In den ersten beiden Kapiteln des Königebuches lassen sich verschiedene Abschnitte ausmachen, in denen Bathseba erwähnt wird oder anderweitig eine Rolle spielt. Diese Abschnitte sind in 1. Könige 1 folgende Verse:
a) 11- 14 – Nathans Verabredung mit Bathseba
b) 15- 21 – Bathseba bei David
c) 22- 27 – Nathan bei David
d) 28- 31 – Davids wiederholte Zusage an Bathseba
Hinzu kommen folgende Abschnitte in 1. Könige 2:
a) 13- 18 – Adonijas Bitte an Bathseba
b) 19- 25 – Bathseba bei Salomo
Mit Ausnahme des Abschnittes c) in 1. Könige 1, 22- 27 ist in allen Abschnitten Bathseba erwähnt. Der ausgenommene Abschnitt bezieht sich allerdings direkt auf a) in
1. Könige 11- 14 und kann deshalb ebenfalls den Bathseba betreffenden Abschnitten zugeordnet werden.
In den Abschnitten a) und b) sowohl des ersten als auch zweiten Kapitels des ersten Königebuches, also in 1. Könige 1, 11- 14 und 15- 21 sowie 2, 13- 16 und 19- 25 wird Bathseba aktiv dargestellt sowie in wörtlicher Rede zitiert, diese Abschnitte dürften deshalb besonders interessant für die Beurteilung der Rolle Bathsebas sein
In Abschnitt d) des ersten Kapitels des ersten Königebuches- 1. Könige 1, 28-31- hingegen tritt Bathseba nur passiv als Empfängerin der Zusage für ihren Sohn auf.
Die Bathseba betreffenden Abschnitte in 1. Könige 1 und 2 stehen jedoch nicht allein, sondern ordnen sich in einen Erzählzusammenhang ein:
1.Könige 1 beschreibt die Thronbesteigung Salomos. In den ersten Versen wird berichtet, daß David alt geworden ist und er Abischag von Schunem als Pflegerin erhalten hat. Anschließend wird erwähnt wie Adonija, ein älterer (Halb-) Bruder Salomos, versucht, den Thron Davids für sich zu sichern. Aus dem Kreis derer, die Adonija dabei zu einer Opferfeier einlädt, werden Salomo und Nathan sowie einige andere explizit ausgeschlossen.
Daraufhin tritt Nathan in Aktion, der sich an Bathseba wendet und ihr einen Plan offeriert, die Machtergreifung Adonijas abzuwenden und mit Hilfe eines Schwurs, den David Bathseba einmal geleistet hat oder geleistet haben soll, den Thron für Salomo zu sichern. Entsprechend dieser Absprache begibt sich Bathseba nun zu David und berichtet ihm vom Machtergreifungsversuch Adonija und erinnert ihn an einen Schwur, den er ihr gegeben habe und der ihrem Sohn Salomo den Thron zusicherte. An dieser Stelle erscheint Nathan, der das von Bathseba Gesagte bekräftigt. Dies veranlaßt David Bathseba rufen zu lassen und ihr zu schwören, daß Salomo sein Nachfolger werden soll, er ergänzt diese Nachfolgeregelung dadurch, daß Salomo ab sofort statt seiner auf dem Thron sitzen soll.
Nach den darauffolgenden Anweisungen Davids über die Einsetzung Salomos als König werden diese ausgeführt und Salomo wird vom Priester Zadok zum König gesalbt. Als die Gruppe um Adonija dies erfährt, zerstreut sie sich und Adonija selbst flieht zum Altar, den er erst verläßt, als Salomo ihm unter der Voraussetzung seines künftigen Wohlverhaltens Unversehrtheit zusichert. Hier tritt Salomo zum ersten Mal als selbst handelnde Person in Aktion.
In den ersten zwölf Versen des zweiten Kapitels wird von Davids Tod und dessen letzte Anweisungen an Salomo erzählt. Diese Anweisungen betreffen, salopp gesagt, „alte Rechnungen“, die David noch mit ehemaligen Weggefährten, Feinden und Verrätern offen hat und deren Begleichung er nun seinem Nachfolger Salomo überträgt.
In der nun folgenden Episode erscheint der entmachtete, ehemalige Thronanwärter Adonija vor Bathseba, um diese zu bitten, bei Salomo für ihn um Abischag von Schunem zu bitten. Dieser Bitte nachkommend spricht Bathseba mit dem König Salomo.
Dieser allerdings interpretiert das Ansinnen Adonijas als Widerstand oder Aufruhr gegen ihn und läßt Adonija töten. Nun wendet sich Salomo den „alten Rechnungen“ seines Vaters zu, die er zum großen Teil durch den Tod der Betroffenen begleicht und somit gleichzeitig seine Macht festigt.
Bei den Abschnitten 1. Könige 1,11- 31 und 1. Könige 2, 3- 25 als Teil von
1. Könige 2,12- 46 sind als literarische Einheiten zu begreifen.
In 1. Könige 1,11- 31 lassen sich keine Wiederholungen außer denen, die durch die Szenerie zwingend sind, finden.
Es lassen sich allerdings zwei Spannungen ausmachen:
Die perfektische Form yiT:(aB:$én blickt auf einen Schwur zurück, der in den Versen 11 und 17 von Nathan und Bathseba erwähnt wird, von dem selbst allerdings nichts berichtet wird. Da was nicht geschrieben steht, nicht geschehen sein muß, gehe ich davon aus, daß diese Spannung in Kauf genommen oder sogar gewollt wurde. Eine andere Erklärungsmöglichkeit für das Fehlen des Schwures sehe ich in den Kapiteln 21 bis 24, durch die die Thronfolgegeschichte förmlich auseinandergebrochen ist. Da ein entsprechender Schwur thematisch entweder direkt vor 1. Könige 1 oder in 2. Samuel 12 gestanden haben müßte, ist nicht auszuschließen, daß er beim Einbau von 2. Samuel 21 bis 24 regelrecht „weggebrochen“, sprich: verloren gegangen sein könnte.
Eine weitere Spannung kann in dem Rufen nach Bathseba in Vers 28 gesehen werden, da nicht berichtet wird, daß sie beim Erscheinen Nathans vor David in Vers 23 den Raum verläßt. Dies kann jedoch gewollt sein, da eine solche Bemerkung den Erzählzusammenhang unterbrechen würde und auch keine solche Bedeutung besitzt. Sie dürfte also bewußt weggelassen worden sein.
Textkritisch kann ich weder in 1. Könige 1,11- 31 noch in 2,13- 25 Textzeugen entdecken, die für mich eine Änderung des masoretischen Textes rechtfertigen würden. Auch die Dopplung von hfTa(ºw in 1, 18 läßt sich als Zeichen des drängenden und hektischen Redeflusses verstehen.
Die Spannungen, die sich in 2. Könige 13- 25 aufdrängen, sind zum einen das von Salomo in Vers 20 gegebene Versprechen ihren Wunsch zu erfüllen und die anschließende Nichterfüllung dieses Versprechens. Das Verhalten, ein Versprechen, einen noch unbekannten Wunsch einzulösen, zu brechen, ist jedoch auch für uns fast schon etwas Geläufiges, so daß diese Spannung nicht als schwerwiegend angesehen werden kann. Gravierender ist da schon die Spannung zwischen der Ahnungslosigkeit mit der Bathseba in Vers 18 auf die Bitte Adonijas reagiert und die Reaktion Salomos auf eben jene Bitte in den Versen 22 bis 25. Die ist jedoch eine Spannung von der dieser Erzählabschnitt lebt und die deshalb nicht ungewollt sein kann.
