Inselnachrichten Nr. 4

Haramsøy, 19.12.03

 

Paulchen ist zum Klang der Geschirrspülmaschine eingeschlafen und ich denke, daß ich jetzt vielleicht ein paar Minuten habe, um wenigstens den Anfang der letzten Inselnachrichten für dieses Jahr zu schreiben.

Nicht, daß er sonst die ganze Zeit unruhig wäre oder beschäftigt werden müßte, aber die nötige Ruhe hat man dann doch nicht. Immerhin habe ich heute die ersten zwei Quarkstollen meines Lebens gebacken. Ganz so perfekt wie die von Barbara sehen die natürlich nicht aus, aber schmecken werden sie trotzdem. Und die Norweger an die ich die verfüttern will, verstehen davon sowieso nichts.

Den Stollen gibt es hier nämlich nicht, genauso wenig wie Weihnachtspyramiden und Räuchermännl.

Aber den Weihnachtsbaum und Lichterbögen im Fenster haben sie sich schon abgeguckt.

Es ist schon seltsam: so groß sind die Unterschiede in den Traditionen nicht, aber was solche Kleinigkeiten ausmachen!

Für uns ist ein Nachmittag mit Räuchermännl, Pyramide, Stollen und Tee der Inbegriff der Ruhe und Harmonie in der Adventszeit.

Aber als Michael neulich zu einem Arbeitstreffen eine kleine (!) Pyramide mit hatte, fanden sie das zwar sehr interessant und niedlich, aber nach einer Weile sagten sie, sie müßten sie etwas wegstellen: Es mache sie nervös, daß sich da was dreht die ganze Zeit. Sie könnten sich nicht konzentrieren...

So unterschiedlich kann man das sehen...

 

Micha will auch noch was zum Thema schreiben. Gleich vorweg: zum letzten Brief gab es einige Mißverständnisse, denn da hatte Micha auch ein paar Zeilen eingefügt und sich nur durch kursive Schrift zu erkennen gegeben. Ich, Jana, bin also kein Standesbeamter, das ist Michael, denn er kann rechtskräftige Ehen schließen. Kursiv heißt also: Micha will auch mal was dazu sagen. Ganz genau!

 

Einige auffällige Traditionen hier wären folgende.

"Julevask", das obligatorische vorweihnachtliche Putzen und Wienern des gesamten Hauses[1], mit dem sich die Damen des Hauses auf Weihnachten einstimmen.

Aus seelsorgerischer Erfahrung kann ich dazu berichten, daß es manchen jede Weihnachtsfreude verdirbt.

"Julebord", das inflationäre Ausrichten von Weihnachtsfeiern mit Büfett und richtig viel Essen (Räucherwaren, verschiedene Fleischgerichte, Schafs- oder Schweinerippen, Sauerrahmbrei mit zerlassener Butter, also nicht nur Kaffee, Kuchen und Plätzchen).

Hier muß lobend erwähnt werden, daß sich scheinbar einige daran erinnern, daß der Advent eigentlich eine Fastenzeit zur Vorbereitung auf Weihnachten ist, und deshalb das Julebord in das neue Jahr verschieben. Das hat allerdings zwei Seiten: Zum einen brauche ich dort dann nicht mehr zu erklären, warum das Kirchenjahr am 1. Advent beginnt, aber zum anderen dauert die Zeit der Mast noch länger. Dies trifft mich dieses Jahr besonders hart, da ich schon während der Schwangerschaft 3 Kilo zugelegt habe und die auch erst noch weg wollen...


Ansonsten wird gebastelt, geschmückt und eingekauft wie anderswo in der westlichen Welt auch.

