Nr. 26

Haramsøy, 7. Oktober 2010
Jetzt blitzt und blinkt es, sowohl in der neuen Erdgeschoßwohnung in unserem Haus auf  Haramsøy, als auch auf unserem Konto. Das Bauprojekt ist abgeschlossen. Endlich ist der letzte Pinselstrich getan, der letzte Nagel eingeschlagen und der letze Wasserhahn angeschraubt. Hat ja auch bloß 2 Jahre gedauert… Mieter haben wir auch gefunden, ein junges Paar.


Selbst werden wir dort nicht einziehen, so hübsch wie es auch geworden ist, , denn für uns gilt auch weiterhin die Wohn- und Mietpflicht im Pfarrhaus, auch wenn uns ein Haus in nur 150 m Entfernung gehört. Doch so brauchen wir wenigstens nicht umzuziehen und die Aussicht auf den Fjord ist etwas höher am Hang auch besser. Die ständig steigenden norwegischen Immobilienpreise können uns jetzt jedenfalls nicht mehr schrecken. Und als noch gelernte DDR-Bürger ist gekonnte  Resteverwertung das A und O auf jeder Baustelle: ein luftiges Ein-Zimmer-Appartement fiel dabei auch noch ab und bietet uns eine konjunkturbeständige Wertablage (z. B für Straßenkreide, Sandschaufeln, Zollstock, schöne Steine und selbstgebaute Regenwurmbehausungen). Für Erwachsene geschlossen- das Baumhaus der Kinder;-)!

Ansonsten begnügen wir uns mit unserem mobilen „Dritthaus“. Der über 20 Jahre alte Wohnwagen Typ Bürstner 500 TM Club fand bereits im Herbst letzten Jahres zu uns, durfte aber den Winter statt draußen im Schnee in einer trockenen und warmen Halle verbringen. Im Sommer leistete er uns dann gute Dienste als Familienheim auf Zeit. Auch wenn wir wie Nomaden durch die deutschen und skandinavischen Lande tourten, konnten so die Kinder jeden Abend im gleichen Bett schlafen und wir hatten so doch gelegentlich eine Chance auf ein Glas Wein zu zweit oder mit lieben Freunden. Das Campingleben gefiel wie erhofft allen sehr, wir hatten Glück mit dem Wetter und das einzige was fehlte war ein Grill…Man lernt immer dazu. Strohhut, Grillschürze und Sonnenblumensandalen machen dann das Bild komplett….hehehe.

Eine längere Pause legten wir in der Feldberger Seenlandschaft ein. Daß wir zu fünft in unserem Faltboot RZ 85 Platz fanden, brachte uns durchaus anerkennende Blicke anderer Paddler ein. Die Kinder waren begeistert dabei und haben auch längere Touren gut mitgemacht. Für’s Baden war uns Nordlichtern das Wasser nicht zu kalt, auch wenn wir erst nach der großen Wüstenhitze in Deutschland eintrafen. Überhaupt haben wir jede Chance genutzt ins kühle Nass zu springen, teils um Paules Schwimmbemühungen zu unterstützen, teils aus Prinzip! Wann haben wir hier schon mal die Chance?

Zwischendurch haben wir uns gefragt, warumwir das eigentlich hier oben nicht öfters machen- in unserem sommerlichen Übermut…Wieder zuhause fiels mir (Jana) wieder ein. Wverbrachten einen warmen Sommertag am Strand und ich dachte: „Wär doch gelacht, wenn ich dieses Jahr nicht im Meer gebadet hätte…“ Nach 2 Minuten spürte ich meine Finger nicht mehr…

Nur Paul war bereits in der heißen Phasen des kontinentalen Sommers als Reisebegleiter von Uroma Balda nach Deutschland gereist. Nachdem die beiden 3 Wochen hier auf Haramsøy aufeinander aufgepasst haben, ging es weiter per Luftfracht ins Erzgebirge.  Auf dem Flughafen in Kopenhagen gelang es ihm durch das Übersetzen des „komischen Norwegisch“ , dasdort gesprochen wird zu imponieren. Ein tolles Programm gab es bei den Dresdner Großeltern: mit Bahnhofsbesuch, Parkeisenbahn und Verkehrsmuseum konnte er sein Interesse füralles was auf Schienen unterwegs ist stillen. Die Zeit als Feriengast in Holzhau und die Geduld seiner Oma nutzte er um seine Angst vor dem Wasser zu überwinden und die Freude am Schwimmen (mit Schwimmflügeln) zu entdecken. Mit Fahrradtouren, und Besuch auf Omas Arbeit (Arztpraxis) war der Aufenthalt perfekt. Wir denken  Paul  hatte die perfekten „Ferienspiele“ und hoffen die Großeltern auch.

