Beschreibung[21] und ältere Abbildungen berufen und feststellen: Die Statue in Form einer Pieta stammt „noch aus der Zeit der Gothik“[22]. Sie dürfte als „Werke [einer] mittelalterlichen“[23] „deutschen Steingusswerkstätte“[24] „gegen Ende des vierzehnten oder zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts entstanden sein“[25].

Da sich vor 1421 keine Hinweise auf eine Kapelle oder ähnliches auf dem erzbischöflichen Gut Geiersberg, zu dem Mariaschein gehörte, finden läßt  und das älteste datierte Votivgeschenk von 1443 stammt, ist mit Kröss[26] und Miller[27] von einer Entstehung zwischen 1421 und 1443 wahrscheinlich im Zusammenhang mit den Hussitenkriegen und den dreihundert Toten der Schlacht bei Usti[28] im Jahre 1426 auszugehen. Das Gnadenbild könnte somit im Zusammenhang mit der Totenehrung für die Gefallenen in Zusammenhang stehen, die nur eingeschränkt möglich war, da Geiersberg eine hussitische Herrschaft war.[29]  Auch zur Legende, die ja oft auf historische Ereignisse zurückverweist lassen sich Verbindungen herstellen[30]: Die Grabwächterinnen aus Schwaz bei Bilin flüchteten nämlich zwischen 1421 und 1429 vor den Hussiten. Sie können durchaus das Gnadenbild mitgebracht haben. Damit würde auch die von Kröss[31] erwähnte These Millers eines Zusammenhanges mit den Hussitenkriegen ein weiteres Mal bestätigt.


3.2. Die Wallfahrtskirche in Mariaschein – von der hölzernen Kapelle zur Wallfahrtskirche

Die anfängliche Errichtung einer Holzkapelle gemäß der Legende ist als zutreffend anzunehmen, da sie Zeugnis einer anzunehmenden kontinuierlichen Entwicklung wäre, die schließlich zu einer Steinkapelle und 1515 zu einer ersten Wallfahrtskirche führte. Auch gibt es sonst weder faktische noch logische Gründe, die gegen eine solche Holzkapelle sprechen. Auch Kröss geht davon aus, daß mit dem Wiederaufbau Krupkas und der Rückkehr der Bergleute nach der Niederlage der radikalen Hussiten, der Taboriten, 1434 eine Kapelle entstand. Da man, wie anzunehmen ist, anfangs die Steine für den Wiederaufbau der  1429 verwüsteten Stadt brauchte, würde auch dies die These einer Holzkapelle stützen.

Im Jahre 1500[32] muß es eine Steinkapelle gegeben haben, die später als Chor für eine erste Wallfahrtskirche diente. Wann diese allerdings die ursprüngliche Holzkapelle ersetzte, läßt sich nicht exakt herausfinden. Möglich wäre ein Zusammenhang zwischen einem ersten belegten Votivgeschenk 1443 und der Errichtung einer Steinkapelle. Dieses Votivbild, ein Triptychon, muß, wie Kröss[33] schreibt, bereits Ende des 19. Jh. in einem schlechteren Zustand gewesen sein. Sowohl Kröss als auch Miller[34] haben es jedenfalls ausführlich beschrieben. Für einen Zusammenhang zum Bau einer steinernen Kapelle könnte dabei sowohl die Form eines Triptychons als auch die Vermerkung der Jahreszahl auf dem Bild sowie die Motivfindung nach dem Gnadenbild und der Legende[35] sprechen. Dagegen läßt sich allerdings einwenden, daß sich kein Verweis auf eine mögliche Einweihung einer neuen Kapelle in den Beschreibungen des Bildes findet. Der zeitliche Abstand zu der von Kröss angegebenen Jahreszahl 1434 könnte jedoch für einen solchen Zusammenhang sprechen, da die gröbsten Folgen der Verwüstung nach neun Jahren überwunden worden sein dürften.

Sicher ist jedoch, daß der oberste Kanzler des Königreiches Böhmen Albrecht Liebensteinsky von Kolowrat, nachdem er 1506 die Herrschaft Krupka erhalten hatte, 1507 mit der Erweiterung einer steinernen Kapelle zu einer ersten Wallfahrtskirche begann[36]. In gleichen Jahr  wurde durch eine Versammlung von 23 Kardinälen erstmals ein Ablaß von hundert Tagen für die Wallfahrt nach Mariaschein zu bestimmten Festtagen gewährt. Dies geschah auf Betreiben des Krupkaer Bürgers  Wolfgang Knobloch, der seine dafür unternommene Romreise jedoch nur um wenige Monate überlebte. 1515 wurde die erste Wallfahrtskirche in Mariaschein schließlich vollendet und am 14. Oktober[37] durch Martin von Nicopolis, Generalvikar des Erzbischofs von Olomouc mit Bewilligung Dr. Johann Zaks, Administrator der Erzdiözese Prag eingeweiht. Diese in Wallfahrtsbüchern als gotisch bezeichnete Kirche stand bis zur Errichtung der heutigen Barockkirche am Anfang des 18. Jahrhunderts. Miller beschrieb sie in seinem ersten, mir nicht zugänglichen Buch zur Geschichte Mariascheins[38].

I. Exkurs: Wallfahrten aus der Lausitz oder die „Wendschen“ in Mariaschein

In den Erzählungen Henriette Plötners über die Wallfahrten in den 30er Jahren kam die Sprache immer wieder auf die sogenannten „Wendschen“, die zu Wallfahrten aus der Lausitz anreisten. Dabei erwähnte sie, daß es sich allerdings keineswegs nur um Sorben und Wenden gehandelt haben wird, sondern mit diesem volkstümlichen Ausdruck vielmehr alle Wallfahrer aus der Lausitz bezeichnet wurden. Die Verbindungen aus der Lausitz ins böhmische Mariaschein haben ihre Wurzeln in der zeitweisen Zugehörigkeit der Lausitz zur böhmischen Krone. So bezeichnet Frind[39] den böhmischen König als mutmaßlichen Gründer der Stadt Zittau. Nach dem die Lausitz zumindest teilweise wohl schon früher zu Böhmen gehört hatte, wurde sie 1368 vom Habsburger Karl IV. erworben und 1370 als Kronland der böhmischen Krone eingegliedert. Dort verblieb sie von diversen Verpfändungen abgesehen bis zum Westfälischen Frieden 1624, als sie Sachsen zugesprochen wurde. In diesen Zeitraum fällt auch der belegte Beginn von Wallfahrten nach Mariaschein 1515. Kröss berichtet[40], daß damals die Bruderschaften Zittaus beschlossen jährlich eine Prozession „zur  Elenden Maria beim Graupen“ zu unternehmen. Dies ist zugleich ein erstes Zeichen für eine Entwicklung Mariascheins zu einem überregionalen Wallfahrtsort. Auch wenn diese Wallfahrten nach 1521 wohl kurzzeitig abrissen[41], scheinen sie insgesamt die Zeit bis heute überdauert zu haben. Auch durch den westfälischen Frieden, als die Lausitz vom katholischen Böhmen zum protestantischen Sachsen kam, scheint die Wallfahrtstradition keinen Schaden genommen zu haben, denn Kröss berichtet[42] , daß um 1720 für gewöhnlich am Sonntag vor Mariä Geburt „eine Abtheilung der Wendischen Procession“ kam. Ausschlaggebend für das Fortbestehen der Tradition auch nach 1648 kann das Fortbestehen des katholischen Glaubens in der Lausitz gewesen sein, denn der Westfälische Friede forderte im Gegensatz zum Augsburger Religionsfrieden von 1555 keine generelle Konversion ganzer Landstriche mehr. So scheint sich der katholische Glaube mit seinen Traditionen und Bräuchen wie der Wallfahrt teilweise zu etwas wie einem identitätsstiftenden Merkmal der Menschen in der Lausitz und besonders der dort lebenden Sorben entwickelt zu haben.

Kröss schreibt jedenfalls[43], daß 1798 auch die zahlreichen Wallfahrten aus der Lausitz zur Erhebung Mariascheins zur Probstei beitrugen. Auch in seinem Verzeichnis der Prozessionen des Jahres 1750[44] findet sich eine Prozession von „Wenden aus Sachsen“ unter Führung des Dekans von Aussig[45] für den „Samstag vor dem Feste Mariä Geburt“, dem 31. August[46]. Auch für die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts berichtete mir Henriette Plötner, die damals im östlich von Mariaschein gelegenen Velke Chvojno, Böhmisch-Kahn, lebte und selbst an Wallfahrten teilnahm, von „Wendschen“ Wallfahrern, auch wenn sie sich des Datums jener Wallfahrten nicht mehr sicher ist.

Wenn auch nicht der genaue Tag, so scheint sich doch zumindest die Jahreszeit in den Lausitzer Wallfahrten erhalten zu haben, denn einer von zwei Zeitungsartikeln über eine Bustour nach 1945 Vertriebener vom 25-27. Juli 2000 erwähnt kurz eine Wallfahrt von Gläubigen aus der Lausitz. Das Fortdauern der Lausitzer Wallfahrtstradition wurde mir des Weiteren auch von Pater Cukr bestätigt.

So scheinen, den Berichten Pater Cukrs zufolge, die Lausitzer Wallfahrten in ihrem Umfang heute die böhmischen zu übertreffen, sicher deshalb, weil dort die Tradition durch Krieg und Vertreibung nicht so abreißen konnte. Es bleibt zu hoffen, das zumindest diese Tradition auch in unserer Zeit erhalten bleibt und vielleicht sogar wieder ins Böhmische ausstrahlen kann.


3.3. Die Entwicklung Mariascheins bis zum Neubau der Kirche Anfang des 18. Jahrhunderts

Die Zeit nach dem Beginn der Wallfahrten aus der Lausitz 1515 ist für Mariaschein von einer Zunahme der Bedeutung, von einer von Kriegen gestörten, aber nicht abgebrochenen Blüte mit einem Ausbau der Wallfahrtskirche gekennzeichnet, die in der Errichtung der Barockkirche Anfang des 18. Jahrhunderts einen Höhepunkt hatte. In engem Zusammenhang mit dieser Blüte steht auch das Wirken der Gesellschaft Jesu in Mariaschein seit 1591.

Die Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert faßt Kröss in bezug auf Mariaschein kurz zusammen: „Wie dem aber immer sein mag, jedenfalls steht aus den folgenden Ereignissen fest, dass die Gnadenkirche ihren katholischen Charakter auch in diesen Zeiten bewahrt hat.“[47] Dazu hat sicher auch beigetragen, daß Kaiser Rudolf II. 1579, als Krupka freie Bergstadt und die Herrschaft Geiersberg an die lutherischen Brüder Kekule verkauft wurde, sich  die Wallfahrtskirche in Mariaschein und die Klosterkirche in Krupka vorbehielt. So wurde Mariaschein zu einem Zentrum der Katholiken der Region. Der Kaiser übergab dann 1584 die Kirchen an den Appellationspräsidenten Georg Popel den Jüngeren von Lobkowitz, der sich als großer Stifter der Kirche erwies und sie bis zu seinem Tod 1590 mit einer Ringmauer mit sieben Kapellen umgab. Dadurch erhielt die Anlage ihre heutige Struktur, die dann später ausgebaut wurde. Er übergab auch 1587 die Kirche Allerheiligen in Krupka an die Jesuiten des Kollegiums zum heiligen Clemens in Prag, die somit erstmals mit der Gegend um Mariaschein in Berührung kamen. Daneben stiftete er eine wöchentliche Messe in Mariaschein.

1591 übergab sein Erbe, der Oberstlandhofmeister Georg Popel von Lobkowitz, „ohne Verzug die Kirche der schmerzhaften Mutter Maria im Elend, samt dem Gnadenbild U.L. Frauen samt allen Zubehör, denen Patribus (im Collegium zu Komotau) auf nun und ewig“[48]. So daß ab 1592[49] regelmäßig Jesuiten nach Mariaschein kamen und auch bei der Rekatholisierung ab 1620 eine wichtige Rolle spielten, sich jedoch noch nicht permanent bei der Gnadenkirche aufhielten. Dies änderte sich 1652, nachdem durch die Witwe Anna von Bleileben der Bau einer Residenz ermöglicht wurde. Von ihr bekamen die Jesuiten 1665 auch eine große Erbschaft für die Wallfahrtskirche, die unter anderem die Herrschaft Sobechleby[50] umfaßte. In dieser Zeit kommt auch die Bezeichnung „Mariaschein“ abgeleitet von einem in der Nähe gelegenen ehemaligen Gut „Scheune“ auf. Der Name Bohosudov stammt erst aus dem 19. Jahrhundert. Dennoch gab es um 1650 in Mariaschein und zwei weiteren Dörfern „kaum sieben Katholiken, alle anderen waren Lutheraner“[51].

Die Jesuiten scheinen jedoch bei der Gegenreformation Erfolg gehabt zu haben allein zwischen 1661 und 1678 „bekehrten“ sie über 9500 Protestanten[52]. So mußte bereits 1670 bis 1677 die Residenz der Gesellschaft Jesu erweitert und teilweise neu gebaut werden und nahm seit 1679 auch eine erste Latein- bzw. Sängerschule[53] auf. Die Zunahme der Bedeutung Mariaschein läßt sich jedoch nicht nur an baulichen Maßnahmen festmachen: 1610 zum Beispiel unternahm der Prager Erzbischof eine Wallfahrt nach Mariaschein.

Auch der erste Bischof von Litomerice, Maximilian Rudolf Freiherr von Schleinitz[54], der aus einem sächsischen Adelsgeschlecht stammend, mit dem letzten vorreformatorischen Bischof von Meißen Johann von Schleinitz verwandt war[55] und von 1555[56] bis 1575 amtierte, war ein Förderer Mariascheins und unternahm selbst häufig Wallfahrten und Firmungsreisen nach Mariaschein. In seinen letzten Hirtenbrief schreibt er, daß Mariaschein ein „sehr berühmter“[57] Gnadenort sei. Im selben erklärte er auch das Gnadenbild offiziell für „wundertätig“.[58] Auch sein Nachfolger von 1676 bis 1709 Jaroslaus Graf von Sternberg[59] unterstützte Mariaschein nach Kräften.

In das 17. Jahrhundert fallen auch die schriftliche Fixierung der Gründungslegenden und die Forschungen Pater Johannes Millers nach 1650 oder auch die Gewährung eines ersten Plenarablasses für alle Kommunikanten 1615 und eines  „vollkommenen Ablaß für ewige Zeiten“[60], also eine Bestätigung des Plenarablasses, durch den Ablaßbrief Innocenz‘ XII. vom 28. Januar 1693.

Daneben spielten die Jesuiten aus Mariaschein auch eine wichtige Rolle bei der Konversion des sächsischen Kurfürsten zum katholische Glauben 1697. Seitdem war Mariaschein ein beliebter Wallfahrtsort für das sächsische Fürstenhaus.

