Inselnachrichten Nr. 16
Haramsøy, 10. Oktober 2007
„So vergeht Jahr um Jahr und allmählich wird mir klar, dass man bleibt, dass man bleibt, dass man bleibt.“ So oder zumindest so ähnlich stellt sich die Situation für uns jetzt dar. Wir sind nach fast 6 Jahren immer noch hier oben in Norwegen und fühlen uns zuhause hier. Außerdem wäre die Lust auf einen Umzug zu fünft noch geringer als zu viert. Ab Ende Mai sind wir nämlich 5 x Hoffmann auf Haramsøy. Damit ist es raus: Wir erwarten unser drittes Kind! Und das sogar am norwegischen Nationalfeiertag, dem 17. Mai! Na, wenn das keine Pluspunkte gibt! Große Ereignisse werfen also ihre Schatten voraus, aber auch seit den letzten Inselnachrichten ist schon wieder einiges passiert:
Unser Urlaub hat Michael auf einen Schlag um ein paar Jährchen altern lassen. Nein, keine größeren Katastrophen haben das bewirkt… Er hatte sich zum 30.Geburtstag ein Statussymbol gewünscht! Eins wie es sich nur gestandene Männer der Mittelschicht leisten können, zu denen er sich jetzt zählen glaubte zu können. Eins mit kleinem Aufwand und großer Wirkung. Eben etwas das allen auf den ersten Blick vermittelt: Hier kommt einer, der kann was, der hat Respekt verdient!
Tja, wenn das mit dem älter werden und wirken immer so einfach wäre: Manche wollen es einfach nicht: In selbigem Urlaub an der französischen Atlantikküste diskutierten wir gerade noch mit Mariannes Opa Heinz und Oma Susanne bei Rotwein und Baguettes was wohl die Ursache dafür sein könnte, daß unsere Tochter nicht alleine läuft. Am selben Abend zeigten die morgendlichen Trainingstouren zum Bäcker auf einmal Wirkung und unser Töchti lief freihändig von Mama zu Papa und umgekehrt und ließ sich auch durch kleinere Stürze nicht wieder davon abbringen. Seit sie jetzt in den Kindergarten geht wird es immer stabiler. Heute können wir sie bereits zum Tischdecken einsetzen ohne gleich Angst um das Geschirr zu haben. Jetzt macht es ihr auf einmal Spaß, was sie sich vorher nicht traute.
Zurück aus dem Urlaub warteten bereits Oma Barbara und Opa Norbert auf Ihre Enkelkinder und so konnten sie mit den Kindern noch ein paar schöne Sonnentage erhaschen- und uns dabei helfen die Sommerpause des Kindergartens zu überbrücken. Wir waren sogar baden! Sie halfen uns auch unsere jährliche Holzaktion einem erfolgreichen Ende entgegen zu führen.
Das Holzstapeln übernahmen dieses Jahr freundlicherweise einige ehemalige Konfirmanden, denen wir nach nächtlichen Klingelaktionen vorgeschlagen hatten, ihre überschüssige Energie doch lieber so abzubauen. So haben wir dieses Jahr eine schöne Schneise geschlagen, damit die Sonne auf unserer Terasse nicht mehr so schnell hinter den Bäumen verschwindet. Und: wir haben jetzt ein Biotop! Die alten Äste bilden eine „Benjeshecke“. Die Sonne aber hat sich den ganzen Sommer kaum blicken lassen. Seit Beginn der Messungen hat es hier noch keinen so nassen und kalten Sommer gegeben. Soviel von hieraus zur Erderwärmung.
Das norwegische Klima konnte diesen Sommer auch Familie Möcker genießen. Johannes Möcker ist vielen sicher noch als der Pfarrer von Mariannes Taufe in Erinnerung. Glücklicherweise gab es bei uns genug Regensachen und Spielkameraden für ihre beiden kleinen Mädchen.
Anfang August brach Michael mit 14 Mitgliedern der Gemeinde Fjørtoft zu einer Gemeindetour nach Tschechien und Deutschland. Mit fast 10% der Mitglieder der Kirchgemeinde machte er Station in Prag, der Partnergemeinde in Kovanec, in Holzhau und in Berlin. „Das bewirkt mehr als 100 Predigten“ sagte eine der Mitreisenden. Auch wenn dies vielleicht übertrieben ist, so war die Tour doch wichtig für den Zusammenhalt in der Gemeinde, die unter Überalterung leidet. Diesen Sommer wurden dort die Mittelschule und der Kindergarten geschlossen. Für ein Kind alleine lohnte sich kein Kindergarten mehr und es ist auch schon einige Zeit her seit ein Kind getauft wurde, daß auf Fjørtoft wohnt.