Ein königliches Erlebnis für unsere drei Orgelpfeifen war die Aufführung von „Der König der Löwen“ in Hamburg. Nachdem wir unseren norwegischen Wohnwagen und unser tschechisches Auto auf einem deutschen Campingplatz direkt hinter einem schwedischenMöbelhaus geparkt hatten, brachen wir am Morgen in die Weltstadt Hamburg auf. Unsere Zugfans kamen in der weltweit größten Modelleisenbahnanlage im Miniaturwunderland in der Speicherstadt voll auf ihre Kosten. Die anschließende Stadtrundfahrt wurde zur Erholung genutzt. Das Musical als Höhepunkt des Tages am Abend konnte so die gesamte Familie, Karli inklusive, genießen. Er war aufmerksam und still und hat sogar die ganze erste Hälfte stillgesessen. Daß so etwas schon wieder mit der ganzen Familie möglich ist genießen wir wirklich. Dank unseres familiären Organisationstalents warte auch gleich nach der Vorstellung ein siebensitziges Taxi auf uns und brachte uns zurück zum Campingplatz.

Leider brachten das geräumige Taxi und 5000 km auf dem Mittelsitz hinten im Skoda Jana zu der felsenfesten Überzeugung, daß wir ein anderes Zugfahrzeug für unseren Wohnwagen brauchen. Für unseren gerade reparierten 10 Jahre alten Oktavia noch einen vertretbaren Preis zu erlangen, schien illusorisch. Deshalb kam das jüngere unserer Autos, der Roomster, auf die „Abschussliste“. Das schöne, aber zu kleine, silberne Fahrzeug mit seinen Ledersitzen wurde eingetauscht gegen einen praktischen siebensitzigen VW Caddy life in einer Farbe, die sich am ehesten als „Blaufichte“ bezeichnen lässt. Die Innenverkleidung hinten ist sparsam gehalten und in schmutzfreundlichen Metall und Plaste. Die sieben Sitze sind irgendwie ständig mit uns nicht verwandten Leuten im Kindergarten- und Grundschulalter besetzt, die scheinen sich also zu bewähren.

Weniger zufrieden waren wir mit dem Zustand unseres Gartens. Mit den Erdbeeren konnten wir unsere Katzenbepasser erfreuen. Sonst wuchs außer dem Gras durch den recht verregneten Sommer leider nicht viel. Für das was dennoch wuchs fanden sich leider nichtmenschliche Abnehmer, die nebenbei noch jede Menge Kollaterlalschäden hinterließen: Hirsche! Bisher war ihre wachsende Population nur Jana beim Spätdienst in der Hauskrankenpflege auf den Wegen oder durch die durch Hirsche verbreiten Zecken aufgefallen.

Für den ein oder anderen Verbiss im Frühjahr hatten wir auch noch ein gewisses Verständnis,und die Erdbeeren und die Kirschbäume waren bereits eingezäunt, aber das Verwüsten sämtlicher Obstbäume erforderte nun schnellesHandeln: In einer Nacht-und-Nebelaktion wurde mit 15 Meter Maschendrahtzaum  die letzte Lücke zum Wald geschlossen. Jetzt hoffenwir nur, dass er auch hoch genug dafür ist, um die Hirsche auf den rechten Pfad der Tugend zurückzuführen.

Etwas Erfreuliches aus dem Gemeindeleben: Wo vor einem Jahr kaum 6 Gemeindeglieder Gottesdienst feierten, sind es jetzt 50 bis 60 und mehr auf Lepsøy. Nicht schlecht bei 300 Einwohnern der Insel! Vieles ist geschehen, seit die drei Damen des Kirchgemeinderates auf Lepsøy ihre Begeisterung für den monatlichen Gottesdienst und sonstige Veranstaltungen der Art entdeckten. Sie haben Spaß dabei und das merkt man: Es wird eingeladen, persönlich und mit Zetteln in Briefkästen. Es gibt einen Fahrdienst und nach jedem Gottesdienst einen Kirchenkaffee und Begeisterung, die ansteckt.

