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8.2.2. Nach Bierstadt kamen einst 250 Sudetendeutsche

Andächtig begann die Feier zum 50jährigen Bestehen der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Bierstadt. Vor dem Glasfenster der Muttergottes von Mariaschein, das einer Statue in der Wallfahrtskirche Mariaschein in der Nähe von Teplitz in Nordböhmen nachempfunden ist, gedachte man in Beisein des Seelsorgers der Heimatvertriebenen des Bistums Limburg, Karl Kindermann, der Verstorbenen und Vertriebenen.

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Erhard Knechtel überbrachte Stadtrat Johann-Ludwig Seibert die Glückwünsche des Magistrates und des Oberbürgermeisters. Er unterstrich die kulturelle Leistung der Vertriebenen für ihre neue Heimat und bedauerte, daß diese Tatsache fast in Vergessenheit gerate. Gleichzeitig bat er um Unterstützung für die Vertriebenen des Kosovo, die nicht nur innerhalb ihres Vaterlandes vertrieben würden, sondern gänzlich ihre kulturellen Bezugspunkte verlören.

Der Landesobmann der Sudetendeutschen in Hessen, Alfred Herold, referierte über "Heimat im Sudetenland - Heimat in Hessen". Er schilderte eindringlich die Hoffnungslosigkeit der Vertreibung und die Dimension des Einbruches in Lebensraum und Geschichte der Deutschen. Trotz aller gemeisterter Integration sei die Heimat nicht in Vergessenheit geraten. Er appellierte an die Landsmänner und -frauen, weiterhin die Heimat zu besuchen und Kinder und Enkel mit der 800jährigen Geschichte der Deutschen dort vertraut zu machen. Bei allem Verlangen nach der alten Heimat betonte Herold, daß bereits vor 50 Jahren in der "Charta der Heimatvertriebenen" der Verzicht auf jegliche Rache und Vergeltung ebenso manifestiert worden sei wie das Hinwirken auf ein geeintes Europa. Der Landesobmann von Hessen nahm auch die Ehrung der sieben Mitglieder vor, die der Sudetendeutschen Landsmannschaft seit 50 Jahren die Treue halten.

Zum Abschluß präsentierte der Stellvertretende Vorsitzende der Kreisgruppe Wiesbaden, Dr. Herbert Küttner, eine informative Übersicht über die Entwicklung der Sudetendeutschen in Wiesbaden und Bierstadt. Allein im Oktober 1946 kamen 800 Sudetendeutsche, mehrheitlich aus dem Gebiet um Teplitz, in die östlichen Wiesbadener Vororte, davon 250 nach Bierstadt. Eine detaillierte schriftliche Dokumentation gibt Aufschluß über die Geschichte der Sudetendeutschen in Bierstadt, sie ist auch als Dank derer gedacht, die in diesem Wiesbadener Vorort ein neues Zuhause finden konnten. Erinnert wurde bei diesem Anlaß auch an die "Männer der ersten Stunde" Georg Kasper, Dr. Wihlidal und Viktor Lorenz. Auch der unvergessenen Anna Hammerla wurde gedacht, die sich ebenfalls jahrzehntelang um die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Bierstadt verdient gemacht hat. by

Quelle: Wiesbadener Kurier vom 28.05.1999; Datenbank WK.