II. Exkurs: Mariaschein und die Folgen der Kriege – Die Fluchten des Gnadenbildes

Die Entwicklung Mariascheins ist nicht immer eine friedvolle gewesen. Schon seine Entstehung geschah in Zusammenhang mit den Hussitenkriegen. Nach diesen unruhigen Zeiten von 1415-1434[61] folgten für Böhmen relativ ruhige Zeiten unter dem „Hussitenkönig“ Jiri z Podebrad[62] 1458 bis 1471 und seinem Nachfolger Vladislaus II. von 1471-1516. Dann zogen jedoch mit der deutschen Reformation wieder unruhigere Zeiten herauf und die Zeit des Friedens, die 1436 nach der Zustimmung Kaiser Sigismunds zu den Prager Kompaktaten von 1433 begonnen hatte, endete spätestens 1547 als sich die böhmischen Stände mit dem Schmalkaldischen Bund verbündeten und in der Schlacht von den Truppen des Habsburger-Kaisers Ferdinand I. geschlagen wurden. Nun setzte die Rekatholisierung des zu neunzig Prozent protestantischen [63]Böhmens ein, die 1548 mit der Ausweisung von Böhmischen Brüdern begann. Dabei war Mariaschein eine wichtige Ausgangsbasis besonders für die Jesuiten in ihren Kampf gegen das Luthertum, das auch in Krupka weit verbreitet war und beispielsweise die 1516 geweihte Annenkirche[64] benutzte, die damit später zu einer der wenigen katholischen Kirchen mit einem Lutherbildnis[65] wurde. Unter den Kaisern Rudolf II.[66] von 1567 bis 1611 und Matthias von 1611 bis 1619 spitzte sich die Situation jedoch derart zu, daß es 1618 zum berühmten zweiten „Prager Fenstersturz“, dem Beginn des 30jährigen Krieges, kam. Schon 1616[67] wurden die Jesuiten verbannt, verließen auch Chomutov und damit Mariaschein und kehrten erst 1621 zurück. Die Zeit des „Winterkönigs“ Friedrich V. von der Pfalz, den die Stände statt des habsburgischen Ferdinand II. durchzusetzen versuchten, endete mit  der Niederlage der protestantischen Stände in der Schlacht am Weißen Berg am 8. 11. 1620 und der Hinrichtung der Anführer des böhmischen Aufstandes auf dem Altstädter Ring in Prag am 21. 6. 1621. Die katholischen Habsburger hatten gesiegt, Böhmen konnte nun mit aller Kraft rekatholisiert werden und Mariaschein kam dabei als Vorposten eine wichtige Bedeutung zu. 1621[68] setzten die Wallfahrten wieder ein und 1625 wurde mit der Erneuerung einer ersten Kapelle und dem Ausbau der Ringmauer zu einem Kreuzgang begonnen, der erst 1722 abgeschlossen wurde. Dennoch war damit für Mariaschein das Übel des Krieges noch nicht vorbei[69], im September  1631 mußte das Gnadenbild nach Prag in Sicherheit gebracht werden und die Schweden plünderten die Kirche. 1639 wurde Krupka und seine Umgebung erst drei mal von kaiserlichen und schließlich noch einmal schwedischen Truppen geplündert und schließlich von letzteren für etwa ein Jahr besetzt, bis sie 1640 von kaiserlichen Truppen vertrieben wurden.  1642 zogen die Reste des in der Schlacht bei Breitenfeld geschlagenen kaiserlichen Heeres erneut plündernd und raubend durch die Gegend um Krupka. 1645 kamen dann erneut die Schweden und forderten Brandschatzung. Der Westfälische Friede, der 1648 geschlossen worden war wurde erst „im Jahre 1650 am Feste des hl. Ignatius von Loyola“[70],  dem 31. Juli, verkündet.

Mariaschein konnte sich nun etwa 30 Jahre lang erholen, bis es 1680 anfangs zwar noch gelang den böhmischen Bauernaufstand von Mariaschein fernzuhalten, man gegen die Pest in diesem Jahr jedoch machtlos war.

Auch durch die schlesischen Kriege[71] 1740 bis 1742 und besonders 1744/45 zwischen Preußen und Österreich wurde Mariaschein in Mitleidenschaft gezogen: 1744 wurde Mariaschein von den Preußen besetzt und der Superior der Jesuiten verschleppt und starb 1745 wohl an den Folgen dieser unfreiwilligen Reise. Auf die preußische Besetzung folgte 1745 eine österreichische.

Im Siebenjährigen Krieg[72] wurde Mariaschein erneut zum Schauplatz: 1756 befestigte zuerst der österreichische General Browne Mariaschein. Als die Preußen allerdings in Richtung Usti abbogen, zog er seine Besatzung ab. Daraufhin fielen preußische Husaren ein und plünderten die Gegend nahezu restlos aus. Auch die Residenz wurde durchsucht und der Superior gefangen gesetzt. Nach der Schlacht bei Lovosice[73] am 1. Oktober 1756 zogen sich die Preußen langsam nach Sachsen zurück und verschleppten dabei den Superior. Dabei lag Mariaschein auf dem Rückzugsweg über die Nollendorfer Höhen[74] und wurde daher wiederholt in Mitleidenschaft gezogen. 1757 brachen die Preußen erneut in Böhmen ein und hatte beispielsweise die Residenz in Mariaschein mit 60 Mann besetzt und eine hohe Geldsumme von den Patres gefordert, die diese nur mit Mühe leisten konnten. Bei der Übergabe wurde allerdings bereits das Heranrücken der Österreicher bekannt. Diese richteten im Gymnasialgebäude ein Feldlazarett ein. 1759 nahmen die Preußen erneut acht Patres gefangen und besetzten Mariaschein. Bei ihrem Abzug nahmen sie einige Patres und viele andere als Geiseln mit nach Leipzig. Gegen Ende dieses Jahres kamen die Preußen noch einmal ins Böhmische und setzten die zwei nicht aus Mariaschein geflohenen Jesuiten gefangen und verwüsteten die Hauskapelle. 1762 entging Mariaschein durch einen Sieg der österreichischen Reiterei bei Teplice nur knapp einer erneuten Plünderung.

Auch der bayrische Erbfolgekrieg, in Böhmen „Zwetschkenrummel“ genannt hatte für Mariaschein negative Folgen: Preußen und Sachsen quartierten sich ein und forderten den Kirchenschatz. Da der Inspektor und Verwalter der Jesuitenresidenz diesen jedoch bereits in Sicherheit gebracht hatten, wurden sie bis zur Zahlung eines Lösegeldes nach Dresden verschleppt.

Etwa fünfzig Jahre nach dem so verheerenden Siebenjährigen Krieg zog ein neuer Krieg herauf: Im Sommer 1813[75] erreichten die Befreiungskriege Böhmen: Während der Kämpfe auf den nahe Mariaschein gelegenen Nollendorfer Höhen plünderten Russen, die gemeinsam mit Preußen und Österreichern gegen Napoleon kämpften, die gesamte Gegend um Mariaschein und nahmen alles mit, was nicht „niet- und nagelfest“ war. Später besetzten Preußen Kirche und Kreuzgang und bedienten sich an Holz für ihre Feuer bei Balken, Dachlatten etc. Als die Verbündeten Heere schließlich Napoleon zur Völkerschlacht nach Leipzig hinterherzogen, blieben Hunger, Armut, Seuchen und eine beschädigte Kirche zurück.

Über den nächsten großen Krieg, den I. Weltkrieg von 1914 bis 1918, habe ich in bezug auf Mariaschein nur indirekte Hinweise, da auch in keinem der Wallfahrtsbüchlein darüber geschrieben wird und meine Gesprächspartner noch zu jung bzw. nicht geboren waren. Es ist aber mit vielen Opfern auch aus Mariaschein zu rechen, das selbst diesmal wohl kein Schauplatz war, da sich in nahezu allen Dörfern der Umgebung bis heute Gedenksteine an die gefallenen finden. Das Resultat für Mariaschein war auf jeden Fall, daß es sich mit der Tschechoslowakei in einem Staat wiederfand, in dem die seine Tradition tragende deutschsprachige Bevölkerung nur noch eine starke Minderheit darstellte.

Nach dem Einrücken der Deutschen 1938 mit der Auflösung des Gymnasiums brachen nach 1939 die Wallfahrten ab. Der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945 lies Kirche und Gebäude relativ unbeschadet, brachte jedoch mit der Vertreibung der Deutschen 1948 das Ende der Wallfahrtstradition, da nahezu die gesamte Bevölkerung der Region vertrieben wurde und die von der kommunistischen Regierung angesiedelten Tschechen diese kaum fortsetzen konnten und wollten. Erhalten haben sich nur die Wallfahrten aus der Lausitz, die aber zu Zeiten der DDR auch nicht einfach und übermäßig groß gewesen sein dürften.

Die Wallfahrtsbüchlein und Kröss berichten über verschiedene Exile der Statue der Gottesmutter durch die verschiedenen kriegerischen Auseinandersetzungen[76]: Während des 30jährigen Krieges wurde das Gnadenbild von 1618 bis 1624 in Duchcov[77], von 1631 bis 1635 und 1639 bis 1640 in Prag und 1642 sowie von1643 bis 1651 Chomutov in Sicherheit gebracht. Aus Angst vor dem Schwedenkönig wurde es 1706 oder 1707[78] erneut für wenige Monate nach Prag gebracht. Während des Siebenjährigen Krieges fand das Bild 1756 in Chomutov und 1762 in Litomerice ein Zuflucht. Nach Litomerice wurde es auch währende des bayrischen Erbfolgekrieges 1779 gebracht.

III. Exkurs: Die Jesuiten in Tschechien und Mariaschein

III.a Mariaschein und Jesuiten[79]

Das Schicksal Mariascheins ist seit 1591untrennbar mit dem der böhmischen Jesuiten verknüpft. Nachdem bereits 1552 zwölf Böhmen der Gesellschaft Jesu beigetreten waren, zogen nach einem Besuch des deutschen Provinzials Petrus Canisus 1555 ein Jahr später die ersten Jesuiten in das ehemalige Dominikanerkloster bei der Kirche des heiligen Clement in Prag ein. 1587 schenkte  Georg Popel von Lobkowitz der Jüngere dem Jesuitenkollegium in Prag das Kloster und die Kirche Allerheiligen in Krupka. Sein Erbe in Mariaschein, Georg Popel von Lobkowitz der Ältere,  hatte bereits vor dem Tode seines Namensvetters 1589 den Jesuiten  ein Kollegium in seiner Herrschaft Chomutov errichtet. Von hier aus betreuten diese nach 1592 auch die Wallfahrtskirche in Mariaschein, die ihnen Georg Popel von Lobkowitz 1591 übertragen hatte.

1623 wurde eine eigene Tschechische Jesuitenprovinz errichtet, die bis zur Auflösung des Ordens 1773 bestand. Am 13. Oktober 1773 erreichte die Aufhebungskommision Mariaschein, wo sie 14 Patres und 6 Laienbrüder vorfand. Drei Patres und die Laienbrüder erhielten die Erlaubnis  weiter in der Residenz zu wohnen, die anderen mieteten sich im Dorf ein. Im Laufe der folgenden Jahre verließen einige Mariaschein, die meisten blieben jedoch und starben später auch dort. Ein großer Teil der Besitzungen wurde in dieser Zeit vom Staat verkauft. Dem ersten Rektor, dem Pädagogen Ferdinand Kindermann von Schulstein, dem 1779 die Verwaltung des Wallfahrtsortes übertragen wurde, gelang es als Mitglied der Aufhebungskommission „den Verkauf der Herrschaft Sobochleben[80] zu verhindern und den Besitz derselben für die Kirche zu sichern“. Er war es auch, der nach dem Verbot der Prozessionen  zu den Gnadenorten 1782 den Abriß der Gnadenkirche verhinderte. 1853 kehrten die 1814 wiederhergestellte Gesellschaft Jesu  nach Mariaschein als erstem Ort in Böhmen zurück. Der Ort war 1798 zu Probstei erhoben und 1845 beschloß man dort nach der Auflösung des Gymnasiums 1773 und einem zwischenzeitlichen Lehrerbildungsinstitut erneut ein „Knabenseminar“ einzurichten.  In diesem Zusammenhang kehrten die Jesuiten auch 1853 zurück. 1928 wurde wieder eine Tschechoslowakische Provinz errichtet, die 1937 gemeinsam mit der polnischen Provinz und der slowakischen Vizeprovinz mit der Mission Nordrhodesiens, des heutigen Sambias, betraut. 1938, bevor Mariaschein mit dem Einmarsch der Deutschen der deutschen Provinz zugeordnet wurde, schloß man noch die Schule.

Nach dem zweiten Weltkrieg erhielten die Jesuiten ihre Häuser in Mariaschein für eine kurze Zeit zurück und die Schule wurde wiedereröffnet. 1949 nach dem kommunistischen Putsch von 1948 wurde die Wallfahrtskirche wie alle Kirchen konfisziert und die Priester zu staatlichen Angestellten gemacht. Im selben Jahr wurden auch zwei der kirchlichen Lehrer in Mariaschein in Schauprozessen zu Haftstrafen verurteilt. Eine traurige Berühmtheit erlangte Mariaschein jedoch nach der Operation „K“[81], der Eliminierung der religiösen Männerorden und –kongregationen in der Nacht vom 13. zum 14. April 1950. Damals wurden die Bibliotheken mißhandelt und geschlossen, alle Maschinen, Schreibmaschinen, Autos und Motorräder der Geistlichen und Laienbrüder ebenso wie frische Sachen und Unterwäsche beschlagnahmt, religiöse Schriften und besonders Unterrichtsmaterialien vernichtet und die Ordensangehörigen in Internierungslagern gefangen gesetzt. Mariaschein wurde das Internierungslager für die tschechischen Jesuiten. 199[82] Jesuiten und insgesamt wohl 360 Ordensangehörige[83] waren damals in Mariaschein interniert unter ihnen Pater Cukr, der sich zuvor intensiv dem Wiederaufbau der Schule gewidmet hatte. Nachdem die minderjährigen Novizen entlassen worden waren und die älteren zum Militärdienst eingezogen worden waren, wurde das Internierungslager aufgelöst und die Patres in andere Lager überstellt. Das Lager in Kraliky bei Lanskroun blieb dabei bis zum 31. Dezember 1960 erhalten. Einige Patres starben in den Lagern, die meisten wurden jedoch bei verschiedenen Amnestien entlassen und mußten einige Jahre Hilfsarbeiten in der Industrie verrichte. Erst im Zuge des Prager Frühlings wurde einigen erlaubt, wieder als Priester zu arbeiten. So kehrte auch Pater Cukr 1968 zurück, der in den folgenden Jahrzehnten als Jesuitenpater die verbliebenen Gläubigen in der Umgebung und die Wallfahrtskirche betreute. Nachdem die katholische Kirche 1992 die Gebäude zurück erhalten hatte, konnte er sich 1993 über die Wiedereröffnung der Schule freuen, an der auch im Jahre 2000 mit 83 Jahren noch unterrichtete.

III.b Pater Cukr – Der letzte Jesuit von Mariaschein?[84]

Pater Cukr ist der vorerst letzte Jesuit in Mariaschein, denn als ich ihn im Sommer 2000 besuchte stand bereits fest, daß sein Nachfolger an der Wallfahrtskirche ein Weltpriester werden und er sich in Zukunft nur noch der Schule widmen wird. Ob mit ihm die Tradition wirklich abbrechen wird, wird die Zeit zeigen.

Pater Josef Cukr wurde 1917 im mährischen Uhersky Hradin geboren. Er besuchte zum Zeitpunkt ihrer Auflösung die Jesuitenschule in Mariaschein und ging nach deren Auflösung 1938 nach Teplice. Während des Krieges wurde er im KZ Terezin eingesperrt, arbeitete dort als Dolmetscher für die Deutschen und überlebte so den Krieg.

