Inselnachrichten Nr. 13
Haramsøy, 14. September 2006
Es ist vollbracht! Die 30 ist überstanden und die dazugehörigen Feiern auch. Falls ich es doch einmal vergessen haben sollte: Vielen Dank für alle guten Wünsche und Geschenke!
Den Tag haben wir in großer Runde mit ca. 28 Stück Freunden, Arbeitskollegen und Gemeindemitgliedern gefeiert. Das Ganze fand bei uns zu Hause statt und der Plan war, dass schönes Wetter ist und die Gesellschaft sich in und ums Haus verteilt. Aber an dem Tag hatte es geregnet und es war dann abends zwar noch hell (momentan noch bis 20.30 Uhr) aber zu kühl. Aber alle fanden einen Platz und zu Essen war sowieso genug da. Bei den Kuchen hatten wir am Ende ein Luxusproblem. Zwar wissen wir dass es hier üblich ist, dass sich Torten und Kuchen bei größeren Anlässen einfach „ansammeln“, aber nachdem 2 der Gäste schon Bescheid gesagt hatten, dass sie eines der hier üblichen Wunderwerke mitbringen werden, dachten wir das wäre alles… Am Ende hatten wir 8 Torten inklusive einen Berg Waffeln, was also 1 Torte auf 3,5 Münder ergibt. Aber wir haben uns wacker geschlagen.
Auch wenn Micha es jetzt verkraften muss endgültig nicht mehr zur Jugend zu gehören, so war es doch Anlass für ein wunderschönes Fest.
Unsere Inseln sind immer noch nicht in die Karibik abgetrieben; das Festland ist immer noch regelmäßig zu sehen; aber dieses Jahr gab es auch hier einen richtigen Sommer. Für hiesige Verhältnisse… (Der Sommer vom letzten Jahr fiel ja leider auf einen Samstag, und da hatte Micha Konfirmandenunterricht.) Wir haben jede Menge Erdbeeren vertilgt, waren mit dem Boot unterwegs, es gab Strandtage, Fahrradtouren, Platschen in der Waschschüssel im Garten und wahlweise blau-, erd- oder johannisbeerverschmierte Kindergesichter.
Und es gab noch mehr zu feiern diesen Sommer. Im Juni waren wir in Deutschland im Urlaub und haben „alles mitgenommen“: Michaels Bruder Martin (genauer Dr. Martin) gab seiner Manja am Samstag vor Pfingsten das Ja-Wort. Während Paul, Marianne und Jana das Pfingstfest in der Lausitz in Klaus Hütte (bei „Fast-Minusgraden“) verbrachten, reiste Micha zurück nach Norwegen um die Pfingstgottesdienste zu halten. Anschließend ging es mit dem Auto über Oslo wieder nach Deutschland. Gerade noch rechtzeitig zum Kaffeetrinken anlässlich des 80. Geburtstages von Großi, seiner Großmutter, erreichte er als Überraschungsgast Wiederitzsch. Eine große Feier gab es später noch in der Holzhauer Feierhalle von Oma Barbara und Opa Norbert, zünftig mit Faßanstich und Lagerfeuer.
Der übliche Kurzbesuch in Prag und eine Tour nach Thüringen zu Opa Heinz und Oma Susanne durften natürlich nicht fehlen. Wir haben sehr viel erlebt und viele schöne Tage gehabt. Wir sind sogar braun geworden! Nach dem 50. Geburtstag von Oma Viola, gefeiert auf der Bowlingbahn, ging es gemeinsam mit dieser wieder zurück in unser Inselreich. Auch wenn die Nachtfahrten auf dem Weg dahin für Micha und Klaus bedeuteten den Tagesablauf für zwei Tage auf den Kopf zu stellen, so waren sie durch die hellen Nächte einfacher als erwartet.
