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Inselnachrichten Nr. 6

Haramsøy, 27.09.2004

 

Eine dicke Regenwolke kommt übers Meer,

eine dicke Regenwolke leise und schwer.

Hat den Bauch voll Wassereimer,

so viel Wasser trägt sonst keiner.

Will die Welt begießen,

die Felder und die Wiesen

und auch mein Radieschenbeet,

das habe ich allein gesäht.

Plitsche platsche Regentropfen,

wie sie auf die Dächer klopfen,

machen alles blitzeblank.

Lieber Regen, vielen Dank!

Hast es wirklich gut gemeint,

mach nun daß die Sonne scheint!

(Aus: Reinhard Lakomy- Der Traumzauberbaum)

 

 

Seit 2 Wochen regnet es hier fast ununterbrochen und langsam drückt das etwas aufs Gemüt. Warm ist es eigentlich noch, Sonne gibts auch zu sehen mitunter, wenn es doch nur nicht so naß wäre. Da ist es trotz Regensachen doch nicht so angenehm draußen. Trotzdem waren wir, d.h. Paulchen und ich (Jana) fleißig Pilze sammeln. Hab noch extra „Wandergummistiefel“ gekauft. Paulchen auf dem Rücken, in jeder Hand ein voller Korb Pilze. Gefühltes Gewicht pro Korb: 10 Kilo (ist vielleicht gar nicht so fern der Wahrheit).

Überhaupt hatten wir eine tolle „Erntesaison“: Beeren aller Art, nicht zuletzt endlich auch Erdbeeren, Salat, Kohlrabi, Erbsen und 3 bis 4 Möhren.

 

Anfang September waren wir 2 Wochen auf der Insel Kreta im Urlaub. Uns ziehts irgendwie immer auf Inseln…

Schön war`s und warm. Es klappte im Großen und Ganzen auch ganz gut mit Paulchen. Das Fliegen findet er langweilig. Und als er feststellen mußte, daß das Fellbüschel da vor uns keine Miezekatze („Eidi, ei, eia!“), sondern die Frisur einer bemitleidenswerten Mitreisenden war, war die Laune ganz verdorben. Aber endlich angekommen hat er sich an Strand vergnügt und sah immer aus wie ein paniertes Schnitzel. Überall Sand, sogar in der Windel. Die Männer haben gebuddelt, d.h. Michael hat Sandburgen gebaut und Paulchen sie wieder eingerissen.

Zwischendurch haben wir alte Klöster und Kirchen besucht. Auch die Ausgrabungsstätte des Minoerpalastes Knossos haben wir gesehen. Durch die romantischen Städte Chania und Rethymion sind wir geschlendert, durch die Hafenviertel und an schön restaurierten venezianischen  Häusern vorbei. Das ging ganz gut, denn wir haben es so gelegt, daß unser Juniorchef auf den Fahrten schlief und am Zielort beschäftigt war: Pferdekutschen angucken, Hoppereiter auf Papas Schultern und auch ein bißchen ausgraben am Palast. Einmal sind wir an eine „blaue Lagune“ an der Ostküste gefahren, da ist der kleine Herr sogar mal freiwillig ins Wasser gekrabbelt, denn dort waren nicht so viele Wellen wie dort wo wir wohnten. Und abends immer schön essen gehen… Man glaubt gar nicht wozu die rudimentären Altgriechischkenntnisse eines Pfarrers im modernen Griechenland so nütze sein können. Lesen kann er, verstehen nicht.  ;-)

 

Aber auf Haramsøy ist es auch schön. So dokumentiert unser Gästebuch wieder viele liebe Freunde und Verwandte, die wir bei uns willkommen heißen konnten. Das macht doch auch den Sommer erst zu dem was er ist. Lange draußen sitzen, was Gutes essen und diskutieren… Obwohl das mit dem Draußensitzen dieses Jahr so eine Sache war.

Als Niko und Janine eines ruhigen Abends überraschend bei uns klingelten, hatte endlich mal jemand unsere Einladung:“ Schaut doch mal bei uns vorbei.“ erst genommen. Zitat uns dem Gästebuch:“ Wir wollten Euch nur kurz besuchen und sollten doch 3 Tage buchen!“ Schön!

Die Aussicht aus unserer Stube und unserem Gästezimmer hat schon so manchen begeistert. Im Moment gibt es hier eine herrliche Aussicht aus den Fenster. Himmel und Fjord sind hellblau und klar. Dazwischen die Bergkette auf dem Festland, an denen sich Wolken auf dem Weg ins Inland gestaut haben. Die sind wie Zuckerwatte um die Gipfel gewickelt. Auch die Nachbarinsel Longva ist in den Wolken, nur ganz unten der Uferstreifen wird von der Sonne angeleuchtet und schimmert grün in diesem Herbstlicht. Die Fähre kommt und Möwen eilen zum Kai um in dem aufgewühlten Wasser ein paar Fische zu fangen.

 

Jetzt gibt es doch noch ein paar trockenere Tage, so daß  Paulchen und ich nochmal im Garten was machen konnten (Unkraut jähten, Spinat sähen, Erde kosten und Erstbesteigung der Schubkarre) und das letzte Holz  gespaltet und gestapelt werden konnte, auch dieses mit Paulchens tatkräftiger Hilfe (und Stimme).

Den Lärm, den sein Pappa beim Sägen und Spalten fabriziert, kann Paulchen überhaupt nicht leiden.