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In diesem Textabschnitt fällt die relativ häufige Verwendung von rom)"l auf. Es wird in dem Bathseba betreffenden Abschnitt des 1. Kapitels des 1. Könige insgesamt nur drei Mal verwendet und es finden sich auch eine Reihe von wörtlichen Reden, die nicht mit rom)"l eingeleitet werden. Zwei der Verwendungen von rom)"l finden sich in diesem Unterabschnitt in den Versen 11 und 13. Die Bedeutung dieser Häufung könnte hier darin liegen, daß die für die weiteren Handlungen wichtigsten Intentionen gekennzeichnet werden:
· Adonija will König werden und ist es de facto auch bereits bzw. verhält sich so, als wenn er es wäre.
· Salomo soll nach David König sein und auf dessen Thron sitzen.
Dabei fällt auf, daß das zweite rom)"l nur vor dem Inhalt des Schwures steht und nicht vor der Erwähnung des Schwures an sich. Dies könnte eine Intention des Autors sein, dem es dann zumindest hauptsächlich um den Inhalt des Schwures geht und nicht darum, ob der Schwur zuvor überhaupt geleistet wurde. Ich muß allerdings einschränken, daß ich für meine hier geäußerten Beobachtungen und Vermutungen keine andere Grundlage als diesen Text habe.
Eine weitere interessante Form ist |alfm in Vers 11. Gesenius-Buhl bietet folgende Übersetzungsvarianten: „herrschen, König sein“ oder „König w[erden], sich als König zeigen, öffentlich die Königsherrschaft antreten“.
Ich sehe den Unterschied dieser beiden Varianten darin, daß die erste das Ausüben von Macht und die zweite den Griff nach der Macht beschreibt. Der Unterschied zwischen beiden Bedeutungsnuancen läßt nicht aus der Form, sondern demzufolge nur aus dem Kontext erschließen. Welche der Nuancen gemeint ist, ist allerdings interessant für die Bewertung der Intention des Handelns von Nathan und Bathseba. So ergibt sich folgendes Bild:
In 1. Könige 1, 1 bis 4 und 15 wird von Alter und Schwachheit Davids berichtet, so daß eine versuchte Machtergreifung, ein Putschversuch Adonijas, auf jeden Fall anzunehmen ist. Die Verse 32 bis 53, die die Inthronisation Salomos schildern, lassen aber den Schluß zu, daß Adonija noch keine Herrschergewalt ausübte. Er stand aber wohl kurz davor, denn schließlich gehörte der Feldherr Joab und der Priester Abiatar zu seinen Verbündeten. In bezug auf Adonija möchte ich daher |alfm bewerten als „sich als König aufführen“, da dies einerseits zeigt, daß Adonija noch nicht König ist, wie dies auch Gesenius-Buhl mit seinem Übersetzungsvorschlag für 1. Könige 1,5 sieht, es andererseits aber auch offen läßt, daß Adonija nicht König werden soll. Er greift ja vielmehr von sich aus noch zu Lebzeiten seines Vaters David nach dessen Königtum. In bezug auf Salomo möchte ich von der Bedeutung „König werden“ ausgehen, da diese passive Form der Passivität Salomos in
1. Könige 1,1-50 gut gerecht wird.
In diesem Textabschnitt wird Bathseba zum ersten Mal in 1. Könige erwähnt. Wo sie sich aufhält wird nicht erwähnt, da aber der Prophet Nathan freien Zugang zu ihr zu haben scheint, nehme ich an, daß sie sich nicht in einem Harem aufhält. Sie schient eigene Gemächer zu besitzen, denn ein Gespräch, wie das, das Nathan mit ihr führt, ist in öffentlichem oder halböffentlichem Raum nur schwer vorstellbar.
Nathan informiert Bathseba zu Beginn über den Usurpationsversuch Adonijas. Diese Information kann zwei Bedeutungen haben:
Ist es eine wirklich neue Information für Bathseba, so muß diese ziemlich abgeschieden von der Öffentlichkeit und dem Geschehen in und um Jerusalem leben. Dies steht für mich im Widerspruch zu dem oben erwähnten freien Zugang, der, wenn er vorhanden war, sich wahrscheinlich nicht auf Nathan beschränkte, da ja auch Adonija in 1. Könige 2,13 bis 18 feien Zugang zu ihr hat.
Ich messe daher der Information eine andere, eine stilistische Bedeutung bei: Sie leitet einen neuen Abschnitt ein und faßt das bisher Geschehene kurz zusammen, denn bis Vers 10 wird über eben jenen Usurpationsversuch Adonijas berichtet und der Ort der Handlung ist l"gor }y"( lec")-re$A) telexïZah }ebe). Erst in Vers 11 erreicht die Handlung wieder das unmittelbare Umfeld des Königs. Für die stilistische Bedeutung spricht nach meinem Empfinden auch der Hinweis auf David, der wohl auf die Schwäche Davids anspielt. Daß Bathseba davon nichts gewußt haben soll, scheint mir höchst unwahrscheinlich.
Nach dieser Einleitung bringt Nathan zuerst eine mögliche Gefahr für Bathseba und Salomo zur Sprache, womit er diese unter Handlungsdruck setzt, und schließlich Salomo als Nachfolger Davids ins Spiel. Daß er sich dabei auf einen Schwur Davids bezieht, hat viele Exegeten veranlaßt von einem Salomo kritisch gegenüberstehenden Autor oder Redaktor auszugehen. Sie gehen davon aus, daß der Schwur so dargestellt wird, als sei er von Nathan erfunden und Salomo folglich mittels einer Intrige an die Macht gekommen. Ich gehe allerdings davon aus , daß wir es hier zumindest mit einer gewollten Doppeldeutigkeit oder sogar einem wirkliche Schwur zu tun haben. Mir wäre sonst kein ähnlich leichtfertiger Umgang mit Schwüren im Alten Testament bekannt, zumal dieser Schwur in Vers 17 auch noch auf JHWH bezogen wird. Diese Ergänzung in Vers 17 spricht für mich ebenfalls für die Authentizität des Schwures, denn wenn Bathseba weitere Informationen über ihn hinzufügt, kann man davon ausgehen, daß sie ihn gekannt hat . Ein Argument für die Authentizität sehe ich ebenfalls in der bereits erwähnten Verwendung von rom)"l. Sie legt für mich das Gewicht auf den Inhalt des Schwures und stellt so nicht in Frage, ob der Schwur überhaupt geleistet wurde. Ein letztes Argument für den Schwur sehe ich darin, daß was nicht beschrieben ist, nicht auch nicht geschehen sein muß. Wie kommt Nathan gerade auf Bathseba als Vermittlerin und Salomo als Thronprätendenten? Dafür gibt es verschiedene Ansatzpunkte, die sich auf Verhaltensweisen innerhalb von 1. König 1 beziehen. Diese sind insofern interessant, als Nathan nach der Erwähnung bei der Inthronisation Salomos in 1. Könige 1, 45 in Deuteronomistischen Geschichtswerk nicht wieder genannt wird. Ein Ansatzpunkt für eine besondere Verbindung von Nathan zu Bathseba könnte so in 2. Samuel 12, 1- 15 mit der Strafrede Nathan zu finden sein, die zum Tode von Bathsebas ersten Kind führte. Jedoch wird hier keine direkte Verbindung zwischen Nathan und Bathseba hergestellt.
