Jedes Jahr am Nationalfeiertag den 17. Mai feiert sich Norwegen mit Umzügen, Festreden, Kinderfesten und jeder Menge Eis und Würstchen. An diesem Tag feiert Norwegen sein Grundgesetz, das 1814 verabschiedet wurde und 1905 den friedlichen Weg in die nationale Selbstständigkeit ebnete. An diesem Tag wird viel über Demokratie und Menschenrechte gesprochen. Gerne vergessen werden an diesem Tag einige Bestimmungen des ursprünglichen Grundgesetztes, die im Laufe der Jahre geändert wurden, auch wenn es bis heute im selben altertümlichen Norwegisch verfasst ist.

Paragraph 2 ist einer der am häufigsten und gründlichsten veränderten Paragraphen. Die ersten Veränderungen geschahen bereits als der schwedische König im November 1814 das Grundgesetz für, das ihm im Wiener Kongress zugeschlagene,  Norwegen akzeptierte. Damals verschwand zu Beispiel das Recht auf Religionsfreiheit, das erst 1965 wieder aufgenommen wurde. Das letzte Mal wurde der Paragraph 2012 umfassend geändert als die Staatskirche unabhängiger vom Staat und der „evangelisch-lutherische Glaube“ als Staatsreligion abgeschafft wurde.

Bis 1956 stand dort 142 Jahre lang auch eine Formulierung, die dem neuen Papst eine Einreise nach Norwegen unmöglich gemacht hätte: Franziskus I., Jorge Mario Bergoglio, ist Jesuit, Mitglied der Gesellschaft Jesu, die sich zu unbedingtem Gehorsam dem Papst gegenüber verpflichtet hat. Das Einreiseverbot. Der erste Südamerikaner auf dem Stuhl Petri hätte also wegen seiner Zugehörigkeit zu dem von Ignatius von  Loyola gegründeten Orden nicht einreisen dürfen. Der Paragraph enthielt noch andere Einreiseverbote, die bereits früher entfernt wurden. Seit 1897 durften die Angehörigen anderer Mönchsorden wieder einreisen. Das Einreiseverbot für Juden wurde 1851 aufgehoben, jedoch unter Vidkun Quisling von 1942 bis 1945 wieder eingeführt. Quisling wurde unter andrem für diese eigenmächtige Grundgesetzänderung als einer der letzten in Norwegen zum Tode verurteilt und hingerichtet.

 

Einem Besuch des neuen Papstes in Norwegen stände als nichts im Wege und die 60 000 offiziellen norwegischen Katholiken würden sich darüber sicher sehr freuen und wahrscheinlich leben noch weit mehr römische Katholiken im Land, doch viele von ihnen sind nicht als Mitglieder registriert. Denn sie sind eine Einwandererkirche, stehen jedoch seit 2005 erstmals seit der Reformation und ihrer Wiederzulassung 1843 unter der Leitung eines norwegischen Bischofs. Bernt Eidsvik wurde bekannt, als er 1976 in Moskau für 101 Tage inhaftiert und erst nach längerer Intervention des Außenministers wieder freigelassen. 2005wurde er zum Bischof des katholischen Bistums Oslo geweiht. 2009 musste er sich mit dem Missbrauchsskandal um Georg Müller, den deutschen Bischof der Prälatur Trondheim auseinandersetzen, die er seit dessen Rücktritt mitverwaltet. Er hätte seinem neuen Kirchenoberhaupt also durchaus einiges zu erzählen.

Veröffentlicht in den Mitteldeutschen Kirchezeitungen: http://www.mitteldeutsche-kirchenzeitungen.de