In diesen schwierigen Zeit muß er irgendwie auch sein Theologiestudium in Prag und Großbritannien absolviert haben, jedenfalls wurde er 1946 zum Priester geweiht und widmete sich der Organisation des bischöflichen Gymnasiums, das 1947 von Prag nach Mariaschein umzog. Das Gymnasium wurde nun seine Hauptaufgabe, besonders nachdem 1948 die religiöse Freiheit erneut eingeschränkt sowie die Wallfahrten nach Mariaschein erschwert und verboten wurden. Im Zuge der Operation „K“ wurde auch er interniert und „sein“ Gymnasium aufgelöst. Nach der Entlassung aus der Internierung teilte er das Schicksal vieler tschechischer Theologen, die mit Berufsverbot belegt waren, und arbeitete von 1960 bis 1968 als Lagerarbeiter. 1968 im Alter von 51 Jahren wurde er wieder Pfarrer in Mariaschein und organisierte in dieser Zeit der verbotenen Wallfahrten „touristische“ Reisen an den Wallfahrtsort. Daneben hatte er seiner eigenen Aussage zu folge viel Zeit sich der Erhaltung seiner Kirche zu widmen, die zwar dem Staat gehörte, der aber nur an deren Verfall interessiert war. 1990, nach der „Samtenen Revolution“ waren zu seiner großen Freude wieder offiziell Wallfahrten möglich. Bis 1991 war er allerdings in der Betreuung von Mariaschein und Krupka allein auf sich gestellt, erst dann erhielt Krupka wieder einen eigenen Pfarrer und auch in Mariaschein dürfte mittlerweile Ablösung für ihn eingetroffen sein. Dennoch die Jahre der Einsamkeit dürften für ihn schwer zu ertragen gewesen sein.

Die größte Freude war für ihn nach 1990 die Rückgabe der Gebäude an die Kirche 1992 und vor allem Wiedereröffnung des bischöflichen Gymnasiums 1993, an dem er auch weiterhin unterrichten will und das die einzige Schule Tschechiens mit verpflichtendem Religionsunterricht ist. Daneben berichtete er mir vom Samen einer neuen tschechischen Wallfahrtstradition, dessen langsames Aufgehen er mit Freuden beobachte. Beim Abschied ermahnte er mich jedoch zur Geduld: „Die ersten Missionare haben auch 150 Jahre gebraucht, bis das Christentum hier richtig heimisch wurde und die hatten es nicht mit weniger Heiden zu tun als wir.“


3.4. Von der neuen Kirche und ersten Blüte in Mariaschein bis zur Spätblüte im 20. Jahrhundert

Bereits in der Zunahme der Bedeutung Mariascheins seit der Mitte des 17. Jahrhunderts deutet sich die Blüte an, die es im 18. Jahrhundert erreichen sollte. Die Wallfahrten nahmen zu und die Kirche aus dem Jahre 1515 war dem Ansturm nicht mehr gewachsen, außerdem „verfiel [sie] immer mehr und eine bloße Restauration hätte nicht mehr hingereicht, alle Schäden zu verbessern.“[85] So begann man mit dem „Jubiläum des Jahres 1696“[86] mit der Sammlung für eine neue Kirche in Mariaschein. Der Bau dieser Kirche, der 1701 begann, markiert den Beginn einer Blütezeit Mariascheins, die bis zu den verheerenden Folgen des Siebenjährigen Krieges und darüber hinaus andauern sollte. Ein Ende ist wohl erst mit dem langsamen Aussterben und Wegzug der Ex-Jesuiten nach der Aufhebung des Ordens 1773 anzunehmen, läßt sich aber nicht genau datieren. Ich selbst würde das Verbot der Prozessionen zu den „sogenannten Gnadenorten“[87] durch Joseph II. ansetzen. Denn es bedeutete mit Sicherheit einen Bruch in der Tradition, wenn auch danach die Wallfahrten noch weitergingen.

Nachdem die Schwierigkeiten[88] in bezug auf das Geld und das Baumaterial überwunden und der Bau 1701 nach den Plänen des Prager Architekten Paul Peyer begonnen worden war, ging es zügig voran: 1704 wurde der Rohbau der Kirche und 1705 die zwei Türme durch den Baumeister Julius Broggio vollendet. 1706, nachdem die Ausgestaltung der Kirche begonnen hatte, konnte das Gnadenbild in die neue Kirche einziehen, das sich seit dem Abschluß der Arbeiten an den Fundamenten und dem Abriß der alten Kirche in der Litomericer Kapelle befunden hatte. Noch bevor der Altar mit dem 1709 zum Schutz mit Goldblech überzogenen Gnadenbild 1714 und die Kanzel 1719 fertiggestellt wurden, begann ein ungeheurer Wallfahrtsstrom nach Mariaschein. Allein im September mit den beiden Hauptfesten in Mariaschein, Mariä Geburt am 8. und dem Fest der sieben Schmerzen Mariä am 15. des Monats, zählte man 1709 bereits 29 000[89] Kommunikanten. Insgesamt waren es in diesem Jahr 68 700. 1720 hatte diese Zahl bereits die 100 000 überschritten. Im 18. Jahrhundert nahmen jährlich bis zu 145000[90] Menschen jährlich in Mariaschein an Kommunionen teil, die in bis zu 64 Wallfahrten die Kirche besuchten und mit denen bis zu 9580 Messen gefeiert worden. Mariaschein hatte eine Bedeutung erreicht, die heute kaum mehr vorstellbar ist, allein die Barockkirche und der Kreuzgang mit seinen vielen Beichtstühlen geben uns heute noch Zeugnis davon.

Zwei Ereignisse scheinen wesentlich zum Ende der Blüte Mariascheins beigetragen zu haben: Die Aufhebung des Jesuitenordens scheint der Wallfahrtsort noch verhältnismäßig gut überstanden zu haben, jedenfalls ist neben einer Abnahme der gefeierten Messen kein Rückgang in der Wallfahrt zu beobachten. Dies dürfte daran gelegen haben, daß die meisten Ex-Jesuiten nach dem vorläufigen Ende der Gesellschaft Jesu in Mariaschein blieben. Das Verbot der Prozession zu den „sogenannten Gnadenorten“[91] durch Joseph II. , der mit seinem Toleranzedikt 1780 gerade den Evangelischen in Böhmen viel Gutes getan hatte, wird Mariaschein wesentlich stärker getroffen haben. Damals mußten alle Votivgeschenke an den staatlichen Religionsfond nach Prag abgeliefert werden. Anfangs versuchte man in Mariaschein noch die Wallfahrtstradition unter Verzicht auf bestimmte Formen fortzusetzen, aber schließlich setzte das Konsistorium in Litomerice unter dem von 1760 bis 1789[92] amtierenden Bischof Emanuel Ernst Graf von Waldstein[93] die kaiserliche Religionspolitik durch. Auch der  nächste von 1790 bis 1801[94] amtierende Bischof Ferdinand Kindermann von Schulstein konnte daran nichts ändern. Dennoch hat gerade er viel für die Wallfahrtskirche erreicht: Als Mitglied der Aufhebungskommission[95] hatte er bereits 1773 die Herrschaft Sobechleby aus dem Erbe der Frau von Bleileben für die Kirche gesichert. 1779 wurde er dann zum Rektor des Wallfahrtsortes berufen und die Leitung desselben übertragen. In dieser Eigenschaft gelang es ihm später auch den Abriß der Wallfahrtskirche zu verhindern, als ein neues kaiserliches Dekret die Schließung aller mehr als eine halbe Stunde von der nächsten Pfarrkirche entfernten Dorfkirchen forderte. Durch sein Engagement wurde Mariaschein zu einer Localie erhoben und der Ex-Jesuit Pater Andree konnte die Verwaltung des Wallfahrtsortes übernehmen, nachdem Kindermann sein Amt als Rektor niedergelegt hatte. In seiner Amtszeit als Bischof von Litomerice erreichte Kindermann 1798 bei Kaiser Franz die Erhebung Mariascheins zur Probstei und die Ernennung des Ex-Jesuiten Pater Maternus Schäfer zum ersten Probst. Kindermann muß Mariaschein nach Kräften gefördert und Verletzungen des kaiserlichen Dekretes von 1782 wohl geflissentlich übersehen haben, jedenfalls erreichten die mir bekannten Zahlen der Kommunikanten[96] in seiner Amtszeit als Bischof 1795 mit 145000 einen Höhepunkt. Sein Nachfolger scheint Mariaschein weniger freundlich gesinnt gewesen zu sein, denn bereits am 23. Oktober 1802 etwas mehr als 100 Tage nach der Amtseinführung Bischof Wenzel Leopold Chlumczanskys von Przestawlk und Chlumczan am 30. Juni wurde per Konsistorialdekret „die Einführung von Processionen in die Gnadenkirche“ untersagt. Daß der Strom der Wallfahrer trotzdem noch einige Zeit etwas anhielt, kann mit der Vorliebe des sächsischen Kurfürstenhauses und besonders Kurfürstin Maria Theresias für Mariaschein in Verbindung gebracht werden.

Zu dem Schaden den später die Kämpfe auf den Nollendorfer Höhen und die damit einher gehenden Besetzungen, Plünderungen etc. hatte Mariaschein Anfang des 19. Jahrhunderts noch mit dem Schaden zu kämpfen, den bereits zuvor ein untreuer Verwalter angerichtet hatte. Spätestens mit den Kämpfen von 1813 ist also von einem Ende der Blüte Mariascheins auszugehen. Die vielen Maßnahmen unter denen es jedoch bereits zuvor schon zu leiden hatte machen jedoch ein früheres Ende wahrscheinlich.

1815 begann man mit einer Restauration der durch die Kämpfe von 1813 ziemlich beschädigten Kirche. Dieser Kämpfe wegen erhielt die Kirche später auch öfter Besuch von gekrönten Häuptern Europas. Nachdem man sich 1845 in der Litomericer Diözese zur Gründung eines Knabenseminars entschlossen und diese 1853 nach Mariaschein verlegt hatte, kamen auch wieder Jesuiten, deren Orden 1814 wiederhergestellt worden war, nach Mariaschein. Allerdings waren die Besitzungen der Wallfahrtskirche in der Zwischenzeit auf einen kläglichen Rest zusammengeschmolzen. Da der Bischof sich die Rechte an der Kirche sichern wollte, wurde so auch kein Jesuit sondern ein Weltpriester Pfarrer in Mariaschein.

1879 wurde die Kirche erneut restauriert und von einem Bischof Frind konsekriert, der möglicherweise in Zusammenhang mit dem Verfasser der Kirchengeschichte Böhmens steht.

Im Zeitalter der Industrialisierung wuchs auch der Ort Mariaschein von etwa 80 Häusern 1868 auf über 200 im Jahre 1890. Auch die Eisenbahn erreichte nun Mariaschein und wurde besonders im 20. Jahrhundert gern von Wallfahrern genutzt.

An dieser Stelle endet das Werk Alois‘ Kröss und die noch bis 1933 veröffentlichten Wallfahrtsbüchlein, Gespräche und Touristenbroschüren können es für die folgende Zeit nicht ersetzen, so bleibt mir nur die bekannten Bruchstücke hier aufzuführen und soweit möglich zu verbinden. Folgende Fakten lassen sich für die Zeit bis zum 2. Weltkrieg finden:

Das Gymnasium[97] erlangte 1905 das Öffentlichkeitsrecht und ihm wurde von 1905 bis 1912/13 durch die Bischöfe Schöbel und Groß ein Neubau errichtet, der Platz für 300 bis 400 Schüler bot. Die Schülerzahl erlebte durch den 1. Weltkrieg einen starken Einbruch und begann sich 1925 wieder zu erholen. Daneben wurden Anfang des 20. Jahrhunderts auch verschiedene marianische Kongregationen gegründet, die beispielsweise die „Mariascheiner Sodealenkorrespondenz“ herausgaben.

Die Wallfahrtskirche wurde 1924 vom Papst zur „Basilika minor“ erhoben, dem muß ein Prozeß vorausgegangen sein. Schmidt stellt es in den Zusammenhang mit dem ein Jahr später gefeierten Jubiläum[98].

1925 wurden mit viel Aufwand und einem internationalen marianischen Kongreß 500 Jahre Mariaschein gefeiert. Dies muß ein Ausdruck einer erneuten und vorerst letzten Blüte Mariascheins gewesen sein, denn auch Henriette Plötner sprach von großen Wallfahrten besonders im Marienmonat Mai, an denen sie als Kind teilnahm und auch Pater Cukr erwähnte die Zahl von 100.000 Gläubigen.

Ich halte es für gerechtfertigt von einer Spätblüte Mariascheins zwischen den Weltkriegen zu sprechen, auch wenn der Wallfahrtsort nicht mehr die Bedeutung des 18. Jahrhunderts erreichte, aber schon allein der Untertitel des letzten Wallfahrtsbüchleins[99] „dem deutsch-böhmischen Lourdes des 17. und 18. Jahrhunderts“ zeigt an, in welchen Zusammenhang man Mariaschein damals stellte und auch die Anzahl der Wallfahrer dürfte der des 18. Jahrhunderts nahegekommen sein. Auch durch die Förderung des Bischofs Groß muß Mariaschein eine Bedeutung erlangt haben, die sich selbst heute noch bei den Treffen[100] und Fahrten der Sudetendeutschen widerspiegelt. Ich selbst habe mehrfach Familienangehörige nach Mariaschein begleitet und dabei die Faszination erlebt, die dieser Ort noch immer für sie hat und ich kenne keinen, der damals in Nordböhmen lebte, der nicht mehrfach auf Wallfahrt nach Mariaschein war. Allerdings die Zeiten hatten sich geändert:  1872 beschreibt der tschechische Schriftsteller Jan Neruda[101] die Industrielandschaft bei Mariaschein, eine Wasserleitung, ein Krankenhaus, eine Badeanstalt, eine weltliche Schule, Eisenbahnlinien werden errichtet und diverse Vereine gründen sich. 1882 gab es einen großen Bergarbeiterstreik und 1918 wurde die Tschechoslowakei gegründet in der die die Mariascheiner Tradition tragenden Deutschsprachigen[102] in der Minderheit waren. So wurde 1934 in Krupka gegen viele Widerstände eine tschechische Schule eröffnet. Bemerkenswert ist, daß Mariaschein in dieser Zeit an Einwohnern die Stadt Krupka fast überflügelte und 1921 mit 3704[103] Einwohnern nur 178 Menschen weniger als in der alten Bergstadt lebten.

Die Kirche konnte ihre in der josephinischen Aufklärung verlorene Bedeutung keinesfalls wieder gewinnen, dennoch ist die Bedeutung gerade Mariascheins und seines Jesuitengymnasiums nicht zu unterschätzen: Denn nicht nur die Kommunistin Herta Lindner wurde hier geboren und wuchs hier auf, Mariaschein brachte auch viele Pfarrer und Theologen hervor, wie die Zeitungs- und  Internetartikel belegen.

Mit dem Einmarsch der Deutschen 1938 und einer wohl letzten großen Wallfahrt 1939 oder 1938 war Mariaschein auch die Möglichkeit genommen, auf neue Weise wieder ganz zu der alten Größe zurückzufinden. Eine kurze Spätblüte ging zu Ende und der Wallfahrtsort fiel in einen Dornröschenschlaf, aus dem er bis heute noch nicht wieder richtig erwacht ist.