Was ich sehr schön finde, sind die vielen Veranstaltungen die hier zu verschiedenen wohltätigen Zwecken stattfinden. Neulich war "Julemesse". Um das hiesige Schulorchester zu stützen, haben Eltern und Schüler gebastelt, gesägt und gebacken wie die Wilden und die Ergebnisse dann verkauft. Aber nicht nur Weihnachtsgestecke! Von selbstgebauten Puppenwiegen aus Holz über Holzschneidebretter bis zu verschiedene Weihnachtsleckereien war alles mögliche dabei. Stricksocken, Puppensachen, Türkränze.

 

Wir haben also unsere Tour mit der Hurtigrute nach Bergen[2] noch absolvieren können, bevor 5 Tage später, am 30.10.03 ein kleines Paulchen in unser Leben trat und uns zu Eltern machte. Zwei Tage vor meinem Geburtstag, ich kann also mit Stolz sagen noch mit 23 Mutter geworden zu sein. Paulchen wächst und wird runder und runder, er nimmt pro Woche ca. 400 g zu!

Ein prächtiger Bursche! Ganz genau heißt er eigentlich Paul Johan, denn auf dem Krankenhausflur grinste er mich an, wie ein kleiner Johan. Außerdem ist Jana ja auch eine Kurzform von Johanna.

Er ist ein ganz hübscher, kleiner Kerl, aber Eltern sind ja da immer etwas subjektiv, sagt man. Auf jeden Fall lächelt er viel und ist meistens ganz zufrieden mit sich und der Welt. Ein bißchen spielt er auch schon: langt nach einem Spielzeug das über dem Bett hängt und freut sich, wenn er es zum bewegen und klingeln bringen kann. Und nach einer Weile ist die Batterie runter und die Lichter gehen wieder aus (Augen zu). Auf norwegisch kann man das sogar so sagen: " han ligger på opplading". Er liegt zum Aufladen/ auf der Ladestation. Musik ist seine große Leidenschaft, besonders natürlich Live-musik. Er war ja immerhin 9 Monate lang mit auf den Chorproben. Zuletzt haben wir eine Weihnachtskantate gesungen, die besonders gut ankommt. Da staunt er mit offenem Mund und hört ganz genau zu.


Nachts schläft er ganz gut und wacht nur zwischendrin 1-2 mal auf wegen Hunger, aber das geht alles im Halbschlaf. Micha hat es da schon schwieriger, denn er kann dann nicht wieder einschlafen und muß doch am nächsten Tag arbeiten: " Und plötzlich bin ich wieder wach, weil das kleine frischgebackene Brötchen da im Körbchen einen Seufzer von sich gibt."

 

Wie jede ordentliche Zeitung haben natürlich auch wir unseren Jahresrückblick. Nur wollen nicht wir Euch sagen wer oder was das schönste und wichtigste ist, sondern wir suchen das Foto 2003. Die Fotos findet Ihr wie immer unter www.hoffmannfamilie.net .Wählt einfach Euer Lieblingsfoto aus, kopiert den Link in eine Mail, kopiert das ganze Foto in einen Brief oder beschreibt es und schickt das an uns. Das Ergebnis und den Gewinner eines verspäteten Weihnachtsgeschenkes gibt es dann in den nächsten Inselnachrichten.

Dort wird es auch Fotos von Paulchens Taufe geben, die am 8. Februar 2004 10.00 Uhr in der Rechenberger Kirche ansteht.

 

 Inselnachrichten als FDF mit Bildern

 

 

 

 

Wir wünschen einen besinnlichen 4. Advent und ein gesegnetes Fest!

 

Es grüßen von

N 62°38, 174'

E 6°16,125'

 

Eure Familie Hoffmann

Michael, Paul und Jana

 

 

 

 

 



[1] Und wenn ich schreibe "ganzes Haus" ist das auch so gemeint: Wände abwaschen, wenn nicht gar gleich neu tapezieren, Zimmerdecken schrubben, Gardinenwaschen und Weihnachtsgardinen (!) aufhängen, eben alles!

[2] Dort gab es tatsächlich einen echten "Käpt`n Hansen", Heinz! Info für Reinhard- Mey- Kenner

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