Ein wahrscheinlicherer Ansatzpunkt wird von Martin Noth mit 2. Samuel 12, 25 genannt, in dem Nathan zum Erzieher Salomos wird.
Ein sich aus Nathans Verhalten in 1. Könige 1 ergebender Ansatzpunkt wäre, daß Nathan der ebenfalls von Adonija nicht eingeladen wurde, nun versucht mit den anderen Ausgeschlossenen eine Partei zu bilden bzw. sich zu verbünden, um seinen eigenen Kopf zu retten.
Eine Rolle bereits in diesem kurzen Abschnitt ausmachen zu wollen, wäre sicherlich vermessen. Ansätze für bestimmte Rollen sind hingegen schon zu finden:
Bathseba wird von Nathan instruiert, daß sie zu David gehen soll. Die Initiative geht hier eindeutig von Nathan aus. Bathseba wird passiv, als Empfängerin seiner Anweisungen dargestellt. Diese Konstellation läßt es für 1. Könige 1 als möglich erscheinen, daß Bathseba nichts anderes als eine „Handlangerin Nathans“ ist.
Ein andere mögliche Handlungsintention für Bathseba ist ihre Rolle als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“.
Eine erstes Argument für diese Rolle ist in Vers 12 zu sehen. Hier wird von einer Gefährdung Bathsebas und Salomos gesprochen, somit wäre die eigene Gefährdung auch eine mögliche Handlungsintention für Bathseba. Ein Grund für diese Gefährdung wird nicht genannt. Sieht man Vers 12 jedoch im Kontext der Verse 11 und 13, so liegt nahe, daß der Grund ein möglicher Thronanspruch Salomos ist. Bathseba wäre dann wohl als seine Mutter mit in Gefahr, wenn Adonija wirklich die Macht an sich reißen würde.
Daneben kann man Bathseba aber gleichzeitig auch in der Rolle der klassischen „Intrigantin“ sehen. Diese Rolle kommt besonders dann zum Tragen, wenn man annimmt, der Schwur Davids in Vers 13 sei von Nathan erfunden und es habe ihn in Wirklichkeit vorher nie gegeben. Ich habe allerdings schon in Abschnitt 2 versucht dieses Argument zumindest abzuschwächen. Man müßte damit Nathan und Bathseba nämlich auch unterstellen, sie beabsichtigten das Alter und die Schwäche Davids für ihre Zwecke auszunutzen.
Eine vierte mögliche Rolle für Bathseba sehe ich in ihrer Position als „besondere Hauptfrau“. Ihr scheinen am Hofe Davids gewisse Privilegien zuzustehen, denn Nathan scheint in Vers 13 davon auszugehen, daß sie ungehinderten Zugang zum König hat. Müßte sie erst lange auf eine Audienz warten, wäre es ihm kaum möglich, den Zeitpunkt für sein Erscheinen so zu wählen, daß das Gespräch Bathsebas mit David noch nicht abgeschlossen ist. Die Rolle der „besonderen Hauptfrau“ würde in Beziehung zur Rolle als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ stehen, denn als Mutter eines Thronprätendenten nähme Bathseba sicher eine besondere Rollen unter den Hauptfrauen Davids ein. Für die Rolle der „besonderen Hauptfrau“ spricht auch die Nennung von Haggit der Mutter Adonijas, die dann eine Rivalin Bathsebas wäre, denn abgesehen von einem genealogischen Interesse, die Kinder der verschiedenen Frauen Davids auseinanderzuhalten, gäbe es sonst kein Motiv, das die Nennung Haggits begründen könnte.
Eine Rollenvorstellung, die ich bei Ernst Würthwein gefunden habe, ist, daß Bathseba „Mitglied der Nathanpartei“ am Hofe Davids gewesen sei. Als Kennzeichen dieser Partei nennt Würthwein eine persönliche Beziehung zu David. Auch Abiatar besitzt eine besondere persönliche Beziehung zu David. Diese liegt allerdings schon länger zurück: Sie läßt sich nur einem Abschnitt von acht Kapiteln im Bereich 1. Samuel 22-30 mit insgesamt fünf Erwähnungen Abiatars feststellen. Die letzte dieser Erwähnungen findet sich zwar in
1. Samuel 30,7. Im gesamten 2. Samuel finden sich aber insgesamt sechs Erwähnungen in denen Abiatar oder dessen Nachkommen gleichberechtigt neben Zadok oder dessen Nachkommen genannt werden. Zadok hingegen hätte sich nur nach 2. Samuel 15, 25 auf so etwas wie eine persönliche Beziehung berufen können, schließlich vertraute David ihm die Lade an. Allerdings ist seine Beziehung nicht so alt, wie die von Abiatar. Das Kennzeichen der Nathanpartei Würthweins erfordert also bereits bei relativ wenigen Mitgliedern Ausnahmen und Sonderbestimmungen.
Diese Argumente veranlassen mich, der Annahme von Parteien kritisch gegenüberzustehen und sie in allen weiteren Betrachtungen weitestgehend auszuklammern, zumal nach meinem Empfinden die Festlegung auf eine Partei von Anfang an etwas von der Vielschichtigkeit nehmen würde, durch die sich gerade die Thronfolgegeschichte auszeichnet.
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Wie schon in Kapitel 2.1.3. bemerkt, gibt es in Vers 18 die Frage, ob das zweite hfTa( (jetzt / nun) durch hfTaa) (du) ersetzt werden sollte. Für diese Ersetzung spricht die Vielzahl der hebräischen Handschriften, die diese Variante belegen. Durch eine solche Ersetzung würde der Sinn des Textes nicht verändert, er würde lediglich einen anderen Duktus und ein etwas anderes Schwergewicht erhalten. Nimmt man die Ersetzung nicht vor, so entsteht durch die Dopplung der Eindruck eines leicht stotternden, hektischen Sprechens. Dies kann als Zeichen der Alltagsnähe und Lebendigkeit von Sprache verstanden werden und so entweder vom Autor oder von einem Redaktor gewollt sein. Nimmt man die Ersetzung hingegen vor, so wird statt dessen ein stärkeres Gewicht darauf gelegt, daß gerade David nichts von davon weiß, daß Adonija sich als König aufführt. Dies würde für eine Vielschichtigkeit der Erzählung sprechen, denn so könnte David bei seinem Königtum gepackt werden und zu dem Schwur genötigt werden, denn als König hätte er wissen müssen, was in seinem Reich und erst recht seiner Hauptstadt und seiner Familie vorgeht. Man könnte es also als eine gewisse Ironie in Anspielung auf Davids Schwäche verstehen, der ja noch dazu als Herr und König tituliert wird. Insgesamt betrachtet sind jedoch beide Varianten gleichwertig. Ich möchte daher dem bestehenden den Vorrang geben und keine Ersetzung vornehmen.
Schwierig ist der Ausdruck {yi)f=ax in Vers 21. Er bedeutet wörtlich übersetzt „Sünden“. Diese sind jedoch etwas Sachliches, während es hier um Menschen geht. Er ist in diesem Zusammenhang wohl so zu verstehen, daß er Menschen bezeichnet, die einen Fehler gemacht und sich etwas angemaßt haben. Eine Sünde in Beziehung zu JHWH ist nicht anzunehmen, da er außer in der Schwurformel in diesem Textabschnitt nicht erwähnt wird. So übersetzt Noth mit „verfehlt“ und Würthwein mit „schuldbeladen“, beide Übersetzungen dürften zutreffend sein, denn sie drücken aus, daß Bathseba und Salomo auf der falschen Seite gestanden haben und nun Strafe fürchten müssen.