Mit Klaus’ und Violas Unterstützung ist es uns auch endlich gelungen ein großes und vor allem laaaaaanges Projekt in unserem Garten abzuschließen: ein Zaun. Mit dem können wir jetzt Paul und später sicher auch Marianne daran hindern einfach vom Sandkasten hinunter auf die Straße zu sprinten. Na, und ein optisches Highlight ist er auch, jetzt nachdem noch ein Eimer rote Farbe (Rørosrot…!) drangekommen ist. (Kratz, kratz…)
Ansonsten war es diesen Sommer eher dünn besiedelt im Gästezimmer. Ihr könnt uns doch nicht so hängen lassen, Leute! Wer soll denn die ganzen Erdbeeren aufessen und wer fährt mit Micha zum Angeln raus? Und überhaupt, was sollen wir eigentlich die ganzen langen, hellen Sommerabende anfangen, wenn niemand da ist zum gemütlich draußen sitzen und unterhalten?
Ein paar Unerschrockene haben uns dann doch noch gerettet: 3 mal hatten wir Überraschungsbesuch! Erst kam Konstanze, eine ehemalige Mitschülerin von Micha und ihre Eltern die auf Norwegentournee waren (Vielen lieben Dank für den lieben Brief und die Fotos!). Dann Olli, Imke und Eric, die zu allgemeiner und Paulchens besonderer Freude gleich ein paar Tage geblieben sind (Paule ist jetzt ein begeisterter Fußballspieler!) und zum Schluss legten noch Günther aus Dresden und sein Maat Rainer mit dem Segelboot hier an. Die waren, man glaubt es kaum, über Michas kleines „Mariascheinbuch“ auf uns gekommen und wollten für einen Doku-Film über Norwegen mit Micha reden. Ich glaube, wir müssen bald einen Fanclub aufmachen ;-)
Paul hat inzwischen ein ganz gutes Personengedächtnis und kann mit Hilfe unseres Gästebuches alle Familienmitglieder auseinander halten, inklusive des gefahrenen Autotyps ;-). Sein neues Hobby ist das Telefonieren: Wann immer jemand anruft, den er kennt, muss auch Paule telefonieren. Großer Bruder sein bringt einige Privilegien mit sich. Einen Sonntag im Monat fährt er gerne mit Papa nach Fjørtoft und ist dort ein richtiger Kirchgänger geworden. Mit Joveig der Kirchendienerin als Ersatzoma und Gesangbüchern zum Stapeln steht er jeden Gottesdienst durch und auch zum Abendmahl kommt er inzwischen regelmäßig mit. Er weiß, dass Jesus ihm etwas Wichtiges gibt und ist sehr andächtig dabei. Hier ist es auch kein Problem, er ist getauft und solange wir als Eltern nichts dagegen haben, darf er auch zum Abendmahl. Es ist sowieso nicht zu verstehen sondern nur zu glauben. Und wer kann das besser als Kinder? „Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Mk 10,15). Eines Abends fragte er plötzlich, wo denn Jesus jetzt ist: „Jesus hin? Jesus wohnt?“ Diese theologische Frage überließ seine Mutter dann doch dem etwas überraschten Fachpersonal im Hause, der seinem Sohn dann erzählte, dass Jesus auf ihn aufpasst, auch wenn er ihn nicht sehen kann. Und- untheologisch, aber kindgerecht: „Er wohnt im Himmel!“ Er war es zufrieden und schlief selig ein.
Marianne hat jetzt die Vorzüge der Fortbewegung entdeckt, und die Zeiten wo sie wie eine Königin im Kinderwagen saß und uns beim Arbeiten zuschaute sind vorbei. Jetzt wird mitgearbeitet!
Endlich hat sie auch angefangen „richtige“ Portionen zu essen mit ihren 2 kleinen Zähnchen, und nicht nur zu kosten, der Energiebedarf ist wohl gestiegen. Alles wo Kartoffeln drin sind ist akzeptiert, Haferbrei grade noch so, ansonsten soll es so aussehen wie bei den Großen und auch so gegessen werden, nämlich SELBER!