IV. Exkurs: Kalvarienberg und Annenkirche

Henriette Plötner berichtet, daß bei den Wallfahrten nach Mariaschein Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur die Wallfahrtskirche, sondern auch andere Orte in Mariaschein und Krupka besucht wurden. Zwei dieser Orte sind mir bekannt: Die St. Annenkirche in Krupka liegt auf einer Anhöhe etwas über Mariaschein. Sie findet sich auch mit einem Foto im letzten Wallfahrtsbüchlein von 1933[104]. Daneben wird dort auch vom Kalvarienberg berichtet: „Wir treten wieder auf die Straße und erblicken im Norden den Kalvarienberg, der gern von den Wallfahrern und Fremden besucht wird. ..... Der ziemlich steile Weg führt an der hl. Grabkapelle vorüber, in der eine etwa zwei Meter tiefe Höhle im Felsen zu sehen ist, die ehemals einem Einsiedler als Aufenthalt gedient haben soll. Die Höhe des Kalvarienberges trägt eine schöne Kreuzigungsgruppe aus Eisenguß. Von hier aus läßt sich ganz Mariaschein übersehen“[105] Eine Touristenbroschüre[106] schreibt, daß sich dort ein Kreuzweg und eine Kapelle aus dem 18. sowie eine Statuengruppe aus dem 19. Jahrhundert befinden.

Daneben sind mir aus anderen Publikationen keinerlei Hinweise auf diesen Berg bekannt, allein Kröss[107] geht kurz auf eine Nachbildung „der hl. Stiege“[108] die der Krupkaer Pfarrer Kroh 1736 auf seine Kosten errichten ließ. Auf jeder Stufe waren damals Reliquien eingesetzt. Nachdem die Stiege von Litomericer Bischof 1738 geweiht worden war, gewährte Papst Benedikt XVI. denen die im Gedenken an die Leiden Christi die Treppe besuchten und auf- und abstiegen einen Ablaß. Ich halte es für wahrscheinlich, daß Kröss hier den Kalvarienberg meint, zumal die Kreuzigungsthematik, die Entstehungszeit und die Lokalisierung auf einer Anhöhe übereinstimmen.

Auch eine Verbindung zwischen dieser Stiege und der Annenkirche ist möglich, zumal diese die Identität von Stiege und Kalvarienberg nicht ausschließen würde. Dies klingt plausibel, wenn man bedenkt, daß es in unmittelbarer Umgebung Mariascheins nur ein in Frage kommender Hügel befindet, auf dessen hinteren Teil sich die Annenkirche befindet. Alle anderen Erhebungen steigen steil zum Erzgebirgskamm hin auf. Ein weiteres Argument ist, daß der Krupkaer Pfarrer die Stiege „für seine Pfarrkirche“[109] anfertigen ließ. Die St. Annenkirche ist bis heute eine Krupkaer Pfarrkirche und war es wohl auch in jener Zeit. Als letztes spricht für eine Verbindung der St. Annenkirche, des Kalvarienberges, den ich selbst noch nie besucht habe,  und der Nachbildung heiligen Stiege, daß Frau Plötner berichtet, in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts seien Wallfahrer auf Knien von Mariaschein zur Stankt Annenkirche hinaufgestiegen. Dies ist eine Tradition die aus Rom her bekannt ist. Über die Annenkirche ist bekannt, daß sie fast gleichzeitig mit der ersten Wallfahrtskirche in Mariaschein bis 1516 von Krupkaer Bürgern[110] errichtet wurde. Später, wohl um 1576, als der erste Protestantische Pfarrer Michael Winkler[111] nach Krupka kam, wurde sie lutherisch und blieb dies wohl einige Zeit. Aus dieser Zeit stammt wohl das mittlerweile sehr stark verblaßte Bild eines Mannes, das sich noch heute in der stark renovierungsbedürftigen Kirche befindet und das in Sachsen üblichen Lutherdarstellungen ähnelt, so daß man davon ausgehen kann, daß es sich auch um ein solches handelt. Dies wird auch von Besuchern beschrieben, die das Bild noch aus etwas besseren Tagen kennen. Wann die St. Annenkirche wieder katholisch und somit zur einzigen mir bekannten Kirche wurde, in der sich ein protestantisches Lutherbild befindet, ist mir nicht genau bekannt. Es ist anzunehmen, daß dies im Zuge der Gegenreformation geschah. Da Kröss[112] als letzten Anhaltspunkt das Ende der Amtszeit des vorletzten evangelischen Pfarrers in Krupka mit 1617 angibt und die Krupkaer Touristenbroschüre[113] von einem Umbau 1618 schreibt, ist die Wiederinbesitznahme der Kirche durch die Katholiken 1618 oder spätestens nach der Schlacht am weißen Berg 1620 mit der vernichtenden Niederlage der böhmischen Protestanten wahrscheinlich. Die St. Annenkirche wird gelegentlich als Friedhofskirche bezeichnet, da sie ein Friedhof umgibt auf den man durch ein schmiedeeisernes Tor aus dem Jahre 1619 gelangt. Die Tür der Kirche selbst ist ein Renaissancetor aus dem Jahre 1615 und damit wohl noch aus protestantischer Zeit.

Pater Cukr berichtete, daß man im Jahr 2000 auch wieder mit eigenen Wallfahrten zur Annenkirche begonnen habe und diese fortsetzen wolle. Sollte also Mariaschein wieder einen Aufschwung als Wallfahrtsort erleben, dürfte dieser nicht nur auf die Wallfahrtskirche beschränkt bleiben.


 

 

 

3.5. Die dunklen Jahrzehnte und Licht am Ende des Tunnels – Die Zeit bis zum Anbruch des 21. Jahrhunderts

Mit der Auflösung des Gymnasiums und dem Einmarsch der Deutschen 1938 begann eine dunkle Zeit für Mariaschein. Nachdem die Deutschen die Gegend besetzt hatten, machten sie aus dem Jesuitengymnasium eine Polizeioffiziers- und Schutzpolizeischule. 1938 bzw. 1939[114] brach wohl auf Verbot der „Reichdeutschen“[115] die Wallfahrten ab und auch die Pfarrer der Umgebung erlaubten sich kaum dieses zu unterlaufen.

Die Reichsdeutschen richteten in Krupka, Horni Krupka und Mariaschein Kriegsgefangenen- und Arbeitslager ein und zum Ende des Krieges, am 24. April 1945, erreichte ein Transportzug mit KZ-Häftlingen aus Ossendorf bei Halle den Ort Mariaschein. Die Gefangenen mußten in einem nahegelegenen Tümpel baden und einige tranken wohl auch daraus. 313 Mitglieder des Transport starben jedenfalls anschließend an Lungenentzündung, Typhus oder Erschöpfung.

Nach dem Ende des Krieges wurde die Tschechoslowakei wiedererrichtet und unter anderem mit den nach Präsident Benes benannten Benes-Dekreten versuchte der eben wieder entstandene Staat die vermeintlich Schuldigen an seinem einstmaligen Untergang loszuwerden - seine eigene deutschsprachige Bevölkerung für die seit 1918 die irreführende Bezeichnung „Sudetendeutsche“[116] und heute fast vergessen „Karpatendeutsche“ eingeführt worden war[117]. Bis 1947[118] bzw. 1948[119] war die Vertreibung weitgehend abgeschlossen. Dies hatte für Mariaschein verheerende Folgen: Nicht nur, daß die die Tradition tragende Bevölkerung verschwand und die neu angesiedelt Tschechen meist atheistisch eingestellt waren und mit einem Wallfahrtsort nicht viel anfangen konnten, das Grenzland zu Deutschland[120] wurde in jenen Jahren nahezu entvölkert, so daß ganze Orte von der Landkarte verschwanden. Hinzu kam der landfressende Bergbau besonders in der Region um Most. Die Region um Mariaschein dürfte deshalb bis heute trotz Plattenbauten und verschiedener Ansiedlungsprogramme noch nicht wieder die Vorkriegsbevölkerungszahl erreicht haben.

Trotzdem gelang es den Jesuiten in Mariaschein von 1947 bis 1950 noch einmal eine kirchliche Schule zu unterhalten, das aus Prag hierher verlegte „Bischöfliche Gymnasium“. Doch bereits mit dem kommunistischen Putsch vom  Februar 1948 erschwerte sich auch die Lage der tschechischen Gläubigen und bereits 1949 wurden zwei als Lehrer in Mariaschein tätige Jesuiten verhaftet und in Schauprozessen zu längeren Haftstrafen verurteilt.

Mit der Aktion „K“ gegen die katholischen Männerorden und -kongregationen vom 13. zum 14. April 1950 wurde die Residenz zum Internierungslager der tschechischen Jesuiten. In jener Nacht wurden die Bibliotheken mißhandelt, religiöse Schriften und Lehrbücher vernichtet, Arbeitsmittel und selbst die noch frische Unterwäsche der Patres beschlagnahmt. Mariaschein wurde zum Konzentrationslager für die tschechischen Angehörigen der Gesellschaft Jesu und wohl auch Angehörige anderer Orden. Nachdem die Insassen zu einem Teil entlassen zum größeren Teil aber in andere Lager überstellt worden waren, knüpfte die tschechoslowakische Volksarmee an die Tradition der deutschen Polizeischule an und machte die Residenz zur Kaserne.

1968, dem Jahr des hoffnungsvollen Prager Frühlings, erhielt Mariaschein mit Mariaschein mit Pater Josef Cukr wieder einen Pfarrer, der es in den folgenden Jahrzehnten bis heute prägen sollte. Ihm ist wohl wesentlich der Erhalt der vom Staat weitestgehend dem Verfall preisgegeben Kirche in den kommenden Jahren zu verdanken. Er blieb auch als das zarte Pflänzchen eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“,  das der Slowake Alexander Dubcek gepflanzt hatte und auf das sich viele Hoffnungen richteten, von Armeestiefeln zertrampelt wurde. Danach wurde aus der Kaserne, die einst ein Gymnasium und eine Jesuitenresidenz war, statt einer tschechoslowakischen eine sowjetische. Dies blieben die Gebäude auch bis 1991.

Bereits 1961 war der Ort Mariaschein der Stadt Krupka angegliedert worden und 1980 geschah dies auch mit der ehemals der Kirche gehörenden Herrschaft Sobechleby.

Mit der „Samtenen Revolution“ 1989 keimten auch die Hoffnungen der kleinen Anzahl Christen[121] auf Veränderung. 1991 verließ die Rote Armee endgültig Mariaschein und 1993 konnte Pater Cukr die Wiedereröffnung des Gymnasiums miterleben. Krupka bekam nun wieder einen eigenen Pfarrer und Pater Cukr sollte im Jahr 2000 als Gemeindepfarrer von Mariaschein nach 32 Jahren abgelöst werden, um sich 83jährig ganz dem Unterricht in der Schule widmen zu können. Sie ist heute die einzige Schule in Tschechien mit für alle verpflichtendem Religionsunterricht, was ihrem Zulauf jedoch keinen Abruch tut. Der Schulchor ist über die Grenzen Böhmens hinaus bekannt und tritt beispielsweise auch in Deutschland auf und die Kirche entwickelt sich zu einem geschätzten Ort für Konzerte, wie ein Artikel der Sächsischen Zeitung vom 15. Mai 2000 erahnen läßt. Daneben beginnt sich den Schilderungen Pater Cukrs zufolge langsam auch eine tschechische Wallfahrtstradition zu entwickeln, während die Lausitz der „Schmerzensreichen Mutter Gottes“ weiterhin die Treue hält. Ein Zeitungsartikel berichtet von einem Brand in der Wallfahrtsanlage in den letzten Jahren, für den ich jedoch keine weiteren Quellen habe. Belegbar ist nur, daß der Kreuzgang kürzlich restauriert wurde.

Mariaschein mag Blütezeiten hinter sich haben, untergegangen ist es noch lange nicht.


 

3.6. Zusammenfassung

Mariaschein ist ein Marienwallfahrtsort in Nordböhmen, dessen Wurzeln bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zurückreichen und dessen Wallfahrtstradition sich auf ein wundertätiges kleines Relief der Gottesmutter in Form einer Pieta gründet. Durch die Kriege des 15. bis 17. Jahrhunderts hindurch entwickelte es sich zu einem Wallfahrtsort mit überregionaler Bedeutung. Mit der Errichtung einer Barockkirche von 1701 bis 1708 erhielt die Wallfahrtsanlage zu der auch ein Kreuzgang mit sieben, den sieben Schmerzen Mariä  gewidmeten Kapellen und eine Jesuitenresidenz mit einem Gymnasium gehören im wesentlichen seine heutige Gestalt. Die Jesuiten wirkten hier seit 1592 mit Unterbrechungen bis zum noch heute in Mariaschein lebenden vorerst letzten dort wirkenden Mitglied der Gesellschaft Jesu, Pater Josef Cukr. Unter den Jesuiten erlebte Mariaschein im 18. Jahrhundert auch seine größte Blüte, die mit der Aufhebung des Ordens und der josephinischen Aufklärung endete. Um das 500. Jubiläum seines Bestehens 1925 herum, zwischen den beiden Weltkriegen, erlebte Mariaschein noch einmal eine kurze Blüte. Nach der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung der Tschechoslowakei verschwand der Trägerkreis der Wallfahrtstradition und eine neue tschechische scheint sich erst jetzt nach der „Samtenen Revolution“ von 1989 zaghaft zu entwickeln. Die Wallfahrten aus der Lausitz sind jedoch seit 1515 trotz Reformation und Machtwechseln nie wirklich abgerissen und so läßt sich sagen: Mariaschein ist immer ein Wallfahrtsort gewesen und wird wohl auch immer einer bleiben.



4. Beschreibung der Wallfahrtskirche und Kreuzganges[122]

4.1. Vorbemerkung

Die Anlage der Wallfahrtskirche in Mariaschein  besteht aus der Wallfahrtskirche selbst, dem Kreuzgang mit sieben Kapellen, dem Haus der Marienquelle und der Jesuitenresidenz, die heute wieder das „Bischöfliche Gymnasium“ beherbergt. Dieser Abschnitt meiner Arbeit soll kein Reiseführer sein, sie soll vielmehr einen Überblick geben und vielleicht zu einer Reise nach Mariaschein anregen. Da mir zwei von Andreas Prinz beschriebene Bilder des Kreuzganges fehlen und seit seiner Zeit auf jeden Fall ein neues hinzugefügt worden ist, ist es möglich, daß zumindest eines dieser beiden Bilder nicht mehr existiert. Da ich jedoch keine sichere Erinnerung daran habe, werde ich alle bei Prinz erwähnten Bilder und das neu hinzugekommene beschreiben.


 

 

 

4.2. Der Kreuzgang.

4.2.1. Die Entstehung

Die Ursprünge des Kreuzganges und der Kapellen liegen in einer Ringmauer mit sieben Kapellen, mit der Georg Popel von Lobkowitz der Jüngere 1584 bis 1590 die Kirche umgab. Die Kapellen sind den sieben Schmerzen Mariä geweiht, tragen jedoch heute die Namen derjenigen, die sie 17. und 18. Jahrhundert renovierten und erweiterten. In dieser Zeit wurde auch die Ringmauer zu einem Kreuzgang umgebaut und 1705 mit den ersten Wandgemälden verziert. Heute schmücken ihn 37 Freskengemälde[123] die Episoden aus der Geschichte des Wallfahrtsortes berichten. Im Eingangsbereich befindet sich über dem Kreuzgang eine zweite Etage, sie wurde als Nachtlager für Wallfahrer errichtet. Im Kreuzgang befanden sich 1894 insgesamt 31 Beichtstühle über denen Halbreliefs mit Biblischen Szenen angebracht sind.

