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1.   Gruppenbeschreibung

1.1.     Allgemein

Zur Winzerlaer Vorkonfirmandengruppe des Jahres 1996/97 gehören im Mai 1997 neun junge Jugendliche. Diese Gruppe besteht aus 4 „Pärchen“ gleichen Geschlechtes, die jeweils gemeinsam in eine Schulklasse gehen. Zu diesen 3 Mädchenpärchen und dem einem Jungenpaar ist in meiner ersten Hospitationsstunde am 27. Mai noch ein Außenseiter, Marko, hinzugekommen, der eine Lernbehindertenschule besucht. Die bis dahin bestehende Gruppe ist nach Angaben von Frau Pastorin Seibt auch erst im Sommer 1996 das erste Mal als Gruppe zusammengekommen. Zu dieser Ursprungsgruppe gehörte allerdings anfangs noch ein weiterer Junge, der allerdings im Winter 1997 aufgrund einer schulischen Rückstufung auf eigenen Willen die Gruppe verließ und wahrscheinlich zur nächsten Vorkonfirmandengruppe gehören wird. Die Jugendlichen wohnen im Neubaugebiet Jena-Winzerla, einer von mehreren Jenaer Plattensiedlungen. Diese gehört zum Gemeindebereich Jena-Süd, der von Pfarrer Nolde,  Frau Pastorin Seibt und 4 hauptamtlichen Mitarbeitern auf zukünftig zwei Stellen betreut wird. Dabei hat Frau Seibt als Seelsorgebezirk den Bereich des alten Dorfes und des Neubaugebietes Winzerla und den zwischen Lobeda und Winzerla gelegenen Bereich Burgau übernommen. Herr Pfarrer Nolde betreut den Bereich Lichtenhain seelsorgerisch.

Der Konfirmandenunterricht wird gemeinsam und gleichzeitig in Lobeda gehalten, dabei übernehmen die Pastorin und der Pfarrer jeweils abwechselnd  einen zweijährigen Kurs. Als Lehrmaterial benutzen sie ein von der Agentur des Rauhen Hauses in Hamburg herausgegebenes Material „Meine Welt – mein Leben – mein Glaube“. Dieses Material besteht aus mehreren Arbeitsblättern zu verschieden Themen, ist gut mit Fotos illustriert, weist allerdings die Schwäche einer häufig den Jugendlichen nicht angemessenen Sprache in den Texten auf. Die Arbeitsblätter dienen nach Angabe von Frau Pastorin Seibt als „Leitlinien“. Aufgrund einer Kehlkopfoperation von Frau Seibt wird in der Gruppe nicht gesungen.

Die für die Gemeinde relativ kleine Gruppe von 9 Vorkonfirmanden – die vor kurzem konfirmierte Gruppe brachte es auf immerhin 19 – ist mit einem Unterschriftenkärtchen „bewaffnet“ zu 7 Gottesdienstbesuchen in einem Unterrichtsjahr verpflichtet. Während  manche diesen „Plan“ übererfüllen, haben andere große Mühe damit.

Unter den Vorkonfirmandinnen fällt – nicht nur durch ihren seltenen Namen – Franze auf. Sie scheint als einzige ein wirklich an die Gemeinde gebundenes Elternhaus zu besitzen. Die Familie gehört zu den Lesern des Kirchenblättchens, und ihr war beim Thema Tischgebet als einziger der Wortlaut eines solchen bekannt. Sie bildet gemeinsam mit Sandra, mit der sie eine Schulklasse besucht, eine Gruppe. In dieser Gruppe ist sie klar die Meinungsführerin, aber auch auf die anderen, besonders auf die Gruppe von Jana und Stefanie, kann sie Einfluß ausüben. Die dritte Gruppe, Anika und Claudia, ist durch die Unsicherheit und „Kichrichkeit“ der Meinungsführerin Anika gekennzeichnet. In der Jungengruppe ist Tazilo der Lebhaftere, der gerne Möglichkeiten zu Diskussion mit Franze aber auch mit Anika nutzt, ein wenig vorlaut sein kann und gegenüber  Lars klar die Meinungsführerschaft  inne hat. Er versucht zuweilen den Unterricht zu stören.

Bemerkenswert in der Winzerlaer Gruppe ist die Pärchenbildung, deren Basis jeweils die gemeinsam besuchte Schulklasse ist. Das heißt, die Schulklasse scheint für diese Vorkonfirmanden ihre Bezugsgruppe zu sein. Dabei fällt auf, daß die Pärchen jeweils gleichgeschlechtlich sind. Dies läßt darauf schließen, daß die Partnerwahl für diese Jugendlichen noch kein Thema zu sein scheint. Vielmehr befinden sie sich am Beginn der Suche nach einer sie ansprechenden Gruppe. Andeutungen dazu lassen sich in den Gesprächen der Mädchen vor Unterrichtsbeginn finden, deren Inhalt nicht die jeweilige Klasse, sondern die gesamte Schule, die Lehrer und Schüler und Schülerinnen anderer Klassen sind. Auch brechen die Mädchenpärchen in den Sitzordnungen teilweise schon auf. Gleichzeitig ist eine sich entwickelnde Faszination des anderen Geschlechtes besonders in den Gesprächen zwischen Tazilo und Franze zu beobachten.[1] Dafür ist sicher auch förderlich, daß Tazilo und Franze gemeinsam eine Schule besuchen. Die anderen Gruppen haben zwar gemeinsame Lehrer als Gesprächsbasis, gehen aber zu verschiedenen Schulen.