Ab August hat Marianne dann im Kindergarten angefangen, was eigentlich kein Problem war, da sie ja schon oft dort war: zu Besuch, oder wenn wir Paule abgeholt haben. Nur die ersten paar Tage hat sie ihren Unmut darüber kundtun müssen, dass die Mama nicht dableibt. Aber besser nicht, denn wie das geht haben wir ja am den Eingewöhnungstagen gesehen. Im Kindergarten sollen nämlich alle Kinder draußen im Kinderwagen schlafen. Was bedeutet dass die die nicht mehr reinpassen in den Wagen leider mit dem Mittagsschlaf aufhören. Es ist hier nicht üblich, dass Kinder über 2 ½ bis 3 Jahre noch Mittagsschlaf im Kindergarten machen. Jedenfalls ist unsere Madam von zuhause das Bett gewöhnt gewesen und ich sollte sie also in den Wagen legen. „Na prima, das kann ja was werden!“, dachte ich. Also Kind einpacken, rein in Wagen, Hasi dazu („Der ist jetzt ganz müde und will schlafen- pscht!“) und Netz drüber. Schön ein bischen schaukeln, man will ja den Tanten im Kindergarten zeigen, das man das auch mal gelernt hat… Und friedlich liegt da das Kind und hält den Hasi im Arm… 2 Minuten lang. Dann wackelt es und um die Ecke aus dem Wagen guckt die kleine Maus und lacht! „Lustiges Spiel!? Gleich noch mal!“ Also hinlegen, einpacken, schaukeln und pscht! Nach 1 ½ Stunden habe ich aufgegeben, bin nach Hause und hab sie ins Bett gelegt. Und am nächsten Tag den Tanten im Kindergarten viel Glück gewünscht, bevor ich zur Arbeit bin… Überhaupt klappen manche Dinge im Kindergarten ganz automatisch, die man zuhause hart erkämpfen muss: aufräumen oder selber Sachen anziehen oder LAUFEN! Ab Mitte September 2007 können wir sagen, dass sie freihändig und freiwillig läuft, mit 21 Monaten. Es war einfach zu langweilig nur dazusitzen und zuzugucken im Kiga.
Im September machte Michael dann Ernst und nahm endlich mal sein Recht auf ein freies Wochenende im Monat in Anspruch und flüchtete mit der ganzen Familie nach Kristiansand. Dort besuchten wir seine ehemaligen Gasteltern und trafen auch den Pfarrer Odd Bjørnsen, der durch seine Hilfe und ein Praktikum in Kristiansand 1999 unser Norwegenprojekt erst zu starten half. Die meiste Zeit haben wir aber mit Frode, Mariannes Patenonkel verbracht. Im Tier- und Vergnügungspark konnten die Kinder dann „Kapitän Säbelzahn“, und andere Helden des norwegischen Kinderfernsehens näher kennenlernen.
Ansonsten ist noch neu, dass wir Anfang Oktober das erste Mal einen „Pfadfinder“- Nachmittag organisiert haben. Ziel ist es als ganze Familie draußen etwas zu unternehmen- bei jedem Wetter. Den Gedanken gab es schon lange, nur hatten sich noch nicht genug Leute zusammengefunden. Es gibt hier zwar viele Angebote für Kinder wie Schulkorps, Fußball und verschiedener Sport aber wer weder sportlich noch musikalisch ist fällt etwas raus. Außerdem ist es auch schön als Familie etwas zusammen mit anderen Familien zu unternehmen. Aber jetzt sind es 3- 4 Familien mit Klein- bis Schulkindern die mitziehen und da klappt so was von allein. Das erste Mal hatte wir riesiges Glück mit dem Wetter und es kamen auch gleich 45 Leute (ca.12 Familien)… unheimlich! Dann haben wir Würstchen versengt und über das Eichhörnchen erzählt. Eine Geschichte gehört auch dazu, Lieder natürlich und zum Abschluß ein Spiel.
Hm… Urlaub, Kinder, Gemeindearbeit… mehr gibt’s diesmal nicht. Ist ja fast schon langweilig im Vergleich zu sonst. Naja, sind wir eben mal langweilig. Und ich kann ja vielleicht damit trösten, daß es das nächste Mal einen Bericht aus Tallin gibt! Die Mama ist am zweiten Novemberwochenende auf Weibertour in die estnische Hauptstadt. Jiippee!
Eure 4,5 Hoffmanns