V. Exkurs: Die Sieben Schmerzen Mariä

Maria kommt in der katholischen orthodoxen Tradition eine besondere Bedeutung zu. In der römisch-katholischen Kirche ist ihre Position so fixiert, daß sie unmittelbar nach der Dreieinigkeit eingeordnet wird. Maria besitzt eine eigene Tradition die sich von den biblischen Büchern über die neutestamentlichen Apokryphen bis hin zu heutiger Marienfrömmigkeit beispielsweise mit eigenen Mariengebeten, mariansichen Kongregationen, Marienandachen, verschiedenen Marienfesten und mit dem Marienmonat Mai einer eigenen Festzeit verfolgen läßt. 

Eines der Marienfeste ist das des Gedächtnisses der Schmerzen Mariä, das heute in der römisch-katholischen Kirche als gebotener Gedenktag am 15. September gefeiert wird. Dieses Fest wurde seit 1668 vom Orden der Serviten ausgehend seit 1814 in der gesamten Kirche begangen. Bis zur Kalenderreform 1969 wurde in der ganzen römisch-katholischen Kirche daneben ein zweites Fest der Schmerzen Mariä vor dem Palmsonntag gefeiert. Die Wurzeln dieses Festes, das 1969 mit dem ersten zusammengelegt wurde gehen auf eine Provinzialsynode in Köln 1423 zurück. Es war einer der Hauptwallfahrtstage zum Gnadenbild der schmerzensreichen Mutter Gottes in Mariaschein. In neuerer Zeit versucht man deshalb Wallfahrten besonders am 15. September abzuhalten. Dieses Fest wurde bis zur Kalenderreform von 1669 auch das der Sieben Schmerzen Mariä genannt.

Diese Sieben Schmerzen sind von der römisch-katholischen Kirche zur Vereinfachung und Konzentration der Verehrung entwickelt worden. Sie dienten in Mariaschein Georg Popel von Lobkowitz dem Jüngeren als Anregung für die Konzeption seiner von 1584 bis 1590 um die Wallfahrtskirche erbauten Ringmauer mit sieben Kapellen. Die sieben Schmerzen Mariä sind:

1.    die Weissagung Simeons bei der Aufopferung im Tempel[124],

2.    die Flucht nach Ägypten[125],

3.    der Verlust und das dreitägige Suchen des Knaben Jesus[126],

4.    die Begegnung auf dem Kreuzwege[127],

5.    das Stehen unter dem Kreuze[128],

6.    die Kreuzabnahme[129],

7.    die Grablegung[130]. 


4.2.2. Die Freskengemälde

Das erste Bild zeigt zwei Priester der Gesellschaft Jesu, die seit 1592 in Mariaschein tätig, seit 1593 das Gedenkbuch führten.

Das zweite Gemälde zeigt die Legende, wie das Gnadenbild von Nonnen aus Schwaz in der Linde versteckt wurde, und auch daß dritte und vierte Bild geben Szenen der Legende wieder: die Rettung der Magd vor der Schlange und die Auffindung des Gnadenbildes. Die Fortschreibung der Legende und das 500jährige Jubiläum siedeln diese Ereignisse 1425 an.

Das nächste Bild zeigt die erste feierliche Prozession der Stadt Usti nad Laben[131] nach Mariaschein im Jahre 1521. Usti hat als nächstgelegene größere Stadt immer eine wichtige Bedeutung für Mariaschein gehabt und die Prozessionen sind bis 1939 wohl nie wirklich abgerissen. Die Stadt Usti hatte das 1672 verbriefte Rechte am Hauptfest der Kirche, Mariä Geburt am 8. September, das erste Hochamt zu feiern.

Das sechste Bild zeigt nach der Bildunterschrift die legendarische Überführung der Gottesmutter nach Krupka und nach Prinz eine Darstellung des Mariengebetes „Unter deinem Schutz“ in den sich alle Kinder Evas ohne Unterschied der Stände begeben. Mir erscheint die Bildunterschrift als wahrscheinlicher, Prinz‘ Verständnis jedoch als schöne Interpretation.

Auch beim siebenten heute stark verwitterten Bild differieren die Bildunterschrift und die Interpretation Prinz‘ und da nur noch wenig zu erkennen ist, vermag ich keine Entscheidung zu treffen: Nach der Bildunterschrift wird an das fünfte Bild anknüpfend die wundersame Rückkehr des Gnadenbildes in die Linde gezeigt, nach Prinz ist es ein sinnbildlicher Überblick über die folgende Geschichte und es findet sich auf dem Bild die Geschichte in einer weiblichen Gestalt, die mit dem Meißel Prediger 24, 28: „Mein Gedächtnis währt durch die Geschlechter der Jahrhunderte“ in Stein eingräbt.

Das achte Freskobild zeigt übereinstimmend die erste wohl 1434 errichtete Holzkapelle und die Heilung von Pestkranken.

Das nun folgende stark verwitterte[132] Gemälde[133] ist eine Wiedergabe des ersten Votivgeschenkes des Ritters Wenzel Zyma von Nowosedl aus dem Jahre 1443.

Die zehnte Abbildung berichtet nach Prinz vom Bau der ersten Steinkirche, die 1515 fertiggestellt wurde. Die Bildunterschrift ordnet sie der Errichtung der ersten Steinkapelle im 15. Jahrhundert zu.

Das nächste stark verwitterte Bild, vor dem ein großes Kruzifix hängt und dessen Bildunterschriften unleserlich sind, wird von Prinz übergangen und er setzt mit dem darauf folgenden fort.

Dieses zeigt seiner Meinung nach die Bewahrung der Kirche im 30jährigen Krieg. Die Bildunterschrift hingegen verweist darauf, daß hussitische Feinde die Kapelle zerstören wollten und die Legende dies berichte. Allerdings habe ich in der Literatur keinerlei Hinweise auf eine solche Legende gefunden, weder bei Miller, Kröss noch in den Wallfahrtsbüchlein. Eine Erklärung für die Bildunterschrift könnte ein Geschichtsbild sein, das beispielsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der erste tschechoslowakische Präsident und Historiker Tomas Garek Masaryk vertreten hat, und das im 30jährigen Krieg ein letztes Aufbegehren der urtschechischen protestantischen Stände sieht und mit dem sich eine Gefährdung der Gnadenkirche durch eben diese Stände schwierig in Einklang bringen läßt. Diese Widersprüche könnten tatsächlich zu einer neuen Legende im 20. Jahrhundert geführt haben.

Das dreizehnte Bild zeigt einen großen Wohltäter der Kirche, dem obersten Kanzler des Königreiches Böhmen Albrecht Kolowrat auf Liebenstein, der 1507 den Umbau der Steinkapelle zu einer 1515 fertiggestellten ersten  Kirche veranlaßte. Der Palast auf dem Bild soll seine hohe Würde durch Geburt und Stellung, der Merkurstab sein Geschick als Gesandter und die neben ihm stehende Dogge seine Treue, seinen Scharfsinn und seinen Mut symbolisieren.

Die recht allgemein gehaltene Unterschrift des vierzehnten, einen Chorraum zeigenden, Gemäldes mit der Verleihung von ersten Privilegien an Mariaschein in Rom wird durch Prinz mit der Gewährung von 100 Tagen Ablaß durch 23 Kardinäle präzisiert. Allerdings interpretiert er dieses Ereignis so, daß jeder der Kardinäle diese Anzahl an Tagen Ablaß zu vergeben gehabt habe und so 2300 Tage Ablaß zusammen gekommen wären - eine Vorstellung, die keine andere mir bekannte Quelle belegt. Auch Prinz selbst erscheint sie wohl nicht so ganz geheuer, weshalb er sie mit einem „alten Bußgesetze der Kirche“[134] zu begründen versucht, daß „z.B. für eine schwere Sünde gegen den Glauben 7 Jahre, für eine schwere Sünde gegen die Reinigkeit 3 Jahre Bußzeit“[135] festsetze. Allerdings  ist wohl auch die Bildunterschrift nicht ganz zutreffend, denn das Bistum Litomerice wurde erst 1655 errichtet und bis dahin war Besuchern von Mariaschein zumindest noch ein weiterer Ablaß, der erste Plenarablaß von 1615, gewährt worden.

Die nun folgende Darstellung berichtet nach übereinstimmender Darstellung von Prinz und der Unterschrift von dem jungen böhmisch-ungarischen König Ludwig, der 1515 von seinem Vater König Wladislaus 1515 unter den Schutz Mariä gestellt wird.


Auch für das sechzehnte Bild stimmen die Erklärungen überein: Es zeigt die Rettung des Ritters Heinrich von Schönhof und Perwitz bei einem Sturz mit dem Pferd, der ihm eine Kopfverletzung einbrachte, durch ein Gelübde zur schmerzhaften Mutter Gottes.

Das von Prinz übergangene siebzehnte Fresko über einem Beichtstuhl zeigt der Bildunterschrift nach die historisch belegte Großwallfahrt der Bürger von Usti zum Hauptfest Mariä Geburt am 8. September 1610 dem Jahre 1610 an auch der Prager Erzbischof Lambert beteiligt war und die ein Indiz für die inzwischen überregionale Bedeutung Mariascheins ist.

Das achtzehnte Fresko, auf das auch Prinz wieder ausführlich eingeht, zeigt den Erbauer der Ringmauer und der sieben Kapellen, Georg Popel von Lobkowitz den Jüngeren, der den aufgerollten Plan eben dieser in der Hand hält. Die Aussage der Unterschrift, daß einige dieser Kapellen noch heute erhalten sind, ist eher fragwürdig, da in den Jahren 1625 bis 1722 alle sieben Kapellen um und ausgebaut wurden und damit Zug um Zug der Kreuzgang entstand. Es ist jedoch möglich, daß das  Fresko und eine erste Bildunterschrift etwa in der Mitte dieser Zeit entstanden und damals tatsächlich noch einige der alten Kapellen erhalten waren. Dies würde bedeuten, daß die heutige Unterschrift auf einer sehr viel älteren beruht oder sie sprachlich bzw. sachlich inkorrekt berichtet, was wie andere Abbildungen zeigen, nicht auszuschließen ist.

Das nun folgende, neunzehnte Bild ohne Unterschrift wird von Prinz als Darstellung des Franciscus Brambilla erklärt, der 1608 mit seinem Wagen durch ein Wasser fahren wollte, von den Fluten überwältigt und durch Anrufung der schmerzhaften Gottesmutter gerettet wurde.

Die Reihe von wunderbaren Begebenheiten wird fortgesetzt mit dem achtjährigen Sohn Jaroslaw Boritzas von Martiniz, Hofmarschall von Böhmen: Es wird berichtet, daß der Junge 1609 durch mehrere Gelübde seiner Eltern, unter anderem eine Wallfahrt nach Mariaschein, von schwerer Krankheit gesundete und so damals dem Tode entging. Aus Dankbarkeit darüber schenkten die Eltern der Kirche in Mariaschein ein kleines Altärchen, daß der Junge im Hintergrund trägt, dieses Bild befindet sich noch heute an der Rückseite des Hochaltars.

Mit dem einundzwanzigsten Bild, das über ein wundersames Ereignis aus dem Jahre 1610 berichtet und unter dem sich nur eine tschechische Unterschrift befindet, wird die kurze Reihe der Gemälde über wundersame Wirkungen des Gnadenbildes der Gottesmutter fortgesetzt. Ein Blinder, der sich zum Gebet nach Mariaschein hatte bringen lassen, wurde durch die Bitte darum sehend. Als er sehend heimkehrte, spottete sein protestantischer Nachbar, er würde sein blindes Pferd nach Mariaschein führen, damit es sehend werde. Dies sei auch geschehen, nur soll, während das Pferd sehend wurde, der spottende Protestant erblindet sein.

Bevor die Bilder wieder zum Bericht von Geschichte zurückkehren, zeigt ein letztes Fresko einen Biliner Ratsherren, der 1678 mit dem Pferd über das Eis reiten wollte, einbrach und nach Anrufung der Gottesmutter gerettet wurde und auf sicheren Grund kam.

Ein geschichtliches Ereignis von 1615 berichtet das dreiundzwanzigste Gemälde: Damals erhielt Mariaschein von Papst Paul V. den ersten Plenarablaß für sein Hauptfest Mariä Geburt. Dieser Ablaß wurde 1693 von Innocenz XII. auf „ewige Zeiten“ und damit alle Tage des Jahres ausgeweitet.

Das nun folgende vierundzwanzigste Gemälde[136] stellt nach Prinz mehrere warnende Begebenheiten dar: Im Vordergrund findet sich ein Soldat, der 1632, als die Kirche geplündert wurde, der Maria einen Seidenschleier herunterriß und dann so wahnsinnig wurde, daß er von seinen Mitsoldaten bei Teplice erschossen wurde. Daneben zeigt es einen sächsischen Kurgast, der sich in Teplice über die Wallfahrer und den katholischen Gottesdienst lustig machte. Seine Tochter soll bei einem Besuch in der Wallfahrtskirche ein Votivbild entwendet haben und als sie sich später im Wagen diesem widmen wollte, sei der Wagen umgeschleudert und der Arm gebrochen, mit dem sie das Bild entwendet habe. Als drittes berichtet das Bild von einer Fahne die Christoph Popel von Lobkowitz der Kirche gestiftet hatte: Ein Soldat benutzte ihre Fransen um sie sich als Federbusch an seinen Hut zu binden und wurde noch am selben Tag tot auf der Wiese unter der Kirche gefunden.

Ein uns bekanntes Ereignis ist im nächsten Bogen zu erkennen: der zweite Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618. Ihn überstand auch der schon erwähnte Jaroslaw Boritza von Martiniz. Er hatte in dem Handgemenge zuvor die Protestanten durch sein Rufen nach Maria provoziert, die nach Prinz daraufhin meinten „Laß dir nur deine Maria helfen; es wird sich gleich zeigen, wie sie dir helfen wird.“ und ihn aus dem Fenster stießen. Seine Bewahrung durch den glücklichen Fall auf einen Misthaufen schrieb er anschließend der Maria zu.

Auch auf dem nächsten, dem sechsundzwanzigsten Bild findet sich eine wunderbare Rettung, welche die Bildunterschrift nur andeutet: 1643 erkrankten 12 Chomutover Studenten an der Pest, gelobten eine Wallfahrt nach Mariaschein zur Kommunion und Beichte und wurden gesund.

Die beiden folgenden Bilder berichten von Heilungen an der zur Wallfahrtsanlage gehörenden Quelle: Durch den Brüxer Dechanten Martin Georg Barth wird 1671 berichtet, daß ein fünfjähriger Junge namens Konrad Frank „an beiden Füßen lahm und am ganzen Leibe preßhaft“[137] mit verschiedenen, tiefen Wunden nach einer An-dacht und einer Wasch-ung in Maria-schein geheilt wurde. Dies zeigt das siebenundzwanzigste Fresko.

Das nächste Gemälde versammelt verschiedene an der Quelle in Mariaschein geheilte Menschen: einen gewissen Simon Placzek, der 1679 von einer gefährlichen Geschwulst geheilt wurde, einen Jesuiten, der 1696 von schweren Steinschmerzen befreit wurde, ein protestantisches Ehepaar aus Meißen, das 1690 geheilt wurde und konvertierte, die 16jährige Maria Elisabeth Hammer, die 1654 von einer Augenkrankheit geheilt wurde, die durch die Blattern erblindete und 1709 geheilte Anna Dirr und eine gewisse Anna Neubert, die auch 1709 ihr volles Augenlicht an der Quelle zurück erhielt.

