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3.2. Das Armutsgelübde

3.2.1. Das Armutsgelübde im Gelübde vom Montmartre

Das Gelübde vom Montmartre ist nach Böhmer[30] von vornherein nur bis auf einen bestimmten Zeitpunkt angelegt, dem Zurverfügungstellen dem Papst gegenüber nach einer möglichen Wallfahrt nach Jerusalem bzw. ein Jahr nach der Erlangung der Erlaubnis zur Wallfahrt. Damit ist ein Gelübde ewiger Armut nicht gegeben. Lefèvre beruft sich nur gelegentlich auf das Gelübde und wird daher von Böhmer[31] als weniger aussagekräftig angesehen. Obwohl er eine Jahresfrist nicht ausdrücklich erwähnt, scheint das Gelübde auch nach diesem Text keinesfalls für ewige Zeiten eingerichtet gewesen zu sein. Ignatius[32] erwähnt zu diesem Zeitpunkt nichts von einem Armutsgelübde. Bemerkenswert ist nach dem Böhmerschen Text[33] die Ausnahme eines Zehrgeldes, die meiner Meinung nach ein Indiz für das praktische Denken der Iniguisten ist und für den Weitblick ihres Meisters Ignatius spricht: Nur soviel Frömmigkeitsformen, daß sie die Erreichung des jeweiligen Zieles nicht behindern.

 3.2.2. Das Armutsgelübde in der Formula Instituti von 1539

Das Armutsgelübde des Gelübdes vom Montmartre findet sich in der Formula Instituti hauptsächlich im IV. Abschnitt wieder.  Es ist hier im Unterschied zum Montmartregelübde ausdrücklich nicht von einer einmaligen Vermögensaufgabe die Rede, sondern davon, „perpetuam paupertatem“- fortdauernde Armut - zu geloben.

Wie kam es zur Entwicklung von der Vermögensaufgabe hin zur ewigen Armut ? Zur Beantwortung dieser Frage scheinen mir zwei Gesichtspunkte ausschlaggebend zu sein. Dies ist zum einen die literarische Form, besonders im Bereich der zeitlichen Pespektive, die eine Lebensregel von einem einfachen Gelübde unterscheidet. Zum anderen ist dies ein historisches Ereignis - die Priesterweihe von Javier, Lainez, Bobadilla, Codure, Rodriguez, Salmeron und Ignatius selbst. Bezeichnenderweise wählten sie als Weihetitel[34] neben ihren akademischen Graden das Gelübde ewiger Armut[35].

Zum ersten Aspekt: Die Formula Instituti ist im Gegensatz zum Montmartregelübde auf Dauer angelegt. Dies wird in der Mitte des V. Abschnittes durch die Formulierung „Haec sunt que de nostra professione typo quodam explicare potuimus, quod nunc facimus ut summatim scriptione hac informaremus tum illos qui nos de nostro vite instituto interrogant, tum etiam posteros nostros si quos, deo volente, imitatores unquam habebimus huius viae.“[36] besonders deutlich. Sie erfordert so auch dauerhafte Lösungen, wie die Verpflichtung aller, auch der zukünftigen Ordensmitglieder zu ewiger Armut. So ist die Formula ihrer Form nach nicht nur eine einmalige Verpflichtung wie das Gelübde, sondern eine auf eine sehr lange Zeitspanne hin angelegte Lebensregel, vergleichbar den Regeln anderer Orden.

Durch den Bezug der Formula auf einen Orden und nicht mehr nur auf einzelne Personen sind sicher auch die weitergehenden Erläuterungen zu Immobilien und regelmäßigen Einkünften zu erklären.

Der zweite Aspekt, der Weihetitel, macht eine persönliche Entwicklung  der Genossen deutlich. Zu ihrer Priesterweihe wählten die Genossen, die noch nicht Priester waren, 1537 nicht die Weihe auf Pfründe, die sie an einen Bischof gebunden hätten, sondern auf das persönliche Gelübde ewiger Armut und die Magistertitel der Weihekandidaten.

Die Weihe auch auf die Magistertitel findet im zweiten Teil der des IV. Abschnitts der Formula Instituti ihren Niederschlag.  Die Aussetzung des Armutsgelübdes für den Orden zum Zwecke der  geistigen Förderung, materiellen Unterstützung und Werbung von Studenten speziell der Theologie, hat vielleicht neben der Priesterweihe 1537 auch die Erfahrungen und Schwierigkeiten Inigos bei der Finanzierung seines Studiums in Paris,  die ihn zu Kollektantenreisen (Almosensammelreisen ) zu den Kolonien spanischer Kaufleute in den Niederlanden und London in den Jahren 1528- 1530 veranlaßten, als Hintergrund.

Diese Klausel ist sicher ein Ausgangspunkt für die spätere bedeutende wissenschaftliche Arbeit der Jesuiten.

Das auch die Theatiner[37] Einfluß auf das Armutsgelübde hatten, läßt sich im IV. Abschnitt erahnen. Dieser in jener Zeit gegründete Kleikerorden verpflichtete sich ebenfalls zur Armut, verzichtete jedoch auch auf das Betteln und kannte allenfalls den für das Überleben des Ordens wichtigen Passus der Erlaubnis der Annahme von Geschenken.

Außer im IV. läßt sich eine Wiederspiegelung des Armutsgelübdes auch zu Beginn des V. Abschnittes der Formula finden. Dort ist noch einmal eindeutig zu erkennen, daß sich Ignatius und seine Genossen vom Reichtum des Klerus und vor allem der Pfründenhascherei jener Zeit distanzierten.

 

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