In Vers 15 wird noch einmal auf die Situation von David, sein Alter und den Dienst von Abischag von Schunem, hingewiesen. So werden noch einmal die Verse 1 bis 4 zusammengefaßt. Dies kann auch als Wiederholung und Spannung zu eben diesen Versen gesehen werden, es spricht jedoch auch einiges dafür, daß es sich um eine bewußte Inszenierung des Eintritts Davids in die Handlung handelt: Während die Verse 1 bis 4 Davids Situation ausführlich schildert, handelt es sich bei Vers 15b nur um einen Halbvers. Auch die Erwähnung von Abischag in Vers 15b und später in Kapitel 2 ist ohne die Verse 1 bis 4 nicht verständlich. Auch ordnet sich Vers 15b hinter Vers 15a in einen Erzählrahmen oder besser einer Reihe von Zwischenstücken ein, zu der man die Verse 15, 22 und 28 zählen kann und die die einzelnen Szenen des Textbereichs 1. Könige 1,11-31 gegeneinander abgrenzt.
In diesem Textabschnitt treten zwei Personen auf: Bathseba und David. Zwei weitere werden erwähnt: Nathan und Abischag von Schunem. In den Versen 16-20 wird ein Gespräch zwischen David und Bathseba geschildert. Die Verse 15 und 22 ordnen sich in die oben beschriebene Reihe von Zwischenstücken ein und bilden eine Art Rahmen um den Textabschnitt. Was wird mit der Erwähnung von Davids Zustand und dem Dienst Abischags bezweckt? Diese Notiz steht unmittelbar vor dem Auftritt Bathsebas vor David und hebt sich von den übrigen „Regiebemerkungen“ ab, da sie keine Handlungen, sondern einen Zustand beschreibt. Aus der Stellung vor dem Auftritt Bathsebas vor David läßt sich eine Funktion ableiten: Beschreibung der „Bühne“ vor einer neuen Szene.
Dazu paßt auch, daß am Ende von Vers 15a das Ziel von Bathsebas Gehen, der Aufenthaltsort von David, mit hfr:daxah, dem inneren Gemach, genannt wird, man also bereits mit der Schilderung des „Bühnenbildes“ begonnen hat. Jetzt fehlt noch die Beschreibung der „Bühnenausstattung“ und der Situation beim „Heben des Vorhangs“. Dies geschieht nun in Vers 15b so, daß die Szenerie nun komplett ist: David liegt in einem seiner Privatgemächer und wird von Abischag bedient, als Bathseba erscheint ...
Vers 15b besitzt also eine formale Funktion, die unabhängig von einer inhaltlichen ist. Diese inhaltliche Funktion kann zum einen so gesehen werden: „David muß über die Ereignisse informiert, aber auch gedrängt werden, jetzt eine klare Entscheidung hinsichtlich seiner Nachfolge zu treffen. Nur so läßt sich Schlimmeres verhindern.“ Oder man sieht sie nur salomokritisch: Davids Schwachheit wird beschrieben um zu verdeutlichen, wie leicht er ausnutzbar ist. Hier spreche ich mich für die erste Variante aus, denn zum einen finde ich sie in der Literatur belegt und ist innerhalb der Erzählung schlüssig, zum anderen würde bei der zweiten Variante der gesamte Textbereich ein schwurkritisches Übergewicht bekommen und so die eigentliche Handlung hinter diese Kritik zurücktreten. Dann wäre der Inhalt nicht mehr: „Die Thronbesteigung Salomos“, sondern nur noch „Der falsche Schwur“, was
1. Könige 1,32-48 überflüssig machen würde. Im Kontext des gesamten 1. König 1 läßt sich also nur für die Funktion der Schilderung des Handlungs- und Informationsnotstandes Davids plädieren.
Als Bathseba vor den König tritt, vollzieht sie mit doQiTáw, verneigen, und |eleMal UxÙaT:$iTáw, niederfallen vor dem König, ein Ritual, das später noch zu analysieren sein wird. Daß sie zum König rangmäßig in einem größeren Abstand steht, wird jedoch auch dadurch deutlich, daß sie nicht zu sprechen beginnt, bevor er sie durch seine Frage dazu aufgefordert hat. Bathseba bezeichnet sich in Vers 17 als !êetfmA), deine Magd, und David in Vers 17, 18, 20 und 21 als yinodA), mein Herr, auch Salomo wird gegenüber David in Vers 19 als !:D:ba(, deinen Knecht, ein Sprachduktus, der sich auch schon in Vers 13 findet. So wird der Abstand deutlich, der zwischen David und Bathseba mit Salomo besteht. Die Ursachen für diesen Abstand dürften zum einen in Bathsebas Anliegen, dem Thron für ihren Sohn, zum anderen in einem Ranggefälle liegen, das durch die formale Sprache und das Zeremoniell deutlich wird.
Bathseba verwendet vor David in Vers 17 bis 21 eigene Worte, die nicht mit denen von Nathan in Vers 13 übereinstimmen und diese wesentlich erweitern und ergänzen. Sie scheint also mit eigenen von Nathan unabhängigen Informationen vor David aufzutreten, so daß Nathan wohl nur der Anlaß, nicht aber die Ursache ihre Ganges zu David ist.
Bathseba verhält sich vor David, wie mit Nathan abgesprochen. Sie wiederholt jedoch nicht einfach die Worte Nathans, sondern gebraucht eigene. Dabei verfügt sie auch über Informationen, die über das, was aus ihrem Gespräch mit Nathan berichtet wird, weit hinausgehen. Entweder wird in den Versen 11 bis 14 nur ein kurzer Ausschnitt des Gespräches berichtet, oder Bathseba verfügt tatsächlich über eigene Informationen. Sollte sie eigene Quellen haben, und das ist zumindest bei ihren Angaben über den Schwur anzunehmen, spricht das für eine größere Autonomie Bathsebas von Nathan, als dies nach Abschnitt a) anzunehmen gewesen wäre. Bathseba weiß, daß David den Schwur bei JHWH geleistet hat, und sie weiß von der Opferzeremonie Adonijas und dessen Anhängern. Sie berichtet anders als Nathan in Vers 25 explizit von der Einladung Joabs. Dafür, daß der Erzähler davon ausgeht, daß Bathseba über eigene Quellen verfügt, spricht auch, daß er sonst Wiederholungen wie in Vers 19 und Vers 25 nicht scheut, in dem Gespräch mit Bathseba diese Informationen jedoch nicht erwähnt. Wenn Bathseba so über eigene Informationsquellen verfügt, wird dadurch die Idee einer Rolle als „Handlangerin Nathans“ nicht weiter gestützt, wenn nicht gar entkräftet, denn dann wäre Nathan nicht die Ursache ihres Handelns, sondern höchstens der Auslöser desselben gewesen.
Nur dann, wenn man Vers 15b als salomo- und schwurkritische Anmerkung versteht, wird auch die Rolle der „Intrigantin“ weiter untermauert.
