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1.2.     Beschreibung der Gruppe in Bezug auf das Thema

Zu Beten – das ist für die Vorkonfirmandengruppe ein Problem. Das Gebet ist fast nur aus dem Gottesdienst, bei Franze wohl mehr von den Großeltern her, und dem Vaterunser zu Beschluß der Unterrichtsstunde ein Begriff. Selbst und/oder frei scheinen die Jugendlichen kaum zu beten. Zum Beten scheint ihnen nur die klassische mitteleuropäische  Gebetshaltung, mit gefalteten Händen und gesenktem Kopf ein Begriff zu sein. Das Vaterunser, das für gewöhnlich zum Beschluß der Stunde gemeinsam gebetet wird, scheinen nicht alle auswendig zu können, denn es wird vielfach aus den Konfirmandenmappen oder der Bibel abgelesen.  Werden im Unterricht Gebete gelesen oder vorgelesen, so ist besonders bei Franze, aber in Ansätzen auch bei Tazilo, eine durchaus kritische Reflexion zu beobachten. Daraus schließe ich, daß zumindest diese beiden eine gewisse Erfahrung im passiven Umgang mit Gebeten haben, auch wenn die des aktiven Umgangs wohl eher gering sein dürfte.

Beten bedeutet für die Schüler das Aufsagen von abgelesenen oder auswendig gelernten und für sie mehr oder minder verständlichen Texten mit gefalteten Händen.

„Konfirmandinnen und Konfirmanden sind im allgemeinen nicht besonders begeisterungsfähig, was das Beten angeht.“ [3] Dies trifft auch auf die Winzerlaer Vorkonfirmandengruppe zu. Allerdings ist unter den Umständen einer normalen KU-Stunde das Experiment eines Raumes der Stille nur schwer möglich, so daß andere Wege gefunden werden müssen. Gelingt es nicht, die Gruppe zu begeistern, so wird sich dies durch Störungen oder gar Verweigerung bemerkbar machen. Bei jeder Behandlung des Gegenstandes „Beten“ muß auch in dieser Gruppe darauf geachtet werden, daß nicht „ ... Erwachsene ihnen bezüglich der Wirksamkeit des Betens falsche Versprechungen gemacht ...“[4] werden, da sonst eine kaum wieder aufzubrechende Ablehnungshaltung gegen das  Thema entstehen kann. Ebenso problematisch ist für die 12 und 13jährigen das Beten „auf Befehl“ und unter Kontrolle im Konfirmandenuterricht allemal, da sie hier etwas tun müssen, „das sie nicht nach längerem Exkurs als etwas Sinnvolles und Gutes verstanden und in eigener Entscheidung bejaht haben“[5], sondern etwas, das ihnen abverlangt wird. Interessant werden daher Modelle die Jugendlichen so an das Beten heranzuführen, daß sie „die Rolle eines Beters bloß ausprobieren, aber innerlich noch in einer gewissen dazu Distanz bleiben dazu können.“[6] Walter Neidharts Mahnung, darauf zu achten, daß „nie ein Jugendlicher in die Lage kommt, gegen seinen Willen beten zu müssen“[7], halte ich für außerordentlich angebracht und berücksichtigenswert, um den Jugendlichen einen Zugang zum Gebet nicht zu verbauen. Auch eine vorgeschriebene Gebetshaltung kann für einen Jugendlichen ein Zwang sein, wenn sie nicht seinen Emotionen, seinem Seelenzustand entspricht.

Was kann Jugendliche ermuntern, sich auf das Beten einzulassen ? Im Beten können sie Erfahrungen sammeln, Erfahrungen, die ihnen eine Hilfe in der Alltagswelt sein können. Jugendliche können das Beten nicht lernen, sie müssen es erfahren. Dies darf nicht unter Zwang geschehen, denn „vielleicht entwickelt sich dadurch eine lebenslängliche Aversion gegen das Beten.“[8] Damit wäre mehr verloren als gewonnen. Erfahrungen, die Jugendliche in der Pubertät mit dem Beten sammeln, können aber müssen nicht sein: Freiheit, ein Freiraum für Gefühle, Worte, Gedanken und Haltungen, Geborgenheit, das Gefühl, nicht allein zu sein.  Gerade die Freiheit, eines ihrer größten Ziele, finden sie dabei fast nie, wenn ihnen Gebete aufgezwungen (aufgepfropft) werden, sie das Beten lernen müssen.

Die meisten der Vorkonfirmanden kennen das Gebet und die damit verbundene Haltung mit gesenktem Kopf und gefalteten Händen nur als in der Kirche, in kirchlichem Rahmen oder evt. auch zu Hause als einen von Erwachsenen praktizierten und ihnen mehr oder minder aufgezwungenen Ritus. Dies macht sich in der rituellen Annahme der Gebetshaltung zum Beschluß der Stunde bemerkbar, auch wenn das Gebet noch nicht abgelesen wird, und ist auch unabhängig vom gelesenen Gebet. Die Ablehnung dieses Ritus[9] und eine fehlende Kenntnis des freien Gebetes kann auch ein Grund für eine ablehnende Haltung dem Gebet allgemein gegenüber sein. Hier kann die Erfahrung anderer Gebetshaltungen ein Aufbruch sein.

Frau Pastorin Seibt erzählte mir, das Thema „Gebetshaltungen“ vor einiger Zeit bereits theoretisch anhand des Lehrmaterials behandelt zu haben. Sie fand die Idee einer kreativen Bearbeitung des Themas jedoch äußerst interessant, zumal die von mir zu haltende Stunde am 24. Juni die letzte Unterrichtsstunde vor den Sommerferien ist. Zu bedenken ist bei der Anwendung von freieren Formen des Unterrichtes in dieser Gruppe jedoch, daß besonders dann, wenn Fremde zur Gruppe hinzukommen, die Jugendlichen sehr leicht unruhig werden und einen gewissen Drang haben besonders aufzufallen. Dieses Aufmerksamkeit versuchen sie gern durch Störungen zu erreichen. Besonders kritisch sind hierbei Jana und Stefanie sowie Franze und Sandra zu beobachten. 

Durch die bereits erfolgte erste Behandlung des Themas  mit einem Teil der Gruppe dürften den Konfirmanden bereits einige Gebetshaltungen bekannt sein. Dabei ist allerdings zu beachten, daß Marko zu jener Zeit noch nicht am Unterricht teilnahm und auch einige andere wegen einer Klassenfahrt fehlten . Für sie und die, die diese Stunde schon wieder vergessen haben, können die im Unterrichtsraum aufbewahrten Mappen, mit ihren Bildern, oder biblische und andere Texte, die Gebetshaltungen beschreiben, sicher ein guter Anstoß ihrer Phantasie sein. Es ist jedoch zu beachten, daß Marko an dieser Behandlung nicht teilgenommen hat und besonderer Aufmerksamkeit bedarf.

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