Eine wundersame Bewahrung finden wir als nächste auf dem neunundzwanzigsten Wandbild dargestellt: Die Stadt Most[138] stellte sich im 30jährigen Krieg unter den Schutz Marias. Im Vordergrund ist der Bürger Andreas Zamec zu erkennen, der durch die Bewahrung in dieser Zeit zum katholischen Glauben konvertierte.

Das öffentliche Bilderbuch der Fresken des Kreuzganges erzählt auf seiner nächsten, dreißigsten Seite von der Heilung eines Clemens Morgenstern aus der Stadt Görkau[139] von einem Leiden am Schenkel 1654 und einer Catharina Morgenstern von Taubheit und großen Kopfschmerzen. Die Unterschrift des Bildes ist, wenn man Prinz kennt und annimmt, daß eine gewisse Kenntnis in den Legenden des Wallfahrtsortes hat, irreführend, denn sie schreibt nur von einer geisteskranken Frau, die Wunde am Bein des Mannes ignoriert sie.

Das einunddreißigste Fresko um die Tür zur Jesuitenresidenz mit dem Gymnasium hat in passender Weise einen akademischen Inhalt. Es zeigt die Verehrung der Universitäten von Prag, Wroclaw und Olomouc[140]. Zu beiden Seiten des Durchganges befinden sich Statuen des böhmischen Nationalheiligen Johannes von Nepomuk und des Heiligen Judas Thaddäus.

Einen Hinweis auf einen Feuerteufel, der 1655 mit anderen 24 Mal in Teplice Feuer legte und sich  nach der Anrufung der Maria durch die Bürger selbst mit seinen Komplizen verriet, gibt das zweiunddreißigste Bild.

Eine nächste Abbildung[141]  berichtet von einer gewissen Susanna Bendelmayer aus Decin[142], die 1694 nach 15 Jahren von der „fallenden Sucht“[143] geheilt wurde.

Das vierunddreißigste, Frauen in Ordenstracht zeigende Gemälde berichtet von der Rettung der Fürstin Elisabeth von Frauenberg und acht ihrer Klosterfrauen aus dem Prager Sankt Georgenkloster aus einer Lebensgefahr 1668.

Vier Episoden aus den Türkenkriegen läßt das darauf folgende Bild erkennen: das Entkommen des Grafen von Clary und Aldringen aus türkischer Gefangenschaft 1695, die Flucht des Christoph Retsch aus der Gefangenschaft in Belgrad 1693, die Flucht eines Duchcover[144] Offiziers sowie die Heilung von dessen „krumm“[145] geborenem Sohn und den Brandenburger Christoph Dürrbach, der nach einem Gelübde aus 4jähriger Gefangenschaft entkommen war und 1701 zum Katholizismus[146] konvertierte.

Das vorletzte Bild zeigt die Professin  des Doxaner[147] Prämonstratenserklosters Maximiliana Zasmuk von Zasmuk, die durch zwei Wallfahrten 1678 geheilt wurde, nachdem sie schon die Sterbesakramente erhalten hatte.

Das letzte und jüngste Bild erzählt von der Krönung der Marienstatue und der Erhebung der Wallfahrtskirche in den Status einer „Basilika minor“ anläßlich des 500jährigen Jubiläums 1925.


 

4.2.3. Die Kapellen des Kreuzganges[148]

4.2.3.1. Die „Reichstädter“ Kapelle

Die erste, „Reichstädter“ oder „herzoglich Sachsen-Lauenburgische“ genannt, wurde in ihrer heutigen Form ab 1684 erbaut. Ihr Stifter war Julius Franciscus Herzog von Sachsen-Lauenburg. Da er bereits 1689 starb, wurde die Kapelle erst 1709 unter Maria Franziska Fürstin von Toscana und Herzogin von Sachsen-Lauenburg vollendet. Den Namen „Reichstädter“ Kapelle verdankt sie der Herrschaft Reichstadt[149], die die Herzöge in jener Zeit besaßen. Diese Kapelle ist nach Alois Kröss[150] bis heute dem Geheimnis im Tempel, einer der Schmerzen Mariä, gewidmet und wurde, wie er schreibt, vor dem Umbau auch so genannt. Knell[151] vertritt hingegen die Auffassung bei der „Reichstädter“ Kapelle handle es sich um die dem Schmerz Mariä bei der Flucht nach Ägypten geweihte. Kröss‘ Argumentation mit einem Zusammenhang zwischen den Schwertern im Wappen des  Stifters und dem Schwert in Lukas 2,35 ist jedoch einleuchtend und seine sorgfältige Arbeitsweise spricht für ihn, obwohl auch Knells Verbindung der Reihenfolge der Schmerzen mit der Reihenfolge der Kapellen etwas für sich hat. Ich selbst kann keine sichere Entscheidung fällen. Bemerkenswert ist daneben noch, daß die Kapelle Anfang des 20. Jahrhunderts den „tschechischen Pfarrangehörigen“[152] zum Gottesdienst diente.


 

 

4.2.3.2. Die „Teplicer“ Kapelle

In den Jahren 1671 erhielt die erste der sieben Kapellen ihre heutige Form. Johannes Marcius Graf von Clary und Aldringen, Herr auf Teplice war in diesem Jahr Vater eines Sohnes geworden für den er und seine Frau Maria Theresia zuvor zu Maria gebetet hatten. Aus Dank dafür baute er die Kapelle, die nun nach ihm „Clarysche“ oder „Teplicer“ Kapelle heißt. Als sie am 8. Mai 1672 eingeweiht wurde war aus Anlaß des Festes der Schmerzen Mariä auch der Prager Erzbischof zugegen. Sie soll seinerzeit über dreitausend Gulden gekostet haben. Nach Knell[153] ist sie dem Schmerz Mariä bei der dreitägigen Suche nach dem zwölfjährigen Jesus geweiht.


 

4.2.3.3. Die „Litomericer“ Kapelle

Der Umbau der dritten heute „Litomericer“ Kapelle genannten, fand gleichzeitig mit dem der „Reichstädter“ statt. Sein Vorbild war die „Teplicer“ Kapelle. Als der Bau gemeinsam mit dem von drei Bögen des Kreuzganges am 8. Juli 1688 vollendet wurde, befestigte man einen goldenen Knopf mit den eingravierten Namen der Litomericer Ratsmitglieder und anderer Vornehmer Bürger auf  Spitze des Türmchens der Kapelle. In dieser Kapelle wurde das Gnadenbild während der Bauzeit der jetzigen Kirche aufbewahrt. Wie Knell[154] berichtet, ist diese Kapelle dem Schmerz Mariä beim Kreuzweg Jesu gewidmet.

 

 

4.2.3.4. Die „Bleilebensche“ Kapelle

 

Als fünfte Kapelle, wurde die, die später durch Pater Miller den Namen „Bleilebensche“ erhielt, umgebaut. Dies geschah 28 Jahre nach dem Tod der Anna Maria von Bleileben, die der Kirche und den Jesuiten ein großes Erbe vermacht hatte. In ihrem Andenken errichtet der damalige Superior Pater Nentweg die im Jahre 1693 Kapelle. Die Mittel dafür konnte er durch das Gut Sobochleby, einen Teil der Erbschaft, bekommen. Dennoch ist diese Kapelle die einzige, die nach einem indirekten Stifter heißt. Diese Kapelle erinnert nach Knell[155] daneben auch an den Schmerz Mariä beim Tode Jesu auf Golgata.


 

4.2.3.5. Die „Chlumecer[156]“ Kapelle

1693 wurde von einem Mitglied der Familie des Stifters der ersten Mariascheiner Kirche die „Chlumecer Kapelle“ gebaut. Ein anderes Mitglied der Familie Zdenko Leo Liebensteinsky von Kolowrat hatte sie bereits 1629 ein erstes Mal umgebaut, bevor ihr dann Graf Johann Franz von Kolowrat-Krakowsky ihre heutige Form verlieh. Dieser war der Besitzer der Herrschaft Chlumec und ein eifriger Kirchgänger. Im Jahr der Pest 1680 machte er in seinem und im Namen seiner Untertanen „ein Gelöbnis nach Mariaschein“[157]. Daß diese dann seine Herrschaft aussparte, hat seinen Entschluß, die Kapelle zu bauen hervorgebracht oder zumindest gefördert. In der Kapelle ließ er auch ein Wandgemälde aus der ersten Kirche reproduzieren. Nach seiner Herrschaft Chlumec heißt die Kapelle „Chlumecer“ Kapelle. In ihr befindet sich ein Bild mit einer Nachempfindung des Gnadenbildes der Gottesmutter mit dem Leichnam ihres Sohnes auf dem Schoß. Es dürfte deshalb nicht zuletzt dem System Knells folgend den Schmerz Mariä beschreiben, dem diese Kapelle dann wohl auch gewidmet wäre. Dies halte ich für wahrscheinlich, auch wenn ich es nirgends so explizit gefunden habe.


 

 

 

4.2.3.6. Die „Oseker“[158] Kapelle

Der Kreuzgang wurde 1722 mit der „Oseker“ Kapelle abgeschlossen. Sie heißt nach ihrem Stifter, dem Abt des Zisterzienserklosters Osek Benedikt Liwerich. Er ließ auch das Altarbild mit dem berühmtesten Mitglied seines Ordens, des Heiligen Bernhard von Clairvaux auf dem Altar anbringen. Mit dieser Kapelle wird auch an den Sandstein erinnert, den Osek zum Bau der heutigen Mariascheiner Kirche stiftete. Die „Oseker“ Kapelle steht nach Knell[159] im Bezug zum Schmerz Mariä bei der Grablegung Jesu.


 

4.2.3.7. Die „Duchcover“ oder „gräflich Waldsteinsche“ Kapelle

Bereits 1625 wurde diese Kapelle vom Duchcover Dechanten Johann Simonis, der während des 30jährigen Krieges das Gnadenbild rettete, gemeinsam mit seinen Brüdern Jacob Sigismund und Georg Augustin erweitert und renoviert. 1721 war jedoch eine erneute Rekonstruktion unumgänglich. Dies wurde durch Johann Josef Graf von Waldstein, ein Mitglied der Familie des berühmten kaiserlichen Feldherrn Wallenstein, ermöglicht. So erhielt die nach älterer Tradition „Duchcover“ genannte Kapelle nach ihrer Fertigstellung 1621 auch den Namen „gräflich Waldsteinsche“ zumal die Familie wohl auch das Patronat übernahm und sie beispielsweise 1818 erneut renovierte. Mit dieser Kapelle beginnen nach Knell[160] die sieben Kapellen und er ordnet ihr deshalb den ersten Schmerz Mariä bei der Weissagung im Tempel zu.


 

 

 

4.3. Der Marienbrunnen[161]

Neben der Kirche befindet sich mit dem Brunnenhaus des Marienbrunnens noch ein weiteres Gebäude innerhalb des Kreuzganges. Mit diesem Haus wurde eine Quelle eingefaßt, die schon bei der Auffindung des Gnadenbildes in unmittelbarer Nähe der Linde entsprungen sein. Ihr wird ähnlich anderen Quellen oder Bächen, die wir Nähe nahezu aller Marienheiligtümer bzw. –wallfahrtsorte finden, eine wundersame Wirkung zugeschrieben. Von einigen dieser Heilungswunder berichten zwei Fresken im Kreuzgang.

In der ersten, 1702 abgerissenen Kirche soll das Wasser hinter dem Altar ausgetreten sein, was später als störend empfunden wurden. Deshalb verlegte man beim Neubau die Quelle in eine eigene Kapelle in der Form eines Brunnenhauses mit jeweils 12 Stufen, die von beiden Seiten zur Quelle hinunter führen. In der Kapelle wurden 1930 bei einer Isolierung gegen äußere Feuchtigkeit weiße Schamotteplatten angebracht. Daneben finden wir weitere Bilder von Heilungen und Gebetserhörungen.



4.4. Die Kirche

Die heutige Basilika wurde von 1701 bis 1706 nach den Plänen des Prager Architekten Paul Peyer  von den Baumeistern Julius und Octavio Broggio im Stil einer barocken Jesuitenkirche errichtet. Ihre Länge beträgt 52 und ihre Breite 25 Meter. Sie hat einen rechteckigen Grundriß mit nur einem Längsschiff, das an jeder Seite drei Seitenkapellen mit je einem Altar und einem Beichtstuhl besitzt und zwei Barocktürme. Die Kirche verfügt über zwei Sakristeien, die auf der Seite der Kanzel war dabei für die Weltpriester und die auf der anderen Seite für die Jesuiten bestimmt.

Über dem Eingangsportal befindet sich zwischen zwei unterbrochenen Rundbögen eine vergrößerte Darstellung des Gnadenbildes. Am darüber liegenden Giebel strahlt in den Wolken der Name Jesu „I.H.S.“ und der Wahlspruch der Jesuiten: „Ad majorem Dei gloriam“. Rechts und links neben dem Eingang stehen in Nischen Statuen der großen Jesuitenheiligen Ignatius von Loyola und Franz Xaver. Ganz oben an der Frontseite lassen sich noch die Statuen der Apostel Petrus und Paulus finden. An der Südseite sind die Stauen der heiligen Ludmilla, des heiligen Wenzelslaus, des heiligen Johann von Nepomuk und des heiligen Prokopius sowie an der Nordseite die der heiligen Anna, des heiligen Titus, des heiligen Joseph und des heiligen Adalbertus zu erkennen.

Betritt man die Kirche, so fällt sofort der 21 Meter hohe Säulenbaldachin über dem Hauptaltar auf. Er wurden von dem Tiroler Meister Franz Dollinger 1707 bis 1714 dem in der Peterskirche in Rom nachempfunden. Dollinger, der auch die meisten anderen Bildhauerarbeiten in der Kirche ausführte, benutzte für den Baldachin eine Ornamentik, die mit Lindenblättern an die Linde erinnert, in der das Gnadenbild gefunden worden sein soll, zumal man sagt, daß der Hauptaltar heute am Platz dieser Linde steht.

Der Hochaltar wurde 1714 von dem Prager Künstler Andreas Röbsel vollendet. Sein Zentrum bildet das in einem kupfernen Schrein stehende kleine Gnadenbild, das, weil es von Küssen ganz abgenutzt war, bereits 1709 mit Goldblech überzogen wurde. Vor der Krönung der Statue durch den Prager Erzbischof 1925, wurden 1924 auch die letzten noch verbliebenen unverhüllten Teile mit Altsilberfolie überzogen. Der Altar ist dreiteilig: Im Unterbau über dem Altartisch befindet das Tabernakel. Links und rechts davon stehen in je vier Nischen Apostelfiguren, die erst im 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Auf dem Geländer, mit dem der mittlere Teil beginnt, finden sich die noch fehlenden vier Apostelfiguren. Im oberen turmartigen Aufbau schließlich finden sich Votivgeschenke ebenfalls aus dem 19. bzw. beginnenden 20. Jahrhundert.

Auch die Rückseite des Hauptaltares besitzt einen Altartisch. Im Zentrum befindet sich ein Holzrahmen der in Kupfer getrieben die sieben Schmerzen Mariä mit einer Nachbildung des Gnadenbildes in der Mitte darstellt. Diese Tafel ist eines der ältesten noch vorhandenen Weihegeschenke und wurde der Kirche von dem schon aus dem Kreuzgang bekannten Jaroslaw von Martiniz 1609 geschenkt.