Ein Glück, dass sie waschbar ist. Zwar nur Handwäsche, aber naja…
Jetzt hat sie auch herausgefunden, dass man alles was man nicht mehr will oder schafft auf den Boden schmeißen kann. Macht ja nix, kommt ja nix um. Kann man ja später von der Kehrschaufel wieder runtersammeln…
In der Gemeinde Haram (bestehend aus Haramsøy, Lepsøy und Longva) liegen zur Zeit viele Projekte auf Eis, da der Kirchgemeinderat mit sich selbst und mit dem Pfarrer nicht richtig vom Fleck kommt. Die letzte Ratssitzung ist schon vier Monate her (sie fand während meines Urlaubs statt) und die letzte an der ich teilgenommen habe schon fast ein halbes Jahr.
Eine echte Zusammenarbeit gibt es dagegen in der kleinen Gemeinde Fjørtoft und sie trägt Früchte. Im August besuchten 16 Jugendliche und 2 Leiter aus den Kirchenbezirk Dippoldiswalde in Sachsen die Insel, nachdem im Sommer 2005 die Jugendlichen von Fjørtoft mit mir zusammen Sachsen besucht hatten. Eine Woche lang erkundeten sie die Umgebung mit Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie waren auch in den Gastfamilien zu Besuch, wo es von Krabbenfischerei bis Reiterhof alles zu erleben gab. Und Höhepunkt war ein gemeinsamer Jugendgottesdienst, von dem gleich zwei Tageszeitungen berichteten.
Während dieser Woche änderte sich das Leben für unsere Eilandnachbarn Christian und Annegret grundlegend: Am 10. August wurden sie Eltern des 2,5 Kilogramm leichten Jakobs, wovon gleich drei Tageszeitungen berichteten!
Paule freut sich über den neuen kleinen „Bruder“ und dass er weiter so schön wächst und bald mit ihm die Inseln unsicher machen kann.
Das Projekt Jugendaustausch auf Fjørtoft brachten wir auch ohne den frisch gebackenen Vater erfolgreich zu Ende. Es war ein wenig traurig, da auch die norwegischen Jugendlichen ihre Insel jetzt bis zum Abschluss der Ausbildung und vielleicht für immer verlassen.
ABER die nächsten Projekte stehen schon an. Micha fällt doch immer was Neues ein…
Nächstes Jahr wollen wir mit der älteren Jugend zwischen 20 und 80 Jahren einen Gemeindeausflug nach Prag, Sachsen und Berlin unternehmen.
Und dann wollen wir einem Ehrenamtlichen aus Dippoldiswalde im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes die Möglichkeit bieten sich zirka ein Jahr in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit in der Kommune Haram zu engagieren. Da laufen jetzt die Anträge und die Bürokratie, wäre schön, wenn das was wird.
In der „Barneforening“ („Kinderclub“, entspricht etwa Christenlehre) sind nach dem Sommer sehr viele Kinder gekommen. Bei 18 Kindern von 5 bis 10 Jahren stoßen wir Nichtpädagogen am unsere Grenzen. Wir haben neue Bewegungslieder gesungen, aus der Bibel und von Bangladesch erzählt, wo wir dieses Jahr für ein Schulprojekt sammeln werden und was gebastelt. Später war auch von Eltern zu hören, dass es den Kindern sehr viel Spaß gemacht hat, auch gerade weil so viele da waren. Es ist schön, dass unsere Bemühungen und Einladungsaktionen Erfolg hatten. Wir hoffen und beten für Mithelfer, vielleicht von den Vorjahreskonfirmanten? Für Sachsen nichts neues, für Norweger schon: Jetzt wollen wir ein Krippenspiel einüben, dafür gibt es hier keine Tradition und wir hoffen, dass es gut ankommt und vielleicht doch eine wird. Die Kinder sind jetzt schon begeistert, aber die Eltern haben ja die Fahrerei… Für uns Erzgebirgler fehlt einfach etwas ohne Krippenspiel.
Jetzt hoffe ich dass wir den Brief noch fertig bekommen, denn morgen wollen wir für ein paar Tage zu Paules Patentante Gerti. Das wird lustig!
Wir wünschen allen einen schönen Restsommer!
Viele liebe Grüße von den Hoffmanns
Jana, Michael, Marianne und Paul