Eine besondere Rolle in der Gruppe spielt Marko. Er hat die Rolle des Außenseiters inne. Dies ist durch mehrere Faktoren bedingt: Zum einen kam er erst später in die Gruppe und ist mit seinen 15 Jahren etwas älter als der Rest. Zum anderen ist er lernbehindert und sehr verschlossen und hat zu keinem der Pärchen eine Beziehung. Dabei muß der Gruppe zu Gute gehalten werden, daß er nicht abgelehnt, sondern eher ignoriert wird. Dies dürfte aber zu einem weiteren „Sich-Zurückziehen“ Markos[2] führen und eine Öffnung zumindest erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Dennoch kann Markos Entwicklung die Entwicklung der gesamten Gruppe beeinflussen, da er außerhalb der relativ fest gefügten Strukturen steht. Ihm muß besonders viel Aufmerksamkeit zugewandt werden. Dies war in den Hospitationsstunden besonders meine Aufgabe. Dabei bemerkte ich, daß er zwar schreiben kann, dies ihm aber nicht besonders leicht fällt, ebenso verhält es sich mit dem lauten Vorlesen, das von ihm nicht unbedingt gefordert werden sollte.

Die Vorkonfirmandengruppe scheint trotz eines jährlich von Herrn Nolde und Frau Seibt für Konfirmanden und Vorkonfirmanden durchgeführten gemeinsamen Rüstzeitwochenendes über ihre schulischen Zusammenhänge hinaus keine weiteren gemeinsamen Gruppenaktivitäten zu haben. Die Mitarbeit ist ziemlich schlecht, mit Ausnahme von Franze und Tazilo muß den meisten oft jede Wort förmlich „aus der Nase gezogen“ werden.

Die Ursache für die mangelnde Beteiligung an Unterrichtsgesprächen könnte mehrere Ursachen haben: Zum einen die fehlende Sicherheit, das Abtasten, die für die Zeit der Umbrüche, in der sich die 12 und 13jährigen befinden, charakteristisch sind. Dies und die zusätzliche Unsicherheit durch den Gebrauch einer „kirchlichen Sprache“, die nicht ihre Alltagssprache ist, sowie eine gewisse Angst gegenüber der Pastorin etwas Falsches zu sagen, und von dieser korrigiert und so vor der Gruppe blamiert zu werden, können ein Aspekt sein. Ein anderer kann der mehr oder minder puren Desinteresses sein, wenn das Thema die Jugendlichen nicht erreicht, es nicht gelingt, eine glaubhafte Beziehung zwischen dem Thema und den Konfirmanden und ihrer Welt herzustellen.

Die Disziplin der Gruppe ist sehr unterschiedlich und nahezu proportional zum Grad der Beschäftigung. Der gesamte Konfirmandenunterricht findet in einem Gebäudeteil mit eigenem Eingang in Winzerla statt, der vor ca. drei Jahren von der Kirchgemeinde angemietet wurde und bis dahin wohl als Kindergarten diente. In dem Gebäude befindet sich nun neben der Kirchgemeinde auch eine Anlaufstelle der Volkssolidarität. Der Unterricht findet in einem kärglich ausgestatteten relativ großen Raum dieses Gebäudes statt. Neben einigen niedrigen und halbhohen Schränken an den Wänden, wird dieser Raum mit Ausnahme von wenigen Zeugnissen kirchlicher Kinder- und Jugendarbeit allein von einem sechseckigen Tisch mit mehreren Stühlen gefüllt. Dieser befindet sich diagonal der Tür gegenüber. Die Leere des Raumes scheint sich oft auch in den Köpfen der Kinder widerzuspiegeln.

Die Eltern der Konfirmanden scheinen im Rahmen der Gruppe keine oder nur eine minimale Rolle zu spielen, nur Markos Vater trat in den Hospitationsstunden in Erscheinung, als er Marko zu dessen erster Unterrichtsstunde brachte. Sicher ist aber der Wunsch ihrer Eltern bei fast allen zumindest einer der Hauptgründe den Konfirmandenunterricht zu besuchen.

Nicht alle besuchen immer den Vorkonfirmandenuntericht, fast immer fehlt mindestens einer oder eine der Jugendlichen. Die Regel ist dabei entschuldigtes Fehlen, aber nicht selten bleibt auch eine Entschuldigung aus.

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