Über den Eingängen zu den Sakristeien befinden sich die  Bilder zweier Jesuiten, die 1853 heilig gesprochen worden. Im Chor über der Sakristei auf der Seite der Kanzel soll sich zudem eine kleine  Orgel zum Wechselspiel mit der Hauptorgel befinden.

Das Bild gegenüber der Kanzel stellt einen Heiligen, Aloisius von Gonzaga, dar. Es wurde von Johann von Pole gemalt. Dieses Gemälde wurde der Kirche 1762 von einem gewissen Herrn Rossi geschenkt, der es aus der Dresdner Gemäldesammlung erworben hatte.

Die Kanzel, ebenfalls ein Werk des Triolers Dollinger, wurde 1719 vollendet. Der Kanzelbecher ist wiederum dreigeteilt: Kleine Kinder tragen zu unterst die ganz große Last. Ihnen schweben darüber Engelsköpfe zur Unterstützung herbei, während über diesen Barockfiguren die Botschaft des Heils aufzeichnen.

Auf dem Schalldeckel lassen sich die drei alttestamentlichen Gestalten Moses, David, Daniel und Jesaja erkennen, über welchen die Bekehrung des da noch Saulus genannten Paulus vor Damaskus dargestellt ist.

Die Bänke der Kirche stammen aus dem Jahre 1730. Ihre Wangenstücke worden vom Laienjesuiten Adam Kesler ursprünglich farbig gestaltet und haben erst bei der Renovierung 1924, als alles weiß übertüncht wurde, diese Farbgebung verloren.

Die Orgel wurde 1734 von einem Laienbruder der Gesellschaft Jesu mit Namen Schwarz gebaut. Rechts steht David mit der Harfe und links die heilige Caecilia mit der Orgel. Um die beiden herum hat sich eine Schar singender und musizierender Engel versammelt.

Die erste der Seitenkapellen neben der Kanzel ist dem Gründer des Jesuitenordens Ignatius von Loyola geweiht. Das Altarbild zeigt diesen und wurde von Johann Georg Hentsch[162] gemalt. Über den Altarbild befindet sich ein Bild des heiliggesprochenen Jesuiten Franziskus von Borgia, das von den Statuen des heiligen Papstes Gregor und des heiligen Ambrosius umrahmt wird. Auf der Rückseite der Kapelle befindet sich ein Fresko, daß Ignatius beim Abfassen seiner geistlichen Übungen in Manresa zeigt. Bei dieser Kapelle befindet sich auch die Gruft der Familie von Bleileben, in die der 1648 verstorbene Sohn der Familie später überführt wurde. An seiner Stelle hatte 1665 die Wallfahrtskirche erben können.

Das Altarbild der nächsten, dem heiligen Joseph geweihten Kapelle wurde, wie die nächsten drei folgenden, von einem mit dem Namen Raab überlieferten Laienbruder der Gesellschaft Jesu gemalt. Neben ihm stehen die Statuen des Erzengels Michaels und eines anderen Schutzengels[163]. Über dem Altar befindet sich ein Bildnis Johannes des Täufers und das Fresko auf der Rückseite stellt die Vermählung Mariä dar.

Die letzte Kapelle auf dieser Seite ist der heiligen Barbara geweiht. Diese hatte als Heilige der Bergleute in der nahen Bergstadt Krupka eine besondere Bedeutung. Über ihrem Altarbild befindet sich eine Darstellung des Herzens Jesu. Das Wandgemälde dieser Kapelle beschreibt den Tod der Heiligen.

Der Barbarakapelle gegenüber liegt Kapelle des Landespatrons von Böhmen, des legendarischen heiligen Johannes von Nepomuk. Statuen von zwei anderen Landespatronen Böhmens, des heiligen Wenzelslaus und des heiligen Vitus[164] umrahmen sein Altarbild über dem eine Darstellung des Todes des heiligen Franz Xaver, zu finden ist, dem die übernächste Kapelle gewidmet wurde. Neben diesem Bild stehen die Statuen des heiligen Laurentius und des heiligen Florian. Die Fahne an der Wand dieser Kapelle ist ein Schmuck des Grabmals des 1702 verstorbenen sächsischen Generals Erich Theodor Freiherr von Rosen[165]. Dieser konvertierte 1699, zwei Jahre nach seinem Kurfürsten und König, in einer schweren Krankheit zum Katholizismus und wurde nach seinem Tod deshalb hier beigesetzt.

Die vorletzte Kapelle dient als Annenkapelle der Verehrung der Mutter Mariä. Neben ihrem Altarblatt stehen Statuen der heiligen Katharina und der heiligen Elisabeth und darüber befindet ein Bildnis von Maria Magdalena und die Statuen der heiligen Agnes und der heiligen Dorothea. Dieser überbringt ein Engel ein Blumenkörbchen. Auf dem Wandgemälde dieser Kapelle ist die apokryphe Geschichte der Übergabe Mariä an den Tempel in Jerusalem dargestellt.

Die letzte Kapelle, deren Altarbild wieder von Johann Georg Hentsch gemalt wurde, ist dem zweiten großen Jesuiten gewidmet, der uns schon am Eingang der Kirche begegnete: der heilige Franz Xaver. Die Zahl 1 200 000 die sich um den Pilgerstab auf dem Altarbild windet, der von einem Engel gehalten wird, soll dabei die Zahl der von Franz Bekehrten sein. Die Statuen, die sich hier neben dem Altar finden, sind hier die der Apostel Andreas und Philippus. Neben dem darüber befindlichen Bild der 1597 in Japan umgekommenen  und später heiliggesprochenen Jesuitenmissionare Paulus, Johannes und Jakobus stehen Statuen der Kirchenväter Augustinus und Hieronymus. Das Fresko auf der Rückseite der Kapelle hingegen zeigt noch einmal den heiligen Franz Xaver bei der Verkündigung des Evangeliums.



5. Zusammenfassung

Mariaschein ist ein nicht nur kirchen- und kunstgeschichtlich interessanter Wallfahrtsort in Böhmen, dessen größte Blüte im 18. Jahrhundert lag und der seitdem durch politische Umstände bedingt eine Reihe von Schlägen verkraften mußte. Daß diese Ereignisse, wie die Vertreibung nahezu des gesamten deutschsprachigen Traditionskreises nach 1945, nicht zu einem gänzlichen Abriß der seit dem 15. Jahrhundert bestehenden Wallfahrtstradition führte und beispielsweise die Lausitz Mariaschein immer die Treue gehalten hat, ist vielleicht das größte Wunder dieses Wallfahrtsortes. Er führt heute zu Unrecht das Daseins einer fast vergessenen Wallfahrtstätte in einem Dornröschenschlaf, doch es bleibt zu hoffen, daß sich die Anzeichen eines langsamen Erwachens nach 1989 weiter verstärken und nicht das Aussterben der Vertriebenen neue Einbrüche bringt.



6. Schlußbemerkungen

1925 wurden mit einem „Internationalen Marianischen Kongreß“ [166] 500 Jahre Bestehen des Wallfahrtsortes Mariaschein[167] gefeiert. Dies war Ausdruck einer langen Geschichte und erneuten Blüte des Wallfahrtsortes in Nordböhmen, der heute Bohosudov heißt und ein Ortsteil der Stadt Krupka[168] ist. Wie so oft folgte jedoch auf eine Blüte eine Zeit der Krise. Diese Krise allerdings, die mit dem Einmarsch der Deutschen 1938 und dem Abbruch der Wallfahrten 1939 begann ist bis heute noch nicht überwunden. Sie erreichte 1950 mit der Aktion „K“, der Internierung aller Ordensangehörigen der Tschechoslowakei einen Höhepunkt. Damals wurden wohl das Archiv und die Bibliothek der Jesuiten in Mariaschein mit ihren Beständen weitestgehend zerstreut, die den zweiten Weltkrieg und die Vertreibung der Deutschsprachigen im Anschluß daran überstanden hatten. Da mir so im Gegensatz zu allen anderen mir bekannten Abhandlungen über Mariaschein und seine Geschichte das Archiv und Bibliothek in Mariaschein fehlten, war eine Erörterung der vorhandenen Quellen um so notwendiger, weshalb ich mit ihr begonnen habe.

Für die darauf folgende Behandlung der Geschichte des Wallfahrtsortes Mariaschein standen mir zwei Vorgehensweisen zu Auswahl: die chronologische und die thematische. Eine chronologische Vorgehensweise hat vor allem den Vorteil Entwicklungen aufzeigen zu können, während sie die Zusammenschau von zusammengehörigen Problem und Themenkreisen eher erschwert. Die thematische Vorgehensweise hingegen ermöglicht zwar diese Betrachtung von Themen erschwert aber den Blick auf die Entwicklung des Wallfahrtsortes im Ganzen. Es ist also ein Kompromiß gesucht. Ich habe in einer chronologisch aufgebauten Beschreibung der Geschichte des Wallfahrtsortes durch ausgedehntere Exkurse da eine Zusammenschau von Problemen versucht, wo ich dies für angezeigt hielt. Diese Exkurse sind auch durch eine andere Schrifttype erkennbar, so daß es möglich ist sich den Themen zu einem anderen als dem von mir gewählten Zeitpunkt zu widmen und klar erkennbar ist, wo in der Chronologie fortgefahren wird. Daneben sollte die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit dieser Arbeit durch eine Zeittafel im Anhang erleichtert werden.

In einem zweiten Teil habe ich die Wallfahrtskirche und die darum entstandene Anlage näher beschrieben, dabei stützte ich mich auf eigene Beobachtungen und Fotos sowie diverse Besucherinformationen.

Eine Schwierigkeit, die sich durch die gesamte Darstellung zieht, ist die Trennung zwischen der Wallfahrtskirche und der Jesuitenresidenz mit dem Gymnasium. Da Residenz und Gymnasium ohne Wallfahrtskirche und umgekehrt auch die Wallfahrtskirche ohne Jesuiten und das Gymnasium in ihrer Entwicklung  kaum vorstellbar und sie somit auf das Engste verbunden sind, habe ich eine Trennung nur dort vornehmen, wo dies nach meinem Ermessen unbedingt notwendig war.

Einen weiteren strittigen Punkt stellen die Ortsnamen dar: Aus Achtung vor den heutigen Bewohnern der ehemals deutschsprachigen Gebiete Tschechiens habe ich mit Ausnahme der Namen Mariaschein, der die Bedeutung des Ortes als Marienwallfahrtsort besser ausdrückt als das tschechische Bohosudov, und Prag, das auch im Englischen einen eigenen Namen besitzt, soweit wie möglich für in Tschechien liegende Orte auch die tschechischen Namen benutzt. Auch erleichtert dies heute die Orientierung auf Landkarten und auch das Lesen für einige tschechische Freunde, denen ich die Arbeit gern zu lesen geben möchte. Ich habe den tschechischen Namen zumindest einmal den deutschen in einer Fußnote zur Seite gestellt. In Quellen und in Fällen in denen mir der tschechische Name eines Orte nicht geläufig ist, habe ich ohnehin den deutschen benutzt. Ich hoffe, daß durch diesen Lösungsansatz die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Arbeit nicht zu sehr gelitten haben.

Die abgedruckten Fotos sind entweder eigene Aufnahmen oder fanden sich in einem heimischen Schuhkarton und der Fotograf war deshalb nicht feststellbar, ich habe deshalb auf ein Abbildungsverzeichnis mit Quellenangabe verzichtet. Auch Bildunterschriften lassen sich nicht finden, denn die Bilder erklären sich weitestgehend durch den daneben bzw. darunter stehenden Text.

Besonders in der Beschreibung der Kirche habe ich der römisch-katholischen Kirche als Heilige Verehrten ihr Prädikat belassen, auch wenn ich selbst ein ausgesprochen protestantisches Verständnis von „heilig“ habe.

Diese Arbeit möchte einen Überblick geben und gelegentlich etwas an der Oberfläche kratzen, ein umfassende Darstellung kann und will sie nicht leisten, hierzu empfehle ich die ausführliche Darstellung Alois Kröss‘.



7. Literaturverzeichnis[169]:

7.1. Benutzte Literatur

Born, Joachim, Dickgießer, Sylvia; Deutschsprachige Minderheiten, Ein Überblick über den Stand der  Forschung für 27 Länder; Mannheim, 1989.

Bretfeld, Franz Joseph von; Umriß einer kurzen Geschichte des Leutmeritzer Bisthums im Königreiche Böhmen,  nebst einigen genealogischen Denkwürdigkeiten über das Alter und die Verdienste der böhmischen Familie Chlumczansky von Przestawlk und Chlumczan; Wien, 1811.

Frind, Anton; Die Kirchengeschichte Böhmens im Allgemeinen und in ihrer besonderen Beziehung auf die jetzige Leitmeritzer Diöcese, in der Zeit vor dem erblichen Königthume; Prag, 1864.

Frind, Anton; Die Kirchengeschichte Böhmens im Allgemeinen und in ihrer besonderen Beziehung auf die jetzige Leitmeritzer Diöcese, II. Band, Die Zeit des Erblichen Königthums bis zum Tode Carls I. (IV.), (Die goldene Zeit der Kirche Böhmens.); Prag, 1866.

Frind, Anton; Die Kirchengeschichte Böhmens im Allgemeinen und in ihrer besonderen Beziehung auf die jetzige Leitmeritzer Diöcese, III. Band, III. Zeitraum: Der Verfall der Kirche Böhmens, I. Abtheilung: Die Husitenzeit; Prag, 1872.

Frind, Anton; Die Kirchengeschichte Böhmens, IV. Band, Die Administratorenzeit; Prag, 1878.

Knell, Joseph; 500 Jahre Mariaschein; Warnsdorf, 1924.

Kröss, Alois; Die Residenz der Gesellschaft Jesu und der Wallfahrtsort Mariaschein in Böhmen; Warnsdorf, 1894.

Miller, Johannes; Historia Mariascheinensis, das ist: Außführlicher Bericht von dem uralten und wunderthätigen Vesper-Bild der Schmerzhafften Mutter Gottes Maria, welches zu Maria-Schein, unweit Graupen, im Königreich Böheim in der Kirchen unser Lieben Frauen von etlichen hundert Jahren her zu offentlicher Verehrung vorgestellet, und wegen vieler Wunder- und Gnaden-Wercken sehr berühmt ist, verfertiget von p. Johannes Miller der Gesellschaft Jesu Priester, im Jahr 17102; Brüx, 1769.

Otter, Jiri; Das deutsch-tschechische Miteinander, Aus den hellen Seiten der gemeinsamen Geschichte; Marianske Lazne, 1998.

Otter, Jiri; Die erste Vereinigte Kirche im Herzen Europas, Die Evangelische Kirche der böhmischen Brüder; Prag, 1991.

Otter, Jiri; Das Los der deutsch-tschechischen Nachbarschaft, Kleiner Spiegel der gemeinsamen Geschichte, Beitrag zur Wiederherstellung der guten Nachbarkontakte; Herspice, 1994.

Otter, Jiri; Tschechen, von Deutschen umarmt; Marianske Lazne, 1995.

Pavlik, Jan; Czech Jesuits During the Communist Oppression, On the Way to Jesus!; Praha, 1998.[170]

Pochehom Emanuela (Hrsg.); Umelelecke pamatkx Cech 1, A-J; Praha, 1977.