Dafür, daß die dargestellte Bathseba sich selbst als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ sieht, spricht Vers 17, in dem Bathseba berichtet, daß David ihr geschworen hat, daß Salomo nach ihm König wird. Bathseba begründet also für ihren Sohn Salomo aufgrund des Schwures einen Thronanspruch, der über Adonijas auf dessen Position als Älterer fußendem steht. Damit steht ihr Haggit als Mutter des anderen Thronprätendenten als Gegenspielerin gegenüber. Während Adonija jedoch selbst handelt, tritt Bathseba als Sachwalterin der Interessen ihres hier noch passiven Sohnes auf. Neben dem Informations- und Handlungsnotstand Davids sowie der Sorge um die eigene Sicherheit wird dafür jedoch keine Motivation genannt. Auch wenn dies allein sicher Motiv genug ist, kann spekulativ nicht ausgeschlossen werden, daß beispielsweise das Anstreben einer eigenen Machtposition als Königinmutter oder etwas ähnliches noch hinzukommt.
Durch die Unterstützung der Rolle als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ wird auch die Rolle als „besondere Hauptfrau“ weiter belegt. Allerdings scheint Bathseba auch als solche eine hfmf), eine Sklavin, Magd, also „Untertanin Davids“ gewesen zu sein, die sich z.B. an das Hofzeremoniell zu halten hat, selbst wenn der König sich in seinem redex, seinem innersten Gemach, befindet.
Über eine Rolle Bathsebas als Anhängerin einer Partei am Hofe Davids erfahren wir in diesem Abschnitt nichts Neues, lediglich einige Anhänger bzw. Gäste Adonijas werden von Bathseba genannt, ohne daß dies auch wirklich eine Parteienbildung bzw. eine eindeutige Parteinahme dieser Gäste zugunsten Adonijas bedeuten muß. Bathseba berichtet ja nicht, daß diese die Einladung angenommen haben, sondern nur, daß sie eingeladen wurden.
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Dieser Text weist keine größeren Besonderheiten auf. Bemerkenswert ist das 3. rêom)"l in
Vers 23. Es steht vor dem eigentlichen Auftritt Nathans auf der „Bühne“. Trifft die in Abschnitt a) angenommene besondere Bedeutung diese Wortes zu, so wird auch hier damit etwas Besonderes gekennzeichnet. Dieses besondere Gewicht muß auf das Auftreten Nathans gelegt worden sein, da zunächst eine Art Ritual beschrieben wird, muß die Besonderheit wohl darin liegen.
Daneben fällt auf, daß Nathan als Gäste Adonijas )fbfCah y"rf&, die Feldherrn, spricht, während Bathseba in Vers 19 nur )fbfCah rØa& bf)ïy, Joab, den Feldherrn, erwähnt. Diese Erwähnung ist jedoch nicht hauptsächlich wegen des verschiedenen Berichts zweier verschiedener Personen beachtenswert, sondern weil Nathan in Vers 26 (fdæyOhºy-}eb Uhfyæn:bi, Benaja, Sohn des Johodias, den Feldherrn der Krether und Plether, explizit von den Gästen Adonijas ausnimmt. Dies kann als Spannung verstanden werden, oder als ein Fall der Nennung von Regel und Ausnahme. Für dieses Regel–Ausnahme-Muster spricht auch das Beispiel Salomos: In Vers 19a und 25 wird erwähnt, daß Adonija |eleMah y"n:B-lfk, alle Söhne des Königs geladen hat, in den Versen 19b und 26 wird aber einer der Söhne, Salomo, ausgenommen.
Auffällig ist auch, daß Nathan in seinem Bericht die Huldigungsformel UhfYénodA) |eleMah yixºy , „Es lebe der König Adonija“, hinzufügt, so als sei dieser nun bereits König.
Vers 22 läßt Nathan am Rande der „Bühne“ erscheinen. Alles ist bisher verlaufen, wie von Nathan und Bathseba besprochen, die Szene ist abgeschlossen, Bathseba befindet sich noch auf der „Bühne“, alles ist bereit für den Auftritt von Nathan. Er hat jedoch keinen so freien Zugang zu David, wie Bathseba. Sein Kommen muß David gemeldet werden. Diese Meldung findet sich nach dem rêom)"l in Vers 23. Ihr ist deshalb ein eigenes Gewicht beizumessen. Es fällt zudem auf, daß Nathan in den Versen 22 und 23 als )yibæNah }ftæn, Nathan, der Prophet, bezeichnet wird, während er in den Versen 11 und 24 ohne seinen Titel nur mit seinem Namen genannt wird. Während die Verse 22 und 23 den Auftritt Nathans vor David betreffen, handelt es sich in 11 und 24 um die Einleitung von Abschnitten wörtlicher Rede. Dies ermöglicht den Schluß, daß der Erzähler mit der Nennung des Titels in 22 und 23 die Betonung von Nathans Funktion, wenn nicht gar einer bestimmten Stellung am Hof beabsichtigt. Eine solche Stellung oder Funktion könnte auch ein anderes Auftrittsritual als bei Bathseba einer der Frauen des Königs bedingen. Dieses Auftrittsritual eines Propheten könnte dann auch eine Meldung an den König und den Aufruf des Propheten durch den König beinhalten. Für ein solches Ritual kenne ich jedoch keine anderen Belegstellen. Ich halte es daher für wahrscheinlicher, daß mit der Meldung und dem Aufruf Nathans unterstrichen wird, daß dieser keinen direkten Zugang zum König hat.
Hat Nathan keinen direkten Zugang zu David, so steht er rangmäßig wohl unter Bathseba, die einen solchen zu besitzen scheint. Nathan könnte dann weniger ein Auftraggeber, als vielmehr ein Unterstützer Bathsebas und ihres Sohnes Salomo sein.
Während des nachfolgenden Gespräches ist Bathseba nicht anwesend, denn sie wird in Abschnitt c) erst zu David gerufen. Sie muß also die „Bühne“ zwischenzeitlich verlassen haben. Wahrscheinlich ist ihr „Abgang“ vor dem Auftritt Nathans, auch wenn er nicht erwähnt wird, da er wohl den Erzählzusammenhang unnötig zerreißen würde. Als Hintergrund für das Gehen von Bathseba läßt sich ein Hofzeremoniell oder –protokoll vermuten oder der Gesundheitszustand Davids, der es ihm nicht erlaubt, sich mit zwei Personen und deren Anliegen gleichzeitig auseinanderzusetzen.
