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8.2. Zeitungsartikel

8.2.1. Im oberen Bielatal trägt der Kaiser eine Fahne

Mit Bergsteigerlist wurden die Grenzsperren in Böhmen überwunden

Von Heinz Gliniorz

Seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts wird das Ausflugsgebiet um Eiland in der Wanderliteratur dem oberen Bielatal zugeordnet. Auch der Herausgeber des ersten Kletterführers hat die seit Beginn dieses Jahrhunderts im Eilander Kessel bestiegenen Sandsteinfelsen dem Bielatalgebiet verschrieben. Ein spitzer Felszahn nordöstlich über der ehemaligen Schule von Eiland, vor 90 Jahren erstbestiegen, erhielt dabei den Namen Kaiser-Franz-Josef-Turm. Der deutsche Vorsteiger Wilhelm Schreiber führte damals seine Seilschaft von der Scharte über die Ost- und Südwand zum Gipfel. Im gleichen Jahr konnten die Bergfreunde aus der erst zwei Jahre bestehenden Turnvereinigung Bergbrüder Dresden einen weiteren Aufstieg erfolgreich einrichten. Beide Kletterwege erhielten die noch heute gültige Einstufung "sehr schwierig". Einen weiteren interessanten Aufstieg vollzogen im Jahre 1920 Bergfreunde um den überdurchschnittlich sportliche begabten Otto Dietrich mit der Durchsteigung der ausgesetzten Talwand. Heute ist dieser Weg mit zwei Ringen abgesichert und wegen eines Wandausbruches als "außergewöhnlich schwer" zu bezeichnen. Damit verabschiedeten sich die Bergsteiger aus Deutschland von den Erstbegehungen an diesem Turm.

Gipfelfahne erinnert an das Kletterverbot

Durch die staatlich verordneten Maßnahmen der Behörden in Prag zum Grenzverlauf zwischen der Böhmisch-Sächsischen Schweiz war es untersagt, die im Gebiet bei Eiland herausragenden Felsen zu besteigen. Die Absperrung erfolgte durch einen Schutzstreifen und einen Stacheldrahtzaun.

Da aber die Bergsteigerherzen der in den 50er Jahren in Böhmen neu entstandenen Klettergilde auch für diese verwaisten Gipfel schlug, wurde zu einer List gegriffen. Anläßlich des Nationalfeiertages am 28. Oktober 1957 wurde unter dem Vorwand, Kletterklubs aus dem Gebiet Teplitz werden die tschechische Staatsflagge auf dem Gipfel Kaiser hissen, eine Genehmigung zur Überwindung der Grenzsperren eingeholt. Bereits am 27. Oktober 1957 konnte eine Abordnung von mehreren Bergsteigern den Stacheldrahtzaun in Richtung Dorfmitte passieren, um am Folgetag die Fahnenweihe durchzuführen. Die Angelegenheit war aber doch etwas schwieriger, als in Teplitz ausgedacht. Drei deutschen Bergsteigern aus der Sektion Mariaschein ist es dann noch gelungen, die drehbare Blechfahne in den Farben rot-weiß-blau auf dem damals im Kletterführer nur als Kaiser bezeichneten Gipfel zu befestigen. Seit dieser Zeit erinnert der weithin sichtbare Fahnenschmuck auf dem Kaiser-Franz-Josef-Turm an das vor über 40 Jahren umgangene Kletterverbot im Grenzverlauf oberes Bielatal.

Quelle: KF Elbsandsteingebirge, Infos aus Böhmen

Heinz Gliniorz

Quelle: Sächsische Zeitung, vom 14.04.1999 Sebnitz, Sächsische Zeitung, vom 28.04.1999 Pirna; Datenbank SZO.