Joralf Gjerstad ist 86 Jahre alt und kommt aus Sånsa nördlich von Trondheim. Deswegen nennt man ihn auch den Sånsamann. Er ist ein bescheidener, liebenswürdiger und demütiger Mann. Man sollte nicht erwarten, dass ein solcher Mann im ganzen Königreich bekannt ist. Doch der Snåsamann ist es, so wie es ihm als 21jährigem während seines Militärdienstes in Deutschland vorhergesagt wurde. Dort diente er in der norwegischen Brigade als Teil der britischen Rheinarmee in der Besatzungszeit nach dem Krieg.

 

Gjerstad konnte als Kind armer Eltern nur 5 Jahre lang die Grundschule besuchen. Er verweigerte sich nicht seiner Bürgerpflicht und war eine Zeit lang Lokalpolitiker für die Sozialdemokraten  und kurz sogar stellvertretender Bürgermeister. Der Snåsamann schrieb ein paar lokalgeschichtliche Bücher. Er arbeitete in der örtlichen Molkerei und 16 Jahre lang als „Klöckner“ in der Norwegischen Kirche. Dort ist seine geistliche Heimat. Dort bekommt er nach eigener Aussage seine Kräfte.

E sind seine Kräfte durch die der Snåsamann bekannt wurde. Bereits unter seinen Vorfahren soll es Menschen mit besonderen Gaben gegeben haben. Tausenden von Menschen soll Joralf Gjerstad in den letzten 50 Jahren geholfen haben: durch seine seherischen Gaben und seine „warmen Hände“. Er hat es immer abgelehnt, sich von Wissenschaftlern testen zu lassen. Es wäre deshalb einfach, ihn als Scharlatan abzutun. Doch das wäre zu einfach. Wenigstens das halbe Land glaubt an ihn, vom einfachen Mann, bis zum Minister und der recht frommen Kronprinzessin. Er wurde mit der königlichen Verdienstmedaille in Silber ausgezeichnet und 2006 sendete der Staatskanal NRK einen Dokumentarfilm über ihn.

Gjerstad hat sich nie für seine Hilfe bezahlen lassen. Er betrachtet seine Gaben auch nicht als sein Eigentum sondern als eine Gabe Gottes. Gott ist es der durch ihn wirkt, nicht er selbst. Gott gibt ihm Kraft, auch wenn die Kräfte des Snåsamannes nun durch das Alter schwinden. Seine Gaben hat er sowohl als Geschenk, als auch als Bürde und Pflicht erlebt. Es ist nicht einfach anders zu sein. Vieles was er gesehen hat, hätte er lieber nicht gesehen.

Der Snåsamann ist ein norwegisches Phänomen und er steht fest auf christlichem Grund. Gelegentlich äußert  er sich vorsichtig kritisch mit den Worten eines weisen alten Mannes zu Entwicklungen in der Kirche. Er ist alles andere als ein Rasputin. Seine Gaben sind wissenschaftlich nicht zu erklären. Doch er ist ein Beispiel dafür das es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als sich wissenschaftlich erklären lässt.

Er ist bescheiden geblieben. Das einzige, was man ihm vorwerfen kann ist, dass er Bücher über sich selbst und seine Welt geschrieben hat und dass diese keine Ladenhüter sind. Doch Bücher hat er auch früher schon geschrieben, bevor ihn das ganze Land kannte. Wer will es ihm auch verübeln, wenn er selbst schreibt, statt dass nur über ihn geschrieben wird?

 

Der Snåsamann ist eine Herausforderung für alle die sich für ihre behaupteten Gaben bezahlen lassen, aber auch für alle die Wirklichkeit nur in den engen Grenzen der Naturwissenschaft sehen. Ein Segen ist der alte Mann auch für all die, denen er geholfen hat. Ein gläubiger Christ ist er ohne Zweifel, der auch im Alter jeden Tag als ein Geschenk Gottes annimmt. 

 

Veröffentlicht in den Mitteldeutschen Kirchenzeitungen: http://www.mitteldeutsche-kirchenzeitungen.de