Bisher ist Michael auch noch zu jedem Gottesdienst nach Lepsøy gekommen. Manch anderes war

hingegen schwer zu erreichen, denn die Fähre, der Nabel unserer Inseln, hat uns in letzter Zeit leider

etwas zu oft im Stich gelassen. Ein altbekanntes Lied. Es liegt nicht an den Fährleuten, die versuchen

wirklich ihr Bestes. Doch seit einigen Jahren, werden nach europäischem Recht Fährstrecken

ausgeschrieben und an die Gesellschaft vergeben, die sie mit dem geringsten Staatszuschuss betreibt.

Dies sollte eigentlich dazu führen, dass die Strecken preiswerter und mit neueren Fähren betrieben werden. Bei uns jedoch führte es dazu, dass eine Gesellschaft die Strecke mit Fähren betreibt, die weit älter als wir sind und entsprechen oft ausfallen. Wenn zudem die vorgeschriebene Reservefähre in der Werft ist, oder mal wieder als Ersatzteillager genutzt wird, kann es schon passieren dass die Fähre dann eben mal 12 bis 24 Stunden ausfällt … Da die Fähre auch langsam  zu klein wird, sind einige Inselbewohner richtig begeistert. Doch da 2016 Tunnel und Brücken zwischen den Inseln und zu Festland fertig sein sollen, gibt es ja Licht am Ende des Tunnels. Doch wehmütig wird es auch sein,  wenn dann die vielen Gespräche auf der Fähre wegfallen und mit Micha der letzte von einstmals 4 Inselpfarren in der Probstei (Kirchenkreis) fest ans Festland angeschlossen wird.

Alltag ist auch wieder schön nach 4 Wochen Ferien. Der sieht so aus: Aufstehen, frühstücken, Kindergarten und Arbeit- oder auch nicht, je nach Dienstplan später am Tag, Kinder holen aus dem Kindergarten, Paule kommt geradelt, essen machen, Kinder baden je nach Kontaminationsgrad, Sandmann und Bett, Arbeit Teil 2 bis 4, alternativ Leiterkreise, Hauskreise, Chorprobe, in Ausnahmefällen: abend zu zweit mit Wein oder Bügelwäsche. Klingt langweilig, fühlt sich aber abwechslungsreich, stressig und turbulent an. Wir sind dankbar für diesen Alltag mit unseren 3 Quirlen den sich so mancher wünschen würde. Sie sind lustig, fröhlich, phantasievoll und gesund.

Was neu ist, ist daß Paul und Jana jetzt Aspiranten (Anwärter) im örtlichen Schulorchester sind ;-) zu deutsch: Trompetenunterricht nehmen. Zusammen mit 2 anderen Mitschülern und einer anderen Mutter sitzen wir also 1 mal die Woche auf viel zu kleinen Stühlen und versuchen schöne Töne zu produzieren. Paules „Karriere“ begann übrigens zur FußballWM: auf einer Vuvuzela in der Holzhauer Partygarage. Pädagogisch war es eine gute Idee von der Orchesterchefin uns Eltern mitzuverpflichten. Schon allein, daß die Junioren es hinkriegen und wir „Alten“ nicht, motiviert ungemein… Wir können jetzt 5 Töne und schon 5-6 Lieder spielen.

Marianne ist jetzt bald 5 und kann endlich- worauf sie schon lange wartet- im Kinderchor anfangen, die singen und tanzen zu den Liedern und treten auch ab und zu auf. Das ist was für unsere Tanzmaus. Das kann eigentlich nur von Ballettunterricht getoppt werden, gibt’s hier aber nicht und sie weiß auch nicht, daß es sowas gibt. Also „psst“- alles „geheimlich“(O-Ton Marianne)!

Jetzt ziehen die 3 als Band durch die Wohnung: Paul voran mit Trompete, dann Marianne mit Mundharmonika oder Gesangsstimmchen und zuletzt Karli mit gelber Plastetröte! Einen Bandnamen haben sie auch schon: die „Hühnerband“.

Soweit also von uns. Wir freuen uns über alle Fanpost, wir versuchen auch alle zu beantworten;-) Kann aber gelegentlich etwas dauern.

 

Viele liebe Grüße an Euch von

Jana und Michael

Paul, Marianne und Karli

 

Dank sei dir, Herr,

für das Lied, das ich singe,

und den Trost, der von meinen Lippen kommt.

Dank sei dir, Herr,

für den Arm, den du um mich legst.

(Irischer Segenswunsch)

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