Prinz, Andreas; Kurze Geschichte und Beschreibung des Wallfahrtsortes: Mariaschein in Teplitz in Böhmen; Meißen, Riesa,  1855.

Schlenz, Johann; Geschichte des Bistums und der Diözese Leitmeritz, I. Teil, Geschichte der Gründung des Bistums Leitmeritz; Warnsdorf, 1912.

Schlenz, Johann; Geschichte des Bistums und der Diözese Leitmeritz, II. Teil, Maximilian Rudolf Freiherr von Schleinitz und seine Zeit; Warnsdorf, 1914.

Schmidt, Wenzel; Das Heiligtum der Schmerzhaften Mutter in Mariaschein, dem deutschböhmischen Lourdes des 17. und 18. Jahrhunderts2; Eger, 1933.

Susa, Zdenek; Von Tschechen und Deutschen in den böhmischen Ländern; Stredokluky, 1996.

Vilim, Karel; Krupka (Graupen), Der Führer durch die Stadt und die Umgebung; Teplice, 1997.


 

 

 

7.2. Weitere Literatur[171]

Der Marianische Kongress von Mariaschein, hrsg Jubiläumskomitee, mit einem Rückblick auf das 500jährige Jubiläum; Mariaschein, 1926.

Dietrich, Ewald Christian Victorin; Die Wilhelmshöhe bei Teplitz und ihre Umgebungen Graupen, Rosenburg, Maria-Schein, Geiersberg; Leitmeritz, Teplitz, 1835.

Studenten-Unterstützungs-Verein für das Bischöfliche Knabenseminar zu Mariaschein (Hrsg.); Jahres-Bericht des Studenten-Unterstützungs-Vereines für das Bischöfliche Knabenseminar zu Mariaschein über das Verwaltungs-Jahr ...; Warnsdorf, 1882-1906.

Studenten-Unterstützungs-Verein für das Bischöfliche Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht in Mariaschein (Hrsg.); Jahresbericht des Studenten-Unterstützungs-Vereines für das Bischöfliche Knaben-Seminar, nunmehrige Bischöfliche Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht in Mariaschein über das Verwaltungsjahr ...; Warnsdorf, 1907-1909.

Marianisches Gnaden-Haus oder 31 Schluß-Gebete an die Mutter Gottes zu Mariaschein; Prag, 1752.

Niederegger, Alois; Geschichte der bischöflichen Lehranstalt der Diözese Leitmeritz in Mariaschein von 1851 – 1905; Leitmeritz, 1907.

Stephani, Hermann; Weihnachtsmaien : nach einer Volksweise aus Mariaschein in Deutschböhmen, op. 62,8; Karlsruhe[172].


[1] Anm.: Zu methodischen Überlegungen siehe 7. Schlußbemerkungen.

[2] Anm.: tschechisch Bohosudov.

[3] Anm.: Es handelt sich um die später noch erwähnte Henriette Plötner, geb. Hiersche.

[4] vgl. Kröss S. 5.

[5] Anm.: deutsch Leitmeritz.

[6] Zitat: Henriette Plötner, geb. Hiersche.

[7] Anm.: deutsch Graupen.

[8] Anm.: Bohuslav Balbin lebte von 1621 bis 1688 und gehörte von 1665-1666 dem Leitmeritzer Jesuitenkollegium an.

[9] Kröss S. 8.

[10] Anm.: deutsch. Leitmeritz.

[11] vgl. für beide Kröss  S. 5.

[12] vgl. Kröss S. 9.

[13] Kröss S. 9.

[14] vgl. Prinz S. 31.

[15] vgl. Kröss u.a. S. 131-134 und 122-126.

[16] Anm.: Hier wird tatsächlich nur dieser Name verwandt.

[17] Anm.: Der Bau wurde nicht 1702 sondern 1701 begonnen, und Frau von Bleileben war bereits 1665 gestorben.  Obwohl sie der Kirche ein großes Erbe hinterlassen. hatte, wurde für den Bau der Kirche spezielle Sammlungen veranstaltet.

[18] Henriette Plötner wurde 1926 als Henriette Hiersche in Velke Chvojno, Böhmisch-Kahn, ca. 15 Kilometer östlich von Mariaschein geboren und besuchte bis zum Ende der Wallfahrten vor dem Krieg mehrfach Mariaschein. Mit den Vertreibungen nach dem Krieg mußte auch sie Böhmen verlassen.

[19] vgl. Kröss S. 20-24.

[20] Kröss S. 16f.

[21] vgl. Miller S. 7-9.

[22] Kröss S. 17.

[23] Kröss S. 17.

[24] Kröss S. 19.

[25] Kröss S. 17.

[26] vgl. Kröss S. 24-30.

[27] vgl. Miller S. 13-19.

[28] Anm.: deutsch. Aussig

[29] vgl. Kröss S. 27f.

[30] vgl. Kröss S. 28f.

[31] vgl. Kröss S. 24.

[32] vgl. Miller S. 15.

[33] vgl. Kröss S. 30-32.

[34] vgl. Miller S. 13-15.

[35] Anm.: Falls das Motiv besonders in bezug auf die Linde nicht von diesem Triptychon ausgeht.

[36] vgl. Kröss S. 35-41.

[37] Anm.: Dieser Tag war nach meinem Wissen kein besonderes Marienfest.

[38] vgl. Kröss S. 39.

[39] vgl. Frind Bd. I S. 310.

[40] vgl.: Kröss S. 41.

[41] vgl. Kröss S. 45.

[42] vgl. Kröss S. 182.

[43] vgl. Kröss S. 249.

[44] vgl. Kröss S. 278-80.

[45] Anm.: tschechisch Usti nad Laben.

[46] Anm.: im Gegensatz zum „Vorabend vor dem Feste Mariä Geburt“, dem 7. September.

[47] Kröss S. 52.

[48] Kröss S. 68 unter Berufung auf Miller, histor. bb. Virgines dolorosae p. 80.

[49] Anm.: als auch Georg Popel der Ältere beim Kaiser in Ungnade fiel.

[50] Anm.: deutsch Sobochleben.

[51] Schlenz Bd. II S. 41.

[52] vgl. Schlenz II S. 159.

[53] vgl. Kröss S. 134.

[54] vgl. Bretfeld S. 22-34.

[55] Anm.: Dieser  weihte 1529 einen neuen Altar in der Wallfahrtskirche.

[56] Anm.: bzw. 1556 nach Kröss S. 117f, der dies aber nicht weiter begründet.

[57] Kröss S. 118.

[58] vgl. Prinz S. 65 und Kröss S. 118.

[59] vgl. Bretfeld S. 35-39 und Kröss S. 118f.

[60] Kröss S. 119.

[61] Zahlen nach Otter, Das Deutsch-Tschechische Miteinander S. 27.

[62] Anm.: deutsch Georg von Podeprady - vgl. Otter, Tschechen von Deutschen umarmt S. 68 f.

[63] vgl. Otter, Tschechen von Deutschen umarmt S. 80.

[64] Kröss S. 42.

[65] Anm.: Bericht Henriette Plötners, der durch das Stadtmuseum Krupka, deutsch Graupen, bestätigt wurde.

[66] vgl. Otter, Tschechen von Deutschen umarmt S. 82-85 und Das Los der deutsch-tschechischen Nachbarschaft S. 72-75.

[67] vgl. Pavlik.

[68] vgl. Kröss S. 86-94.

[69] vgl. Kröss S. 95-109 und  Schlenz Bd. II S. 26.

[70] Kröss S. 107.

[71] vgl. Kröss S. 223-225.

[72] vgl. Kröss S. 229-237.

[73] Anm.: deutsch Lobsitz.

[74] Anm.: Die tschechische Bezeichnung ist mir nicht geläufig.

[75] vgl.: Kröss S. 255-261.

[76] vgl. Knell S. 24-30 und S. 48-50.

[77] Anm.: deutsch Dux.

[78] vgl. Prinz S. .26.

[79] Anm.: zu den Jesuiten vgl. Pavlik, die entsprechenden Zahlen und Angaben zu Mariaschein bis zum 19. Jh. stammen von Kröss.

[80] Anm.: tschechisch Sobochleby.

[81] Anm.: für klastery – Kloster.

[82] Anm.: Summe der von Pavlik gemachten Angaben.

[83] Vilim S. 18.

[84] Anm.: Nach dem Abschluß meiner Arbeit bin ich bei einer erneuten Recherche im Internet auf einen Beitrag der spanischen Redaktion von Radio Prag über Josef Cukr gestoßen, den ich im Anhang mit einer Übersetzung beigebe, für die ich mich bei Barbara Wermke bedanken  möchte.

[85] Kröss S. 170.

[86] Kröss 171, Anm.:  welches Jubiläum damit gemeint ist, ist leider nicht ersichtlich, möglich wären z.B. 270 Jahre Mariaschein.

[87] Kröss S. 246.

[88] zum gesamten Kirchenbau vgl. Kröss S. 170-184.

[89] Zahlen nach Kröss S. 178.

[90] Zahlen nach Kröss S. 276f.

[91] Kröss S.246.

[92] Zahlen nach Bretfeld S. 51.

[93] Anm.: Es handelt sich wohl um einen Zweig der Familie des bekannten kaiserlichen Feldherrn Wallenstein alias Waldstein, diese stammte nach Bretfeld S. 51 „von den Herren von Wartenberg ab, die zuvor den Nahmen Kalsko führten“.

[94] Zahlen nach Bretfeld S. 55.

[95] für das folgende vgl. Kröss S. 244-255.

[96] vgl. Kröss S. 276f.

[97] vgl. Knell S. 55.

[98] vgl. Schmidt S. 6.

[99] Anm.: Es handelt sich um das von Schmidt.

[100] Anm.: z.B. unter einem Glasfenster der Gottesmutter von Mariaschein.

[101] vgl. Vilim S. 16.

[102] Anm.: Ich schreibe bewußt nicht Deutsche, denn bis 1938 verstand sich die Mehrzahl eher als Österreicher.

[103] Vilim S. 17.

[104] vgl. Schmidt S.15.

[105] Schmidt S. 36f.

[106] vgl. Vilim S. 21.

[107] vgl. Kröss S. 221f.

[108] Kröss S. 221.

[109] Kröss S. 221.

[110] vgl. Kröss S. 42.

[111] vgl. Kröss S. 51f.

[112] vgl. Kröss S. 58 Fußnote 2.

[113] vgl. Vilim S. 21.

[114] Anm.: Sowohl Henriette Plötner als auch Pater Josef Cukr sind sich nicht sicher in welchem der beiden Jahre.

[115] Zitat: Henriette Plötner.

[116] Anm.: Die Sudeten und Karpaten waren nur ein kleiner Teil der Landstriche in denen Deutsch die übliche Umgangssprache war und deutsch-österreichisch oder österreichisch statt deutsch wohl auch angebrachter  wäre vgl. Born/Dickgießer  S. 219.

[117] vgl. Born/Dickgießer S. 219.

[118] Born/Dickgießer S. 220.

[119] Vilim S. 18.

[120] Anm.: bzw. seit 1949 zur DDR.

[121] Anm.: Auch wenn mir mein an den Volkszählungen in Tschechien mitwirkender Bekannter Milan Kucera berichtete, daß sich gut 40% der Tschechen als katholisch bezeichneten, räumte er ein, daß wohl nur 10% wirklich wüßten, was römisch-katholisch eigentlich meine.

[122] Anm.: Ich orientiere mich weitestgehend an Andreas Prinz‘ Kurze Geschichte des Wallfahrtsortes Mariaschein bei Teplitz in Böhmen daneben am letzten 1933 erschienen Wallfahrtsbüchlein von W. Schmidt. Das siebente von mir und Schmidt beschriebene Bild  des Kreuzganges stimmt dabei mit dem ersten von Prinz beschrieben überein. Seine Aufzählung ist dementsprechend um sechs Bilder verschoben. Prinz folgt dabei einem von ihm angenommenen historischen Ablauf, während ich mit Schmidt die Bilder vom Haupteingang beginnend im Uhrzeigersinn schildere.

[123] Anm.: Fotos der meisten Gemälde des Kreuzganges finden sich in der beschriebenen Reihenfolge im Anhang.

[124] vgl. Lk 2,34.35.

[125] vgl. Mt 2,13-15.

[126] vgl. Lk 2,41-52.

[127] vgl. Lk 23,26-31; Mt 27,26-30.

[128] vgl. Joh 19,25-30.

[129] vgl. Joh 19,31-37.

[130] vgl. Lk 23,50-56; Joh 19, 38-42; Mk 15,42-47; Mt 27,57-61.

[131] Anm.: deutsch Aussig.

[132] Anm. Stand 2000.

[133] Anm.: Die Quelle einiger älterer Abbildungen der Gemälde, die ich im Internet gefunden habe ist mir unbekannt.

[134] Prinz S. 32.

[135] Prinz S. 32.

[136] Anm.: Von diesem Bild ist kein  Foto vorhanden, so daß ich auch nicht weiß, ob und in welchem Zustand es noch erhalten ist.

[137] Prinz S. 46.

[138] Anm.: deutsch Brüx.

[139] Anm.: Der tschechische Name ist mir nicht geläufig.

[140] Anm.: deutsch Breslau und Olmütz.

[141] Anm.: Kein Bild vorhanden.

[142] Anm.: deutsch Tetschen.

[143] Prinz S. 55.

[144] Anm.: deutsch Duxer.

[145] Prinz S. 58.

[146] Anm.: Der Problematik dieses Begriffes bin ich mir bewußt, ich verwende ihn in dieser Arbeit stets für die römisch-katholische Kirche und ihren Glauben ohne damit andere, beispielsweise Altkatholiken diskriminieren zu wollen.

[147] Anm.: Der tschechische Name ist mir nicht geläufig.

[148] Anm.: Ein großer Teil der Informationen zu den Kapellen des Kreuzganges stammt neben dem Wallfahrtsbüchlein von Prinz aus Kröss S. 192-198.

[149] Anm.: Ich kenne in der näheren Umgebung nur ein Reichstädt im Sächsischen.

[150] vgl. Kröss S. 194.

[151] vgl. Knell S. 34f.

[152] Knell S. 34.

[153] vgl. Knell S. 35.

[154] vgl. Knell S. 35.

[155] vgl. Knell S. 35.

[156] Anm.: deutsch Kulmer.

[157] Prinz S. 37.

[158] Anm.: deutsch Ossegg bzw. Ossegger.

[159] vgl. Knell S. 36.

[160] vgl. Knell S. 34.

[161] vgl. Schmidt S. 34.

[162] vgl. Kröss S. 183 ff.

[163] Anm.: wohl Gabriel, aber bei Prinz S. 74 findet sich nur „des h. Schutzengels“.

[164] Anm.: Als Veit auch Namensgeber des Prager Veitsdoms.

[165] vgl. Kröss S. 187-190.

[166] Anm.: 10. -12. September 1925.

[167] Anm.: tschechisch Bohosudov.

[168] Anm.: deutsch Graupen.

[169] Anm.: Weitere Literatur, besonders Zeitungs- und Internetartikel, finden sich im Anhang abgedruckt.

[170] Anm.: im Anhang unter 7.3.3.2. zu finden.

[171] Anm.: Diese Literatur, könnte ebenfalls von Interesse sein, war mir während der Arbeit jedoch nicht zugänglich.

[172] Anm.: Eine Jahreszahl konnte ich nicht ermitteln.

 
 
 
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