Nathan konfrontiert David nach seinem Auftritt zum zweiten Mal mit den Handlungen Adonijas und bedient sich in Vers 27 einer provozierenden Suggestivfrage, um David zum Handeln zu nötigen. Diese Rhetorik in Verbindung mit Vers 11 veranlassen Ernst Würthwein zu folgendem Schluß: „Mit diesen schillernden Aussagen charakterisiert der Erzähler den Propheten Natan als intriganten Höfling, dessen Respekt vor dem König wie vor der Wahrheit nicht eben groß ist“. Damit unterstellt er wiederum, daß Nathan den Schwur Davids erfunden habe, was nicht belegbar ist und wogegen auch die Schilderung Bathsebas spricht. Recht hat Würthwein sicher darin, daß Nathan dem König mit seiner Frage und seinem Drängen einiges zumutet. Aber dequalifiziert ihn dies gleich zum Musterbeispiel eines intriganten Höflings? Versetzt man sich in seine Lage ,so kommen Zweifel daran auf: Sein Herr, der König, der ihm vertraute und dem er als JHWH - Prophet auch Unbequemes sagen konnte, ist alt und krank geworden. Einer seiner Söhne, Adonija, versucht noch zu Lebzeiten seines Vaters den Thron zu erlangen ohne, daß der König etwas davon weiß oder dagegen unternehmen kann. Eben dieser Sohn schließt ihn durch Nichteinladung zu einer Opferfeier aus dem Kreis seiner Vertrauten aus. Dies läßt nichts Gutes für seine Stellung am Hofe erwarten... Es muß gehandelt werden, Adonija darf nicht König werden! Was liegt näher als nun den Thronanspruch eines Anderen, Salomos, zu stützen, zumal wenn man eine besondere Bindung zu ihm hat und so ein wesentlich besseres Schicksal zu erwarten ist? Doch die Zeit wird knapp, so gilt es andere, die an einer Thronbesteigung des jungen Salomo Interesse haben und schließlich den König zum Handeln zu bewegen. Dies, bei der Mutter Salomos, Bathseba, zu erreichen, ist leicht, schließlich gehört ihr Sohn Salomo ja auch zu den von Adonija ausgeschlossenen, die so bei einer Machtergreifung gefährdet sind. Damit erkennt Adonija zwar Salomos Thronanspruch indirekt an, doch daß nützt diesem dann auch nichts mehr, wenn der König nicht schnell handelt und die Frage seiner Nachfolge ein für alle Mal klärt. – Der König muß informiert und zum Handeln gebracht werden . Damit er den Ernst der Lage noch begreift, ist es besser ihn durch zwei Quellen zu informieren und ihn an den Grund des Thronanspruchs Salomos, seinen Schwur, den er vielleicht vergessen hat, zu erinnern. Einen Fehlschlag kann sich Nathan nicht leisten, denn bevor es zu einem zweiten Versuch kommt, ist Adonija vielleicht schon König und sein, Nathans, Schicksal besiegelt. Nathan handelt aus nackter Verzweiflung für großes Intrigieren bleibt ihm keine Zeit. Hat man es hier wirklich mit dem Motiv einer klassischen Palastintrige und Nathan als einem intriganten Höfling zu tun, so fällt diese Intrige mit zwei beteiligten Personen reichlich dürftig aus. Daß Nathan Handeln mußte, gesteht auch Ernst Würthwein ein. Für ihn scheint es aber zweitrangig zu sein, ob der Schwur überhaupt existierte, eine derartige Nachfolgeregelung wäre für ihn so oder so illegitim, denn „Adonia stand wirklich vor dem entscheidenden Akt, der ihn – legal durch Verhandlungen mit Stämmevertretern – zum König machen sollte.“ Die Frage, ob bei der erst zweiten Thronfolge und der ersten dynastischen auf dem Thron Israels, schon so fest gefügte Abläufe angenommen werden, daß Adonijas Vorgehen zumal zu Lebzeiten seines Vaters so eindeutig als legal angesehen werden kann, läßt Würthwein allerdings unbeantwortet.
Durch die Bezeichnung Nathans als „intriganten Höfling“ wird auf jeden Fall die Vorstellung von Bathseba als „Intrigantin“ und „Handlangerin Nathans“ gestützt. Eben jene Rolle als Handlangerin wird allerdings auch wieder entkräftet, wenn man berücksichtigt, daß Bathseba durch ihren direkten Zugang zum König rangmäßig wohl über Nathan steht. Dies würde dann ihre Rolle als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ stützen, für die das Auftreten Nathans, der sich ihr dann als Handlanger andient, der Anlaß zum Handeln ist.
Durch den komplizierten Zugang Nathans und den einfacheren Zugang Bathsebas zu David wird ebenfalls die Rolle der „besonderen Hauptfrau“ gestärkt, die zudem durch die allerdings nicht näher begründete Bezeichnung Bathsebas als „Lieblingsfrau“ Davids durch Würthwein gestützt wird.
Nathan ergreift in diesem Abschnitt Partei für Bathseba und Salomo, aber dies bedeutet noch lange nicht, daß Bathseba „Mitglied der Nathanpartei“ ist. Auch wenn Bathseba in
1. Könige 11-31 eher passiv und reagierend dargestellt wird, ist es durch ihre Stellung bei Hofe und ihren Zugang zu David auch möglich, daß Nathan Mitglied einer Bathseba-Salomo-Partei ist. Warum sollten, wenn es hier überhaupt Parteien gib, nur Männer sie anführen dürfen? Diese Frage möchte ich bewußt offen lassen.
ü)obfTáw (abÕf$-tab:l yÙil-U):riq rem)êoYáw üdéwfD |elÜeMah }a(íaYáw 1.28
;|el×eMah yÛ"n:pil dÙomA(aT×aw |elêeMah yØ"n:pil
;h×frfc-lfKim yÙi$:pán-te) hÛfdfP-re$A) hâfwhºy-yax rÕam)ïYáw |elÙeMah (Ûabf<éYáw 1.29
ül")fr:&éy yÜ"holE) hífwhyaB |ðfl yiT:(íaB:$én ûre$A)aK yäiK 1.30
bÛ"$¢y )UÖhºw yêarAxa) |Øol:méy ü|¢n:b hÜomol:$-y×iK rêom)"l
;h×eZah {wÛoYah hÙe&E(e) }Û"K yÖiK yÕfT:xaT yÙi):siK-la(
rem)âoTáw |elÕeMal UxÙaT:$iTáw jerêe) ü{éyóaPa) (abÜe$-taB díoQiTáw 1.31
;p {×flo(:l dÙiwfD |elÛeMah yÖinodA) yèixºy
Dieser Text enthält in Vers 29 eine mit hfwhºy-yax, beim Leben JHWHs, beginnenden Schwurformel, auf die in Vers 30a allerdings nicht direkt der Schwur, sondern erst noch ein Rückbezug auf den bereits geleisteten folgt.
Da Vers 30a jedoch in allen wichtigen Quellen belegt ist, gibt es keine weiten Argumente, ihn nicht im Textbestand zu belassen.
Etwas schwieriger ist in diesem Text die Übersetzung von {flO(, in Vers 31. Es bedeutet oft „ewig“, steht hier jedoch damit im Widerspruch zu Vers 21 in dem Bathseba kein so ewiges Leben für David mehr annimmt. Da es sich jedoch in der Formel {flo(:l diwfD |eleMah yinodA) yixºy, „Mein Herr der König lebe ewig“, befindet, ist eben jene Übersetzung mit „ewig“ sicher doch angebracht, da es wohl als Bestandteil der Formel und nicht mit eigener Bedeutung verwandt wurde.
Bathseba und Nathan haben es also geschafft: David hat seinen Schwur und damit den Thronanspruch Salomos bestätigt und ist zum Handeln übergegangen. Der greise König hat sich noch einmal aufgerichtet um den Stillstand zu beenden und endlich seinen Nachfolger zu installieren.
Bathseba wird in Vers 28 zu David gerufen, und vollzieht diesmal kein Ritual bei ihrem Auftritt. Zumindest wird darüber nichts berichtet. Bei ihrem Abgang allerdings in Vers 31 vollzieht sie wiederum ein Ritual, daß dem zur Begrüßung in Vers 16 sehr ähnlich ist. Der Kontext legt in Vers 31 allerdings eher Dank als Bedeutung nahe.
Ähnlich wie Bathseba in Vers 23 scheint nun in Vers 28 Nathan still und heimlich die „Bühne“ zu verlassen, denn von ihm wird in Vers 31 keine Reaktion berichtet und er tritt erst wieder beim Vollzug der Inthronisation Salomos in Erscheinung.