Auch falls jetzt der Regen wieder einsetzt: Er ist gut gerüstet für den Kindergarten, Gummistiefel und Friesennerz sind eingeweiht und ab Dienstag geht‘s los. Er war ja schon ein paar mal mit, wenn Papiere zu ordnen waren und hat sich sofort auf die vielen neuen Spielsachen gestürzt und sich sichtlich wohlgefühlt. Er geht 3 Tage die eine Woche und 2 Tage die andere, entsprechend meinem Dienstplan. Es ist hier gleich um die Ecke, etwa 300m, und Micha kann ihn früh mitnehmen, wenn er zu Fuß auf Arbeit geht. Positiver Nebeneffekt! Die 2 Gruppen sind altersgemischt und verbringen viel Zeit im Wald. Es gibt 3 oder 4 in Paulchens Alter und die „kennen“ sich alle schon von den monatlichen Treffen der Mütterberatung. Jonas, z.B. ist genau 20 Tage älter und der Junior einer Freundin. Paulchens Zeichen wird die Katze sein, das passt doch wunderbar  bei unserem kleinen Katzendompteur. Ich gehe erstmal zurück in die 50% Stelle in der Hauskrankenpflege und wenn alles wie geplant klappt, wird vielleicht auch etwas Zeit für ein paar Wachten im Krankenhaus sein. Das lohnt sich zwar nicht wirklich, wegen dem langen Arbeitsweg und der Fähre, aber mir macht es Spaß und ich finde es wichtig sich fachlich etwas auf dem Laufenden zu halten. Einiges davon wird ja auch in der Hauskrankenpflege gerne genutzt . Da gibt es neues in der Wundversorgung oder  Routinen und Techniken, die geübt werden müssen, wie z.B. Magensonden legen , und die sonst selten vorkommen in der Hauskrankenpflege.

Ich freue mich jedenfalls auch wieder auf die Arbeit, auch wenn ich noch nicht so ganz einsehen will, daß mein Baby gar keines mehr ist. Plötzlich ist er schon ein kleiner Junge, der Autos und Bälle mag. Einer, der auf gar keinen Fall an einer Stelle setzenbleiben kann und der lieber an einer Hand  durch die Gegend wandern will.

 

Und was macht Michael? Hier kommt er mal zu Wort[1]: Manchem kann man wohl einfach nicht entgehen: Zum 1. Juli haben wir Pfarrer eine neue Dienstordnung erhalten. Zudem muß das Bistum wegen einer Fehlkalkulation einige Stellen einsparen. Umorganisierung steht auf dem Program und es wird wohl weniger Mittel für Vertretungen und freie Wochenenden geben. Der Dienst wird sicher nicht einfacher, bleibt aber weiter spannend. Eingeleitet wurde das ganze mit einen kleinen Pfarrkonvent in Sæbø. Dieser bescherte uns ganz nebenbei einen Besuch bei Bruno und Kari, unseren nächsten Verwandten hierzulande. – Auch nicht schlecht!

 

Spannend war auch ein Höhepunkt dieses Sommers: Der Besuch von Paulchens Patenonkel Christian mit einer Jugendgruppe aus Eisenach. Zu Olsok (29. Juli) hatten wir einen wunderbaren Freiluftgottesdienst auf dem alten Kirchplatz draußen in Haram, mit Gesang und Pantomime. In diese Zeit fiel auch die letzte Bootstour für längere Zeit. Als ich eines schönen Samstages den sonst so zuverlässigen Motor starten wollte, verweigerte dieser seine Dienste. Es brauchte mehrere Wochen um herauszufinden, daß der Zylinderkopf gesprungen war, und einiges Kleingeld um einen neuen  für den 30 Jahre alten Motor zu beschaffen. Jetzt tuckert er wieder und wartet nur darauf, daß ich endlich Zeit finde…

Vielleicht wird es ja während meiner Pappapermision. Nach einem Kurs in Oslo über die Pfarramtsleitung, dessen Inhalt sich wegen oben genannter Umorganisierung ohnehin bald überholt haben dürfte, warten vier Wochen mit besonders viel Zeit für Paulchen auf mich. Ich freue mich darauf und werde sie wohl auch dringend brauchen, denn in der Woche vor dem 1. Advent besucht Bischof Bondevik meinen Pfarrbezirk. Diesmal ist es kein Höflichkeitsbesuch zu einem Jubileum, sondern eine Visitas. Die Gemeinden werden unter die Lupe genommen und versuchen sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Alleine die Logistik eines solchen Bischofsbesuches auf vier Inseln ist eine Herausforderung an sich und ein Kraftakt für den Pfarrer.

 

In der Zeit der Pappapermision geht`s Mitte November für ein paar Tage nach Harstad in Nordnorwegen. Wir haben noch ein paar Flugmeilen übrig und nutzen sie um eine Freundin aus Janas Norwegischkurs  zu besuchen. Ich freu mich die Lofoten zu sehen und das besondere Licht dort oben. Die letzten Tage vor der Visitas fahre ich  übers Wochenende zum Jubileum der Evangelisch-Theologischen Fakultet nach Prag. Es ist also noch jede Menge los bevor  die letzten Inselnachrichten für dieses Jahr vor Weihnachten erscheinen sollen.

Daß dieses erst die zweite Ausgabe der Inselnachrichten ist, hat übrigens auch seine Ursache in einem kleinen Filmprojekt über Paulchens erstes halbes Jahr, von dem wir eine DVD erstellt haben. Paulchen ist eben „Kult“. (Fanartikel können bestellt werden unter xyz.babywahn.vw J)

 

 

 

 

Alles Gute und viele Grüße von Jana, Michael und Paul



[1] Merke: Kursiv = Michas Text

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