Trotz einiger kritischer Anmerkungen, scheint Die Norwegische Kirche den Demokratietest bestanden zu haben. Die Politiker waren bereit ihr mehr Freiheit zu geben. Doch ist sie nun immer noch oder schon nicht mehr eine Staatskirche? Ist sie schon eine Volkskirche für die ganze Bevölkerung oder doch nur eine Kirche für das norwegische Volk? Einfacher ist es jedenfalls nicht geworden.
Bis zum 21. Mai 2012 war die Sache einfach: Norwegen war ein Königreich, der evangelisch-lutherische Glaube Staatsreligion, Die Norwegische Kirche eine Staatskirche und der König ihr weltliches Oberhaupt. Praktisch bedeutete dies dass die Kirche Teil der Staatsverwaltung und keine eigene juristische Person war. Einen Glauben oder eine Weltanschauung zu haben wird als ein menschliches Grundbedürfnis angesehen und mit Der Norwegischen Kirche sichert der Staat eine Grundversorgung als staatliches Religionswesen bis auf die letzte Insel. So war es seit der per Dekret durchgeführten Reformation vor 500 Jahren. Seit 1999 entschied die Kirche auch selbst über alle Pfarrstellen. Nur Pröbste und Bischöfe wurden noch von der Regierung ernannt. Alle waren zufrieden, selbst die Muslime die lieber in einem christlichen als in einem säkularen Staat leben. Alle? Nein, nicht alle!
Die organisierten Atheisten, die 1,6 % der norwegischen Bevölkerung ausmachen und sich gern als Retter aller Nichtchristen aufspielen, konnten nicht mehr in einem christlichen Staat leben. In seltener Eintracht mit vielen Kirchenfunktionären, die endlich Herren im eigenen Haus sein wollen, gelang es ihnen die Politiker zu überzeugen: Staatskirche und ein christlicher Staat sind nicht mehr zeitgemäß. Beides gehört abgeschafft. Doch geht dies nicht am Ziel vorbei? Die meisten Norweger sind mit ihrer Staatskirche zufrieden. Das Problem ist eher das es nur die ethnischen Norweger sind, die einen immer geringeren Teil der Bevölkerung ausmachen. Die Norwegische Kirche ist trotz einiger halbherziger Versuche vor allem eine Kirche fast nur für Norweger und kaum gewillt dies zu ändern. Die Kirche soll die Tradition bewahren und Elemente aus anderen Kulturen werden da eher als störend empfunden. Für die meisten soll die Kirche da sein, wenn sie sie brauchen: zu Taufen, Beerdigungen, Konfirmationen, zur Wertevermittlung für die nächsten Generationen und als sicherer Hafen in Krisensituationen, wie im Sommer 2011. Ansonsten soll sie ihren Alltag so wenig wie möglich stören.
Seit dem 21. Mai ist nun alles anders. Das Grundgesetz ist geändert. Ich bin immer noch Staatsangestellter. Mein Staat hat keine Staatsreligion mehr, sondern nur eine Volkskirche. Diese ist immer noch keine eigene juristische Person sondern weiter ein Teil der Staatsverwaltung. Die Kirche wählt ihre Pröbste und Bischöfe selbst. Doch dies wird wohl nur zu einer weiteren Provinzialisierung beitragen. Bereits seit 1999 die regionalen Bistumsräte über die Besetzung der meisten Pfarrstellen entscheiden, wird es für Pfarrer immer schwerer von einem Bistum zu andern zu wechseln. Früher diente man seine Zeit JWD ab und konnte dann relativ sich sein eine „bessere Stelle“ zu bekommen. So ist es nicht mehr und so bewerben sich immer weniger Pfarrer in den Norden und abgelegenere Gebiete.
Auch der König wird sich nach eigener Intervention weiter zum evangelisch-lutherischen Glauben bekennen müssen. Seine Bekenntnispflicht hatte man abschaffen wollen, ohne ihn selbst zu fragen. Dies ging Harald V. dann doch zu weit und entgegen allen Gepflogenheiten wagte er es sich vorsichtig in die Politik seiner Regierung einzumischen.
Alles bleibt anders? Statt „Staatskirche“ eben „Staatskirche light“.
Verkürzt veröfftenlicht in den Mitteldeutschen Kirchenzeitungen: http://www.mitteldeutsche-kirchenzeitungen.de