Der Rückbezug auf den bereits geleisteten Schwur in Vers 30a wirkt seltsam eingeschoben und vielleicht nimmt Würthwein deshalb auch zu Recht eine Erweiterung an. Die Begründung dieser Erweiterung geschieht inhaltlich: „Der Bearbeiter will den Anschein erwecken, als sei der frühere Schwur ergangen und jetzt nur von David bestätigt“. Diese Begründung kann allerdings auch so wirken, als versuche sich Würthwein als Reredaktor, der unbedingt den Eindruck einer Palastintrige bestätigen will und dem Entgegenstehendes als sekundär herausstreicht.
Es ist für die Spannung, die Vers 30a auslöst, nämlich auch eine andere Lösung möglich: Vers 29b und 30a könnten auch gemeinsam so etwas wie eine Schwurwiederholungs- oder
–bekräftigungsformel sein. Für eine solche These habe ich jedoch keine weiteren Belege, da mir auch keine weiteren Texte bekannt sind, in denen Menschen einen Schwur wiederholen oder bekräftigen. Auch Stefan Seiler vertritt eine Begründung durch den Textzusammenhang: „Diese Konstruktion [mit yiK] läßt sich aber grammatisch ohne weiteres aus dem Zusammenhang erklären, wenn man zugesteht, daß David an dieser Stelle seinen früheren Eid aufgreift“. In einer Fußnote führt er Vers 30a sogar explizit auf die Feierlichkeit der Wiederholung des Schwures zurück.
Am Ende dieses Abschnitts haben Bathseba, Salomo und Nathan Grund zu jubeln: Die Thronbesteigung Adonijas wird verhindert, Salomo König und ihre Sicherheit und Stellung sind garantiert und gesichert, ja sogar erheblich verbessert.
Verwirft man die Annahme Würthweins, daß Vers 30a sekundär ist, so wird die Rolle „Intrigantin“ regelrecht zerstört, da David ja bestätigt, er habe ein Versprechen, einen Schwur geleistet. Jemanden zu drängen, einen Schwur oder ein gegebenes Versprechen durchzusetzen, ist nach meinem Verständnis alles andere als eine „hinterhältige Machenschaft“ oder ein „Ränkespiel“. Aber selbst, wenn Vers 30a sekundär ist, wird diese Rolle damit nicht unbedingt zementiert, denn dann blieben die Chancen, daß kein Schwur vorlag und es sich um eine Intrige handelt, bzw. daß ein Schwur vorlag und man somit nicht von einer Intrige sprechen kann, so wie sie bis dahin waren. Es gäbe dann keine Information, die eine Klärung herbeiführen würde. Dann blieben nur noch die Indizien aus den anderen Versen, die nach meinem Dafürhalten für einen Schwur und gegen eine Intrige sprechen.
Sicher gestützt wird hingegen die Rolle als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“, denn David leistet ihr gegenüber einen erneuten Schwur über die Nachfolge ihres Sohnes Salomo auf seinem Thron.
Die Entscheidung, ob Bathseba in 1. Könige 1,11-31 als Intrigantin dargestellt wird, ist wesentlich abhängig davon, wie man den Schwur beurteilt, auf den sich Bathseba und Nathan in den Versen 13 und 17 und David in Vers 30a beziehen. Hält man ihn für eine Erfindung Bathsebas und Nathans, so wären Adonija und sein Thronanspruch mit Sicherheit einer Intrige zum Opfer gefallen und Bathseba folglich eine Intrigantin. Existierte der Schwur, auf den sich alle in diesem Abschnitt handelnden Personen beziehen, würde dies zwar dem Konzept von Ernst Würthwein widersprechen, Bathseba jedoch vom Vorwurf der Intrige befreien. Ausschlaggebend dafür, das Konzept der Intrigantin abzulehnen, ist für mich, daß ich im Apparat der BHS keine Anmerkungen gibt, die Vers 30a nicht belegen. Daß sich David selbst auf diesen Schwur bezieht, spricht für mich am Ende für Ablehnung des Konzeptes der Intrigantin.
Ohne Zweifel ist es Nathan, der Bathseba in 1. Könige 1,11-14 instruiert, wie sie handeln soll. Dazu, eine Handlangerin zu sein, gehört jedoch mehr, als im nach den Anweisungen bzw. Vorschlägen eines anderen zu handeln. Ein Handlanger handelt aus einer Abhängigkeit seinem Auftraggeber gegenüber heraus und nicht aus direktem Eigeninteresse. Dieses kann Bathseba mit dem Thronanspruch ihres Sohnes und der Sorge um ihre eigene Sicherheit nach einer Machtergreifung Adonijas, der sich bereits als König aufspielt, durchaus unterstellt werden. Hinterfragt wird die Rolle als Handlangerin auch dadurch, daß Bathseba, wie ich in 2.2.1. c) 2. erläutert habe, rangmäßig am Hofe womöglich über Nathan steht. Aber auch wenn Bathseba nicht die Handlangerin Nathans ist, so ist er doch zweifellos derjenige, der ihr den Impuls zum Handeln gibt.
Ist Bathseba keine Handlangerin Nathans, so wird es schwierig das Konzept des Mitglieds einer Nathanpartei zu halten, so diese denn überhaupt existiert hat. Es werden nur zwei mögliche aktive Mitglieder dieser Partei genannt: Nathan und Bathseba. Von allen anderen möglichen Mitgliedern wird nur berichtet, daß sie von Adonija nicht zu einer Opferfeier geladen wurden. Dies heißt wiederum nur, daß Adonija sie aus irgendeinem Grunde abzulehnen scheint. Wie sie wiederum zu Adonija bzw. Nathan oder Salomo stehen, wird nicht berichtet. So erfahren wir auch nicht, ob sie neben einem möglichen Gruppenmerkmal, das Ernst Würthwein in der persönlichen Bindung zu David sieht, auch wirklich ein gemeinsames Ziel, die Thronfolge Salomos und die Entmachtung Adonijas, geteilt haben, was doch konstituierendes Merkmal einer Partei ist. Selbst dann hätten sie weniger für Nathan als für Salomo Partei ergriffen, die Partei hätte also, wenn es sie gegeben hätte, dann „Salomopartei“ heißen müssen. Auch ist fraglich, ob eine Frau, die wohl einen höheren Rang am Hofe als Nathan inne hatte, Mitglied einer von diesem geführten Partei gewesen sein kann. Alles in allem bleiben nur Nathan und Bathseba, bei denen man mit relativer Sicherheit ähnliche Interessen annehmen kann, doch zwei Personen können zwar eine kleine Gruppe sein, für eine Partei sind es jedoch etwas wenig.
Daß Bathseba Salomos Mutter ist, wird durch 2. Salomo 12, 24 belegt. Auch Nathan bestätigt dies in 1. Könige 1,12, wie auch David in Vers 30. Daß Salomo einen Thronanspruch hat, läßt sich bereits bei der Nichteinlandung durch Adonija erahnen, offen ausgesprochen wird es jedoch durch seinen Erzieher Nathan in Vers 13. Auch in den Versen 17 und 30 wird durch Bathseba und David bestätigt, daß Salomo einen Thronanspruch hat, der sich auf einen Schwur Davids zurückgeht, der allerdings nicht berichtet wird. Sicher ist jedoch: Spätestens indem sich Bathseba auf den Vorschlag Nathans einläßt, übernimmt sie die Rolle der Mutter und Vertreterin der Interessen des Thronprätendenten Salomo. Das Nathan in Vers 11 ausgerechnet zu ihr kommt, spricht auch dafür, daß sie diese Rolle schon von Anfang an inne hat. Auch spricht David ihr und nicht Salomo direkt den Schwur in Vers 30 zu und auch bei dem ersten Schwur wird in den Versen 11, 17 und 30 davon ausgegangen, daß David ihn nur Bathseba gegenüber geleistet hat.
Eine ähnliche Rolle wird auch für Haggit, die Mutter Adonijas, anzunehmen sein, die diese aber wohl nicht so aktiv spielt.
Nach meinem Empfinden kennzeichnet das Rollenkonzept der „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ auch die Handlungsintention Bathsebas zutreffend, die Unversehrtheit, das Leben und den Thronanspruch ihres Sohnes zu sichern.
Daß Bathseba unter den Hauptfrauen Davids eine besondere Stellung einnimmt, läßt sich schon aus den Geschehnissen in 2. Samuel 11 und daraus folgend 2. Samuel 12 sowie
15 bis 19 schließen. Aber auch in 1. Könige 1, 11-31 läßt sich allein aus ihrer Rolle als Mutter des Thronprätendenten Salomo eine besondere Stellung unter den Frauen Davids schließen, wie sie wohl zu dieser Zeit höchstens noch Haggit inne hatte. Daß David wohl nur ihr und nicht auch Haggit oder einer anderen Frau gegenüber ein Versprechen über die Thronfolge ihres Sohnes abgibt bzw. abgegeben hat, spricht dafür, daß Bathseba zu jener Zeit über allen anderen Frauen Davids stand oder zumindest in 1. Könige 1 so dargestellt wird. Durch den freien Zugang Bathsebas zu David wird diese Rollenkonzeption gleichfalls unterstützt.
Daß Bathseba trotz allem Untertanin Davids bleibt und nicht so etwas wie Mitregentin geworden ist, wird an den Ritualen in den Versen 16 und 30 deutlich. Auch scheint David seine Entscheidungen wie in Vers 27 bis 31 immer noch selbst zu treffen, auch wenn er dazu vielleicht gedrängt werden muß. Es wird nichts von einem Thron für Bathseba oder ähnlichem berichtet – Bathseba ist und bleibt also Untertanin Davids und in diese Rolle hat sie sich z.B. durch Rituale oder das Verlassen des Raumes bei Gesprächen des Königs mit anderen zu fügen.
Das Bild Bathsebas in 1. Könige 1,11-31 ist trotz ihrer gewissen Passivität so vielfältig, daß es sich nur schwer in einem Rollenkonzept zusammenfassen läßt. In einem Satz läßt es sich vielleicht so zusammenfassen: Bathseba ist als Mutter des Thronprätendenten Salomo eine besondere Hauptfrau Davids, bleibt aber trotzdem eine Untertanin desselben.
Nathan ist dabei nach meiner Auffassung weniger ihr Auftraggeber, als nur derjenige, der ihr den Impuls zum Handeln gibt. Sie hat eigene über Nathans, wohl auf dessen Stellung und Überleben gerichtete, hinausgehende Interessen, die sie handeln lassen. Inhalt ihres Handelns ist David zu drängen, seinen Schwur einzulösen und damit Salomos Thronanspruch, sowie seine, ihre, Nathans und die Sicherheit der anderen von Adonija nicht Eingeladenen zu gewährleisten.
{wØolf$Ah rem)ÙoTáw hêomol:$-{") ü(abóe$-taB-le) tyè"Gax-}eb UhØfYénodA) )îobæYáw 2.13
;{w×olf$ rem)ÙoYáw !Õe)oB
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yîalf(ºw hêfkUl:Mah hØftºyfh üyil-yiK ü:Ta(óadæy :TÜa) rem)èoYáw 2.15
yØih:Táw ühfkUl:Mah bÜoSiTáw |Õol:mil {Ùehy¢n:P lÖ")fr:&éy-l×fk UmÓf&
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yibÙi$fT-la) |êfTi)×"m lØ")o$ üyikïn×f) ütaxa) hÜfl"):$ hèfTa(ºw 2.16
;r×"BaD wyÙfl") rem)ÛoTáw yÕfnfP-te)
|éyÕfnfP-te) byÙi$æy-)×ol yÛiK |elêeMah hØomol:$il ü)æn-yir:mi) rem)èoYáw 2.17
;h×f<i):l tyÙiMánU<ah gÛa$yibA)-te) yÖil-}eTéyºw
;|el×eMah-le) !yÙelf( rÛ"BadA) yâikïnf) bwÕo+ (abÙe$-taB rem)ÛoTáw 2.18
Im Text läßt sich ein Konversationsmuster ausmachen: Mit Ausnahme der Begrüßung in der Adonija auf eine Frage Bathsebas reagiert, haben wir es immer mit einer Reaktion Bathsebas auf Adonija zu tun, dadurch entstehen vier Abschnitte:
1. Die Begrüßung – Vers 13
2. Die Begründung des Kommens – Vers 14
3. Die Erläuterung des Anliegens – Vers 15f.
4. Das Anliegen – Vers 17f.
Daraus läßt sich nach Fokkelman ein Strukturschema entwickeln, bei dem die Verse 15 und 16a im Zentrum stehen.
Bemerkenswert ist die figura etymologica in Vers 16a, l")o$ ... hfl"):$ (eine Bitte bittend) da es sich bei l")o$ um ein Partizip handelt und diese Syntax in der Regel mit finiten Verbformen gebildet werden.
Adonija, der noch vor kurzem eine so große Gefahr für Bathseba darstellte, kommt mit einer Bitte zu Bathseba – wie sich das Blatt wenden kann. Es nicht überraschend, daß Bathseba sich nun erst einmal vergewissern will, daß er auch in friedlicher Absicht kommt.
Ganz unbegründet ist ihre Vorsicht nicht, denn in Vers 15, der nach der Struktur von Fokkelman mit im Zentrum dieses Abschnitts steht, verweist Adonija noch einmal auf seinen Thronanspruch als Älterer. Die Erwähnung des unerfüllten Anspruchs wirkt auf mich so wie auf Stefan Seiler, daß Adonija nur „fromme Ergebung in Jahwes Willen vorgibt“. Daß Adonija sich mit dem Verweis auf JHWH wirklich in sein Schicksal gefügt hat, wie Martin Noth annimmt, sehe ich nicht, denn Adonija will noch etwas: zumindest Abischag von Schunem, die junge Pflegerin seines Vaters. Ob er es dann bei diesem „Trostpreis“ belassen würde? Bathseba scheint jedenfalls keine Gefahr für ihren Sohn mehr in ihm zu sehen.
Warum geht Adonija nicht selbst direkt zu Salomo? Der Grund dafür liegt 1. Könige 1,52 wo Adonija Unversehrtheit unter der Voraussetzung seines Wohlverhaltens zugesichert wird. Der vorsichtige Adonija hofft also daß durch die Vermittlung Bathsebas sein Anliegen sicher als Bitte und nicht als Forderung erkannt wird, die gegen das Gebot des Wohlverhaltens verstoßen würde. Aber gerade dadurch, daß er sich nicht direkt an Salomo wendet, sondern es durch die Hintertür, über die Mutter des Königs versucht, gewinnt die ganze Angelegenheit den fahlen Beigeschmack eines Ränkespiels, einer Intrige. Doch ein so vorsichtig taktierendes Vorgehen, wie das Adonijas, setzt auf jeden Fall 1. Könige 1 voraus und schließt daran an.
Bathseba erscheint in diesem Abschnitt wiederum sehr passiv und auch ein eigenes Handlungsmotiv wie in 1.Könige 1 läßt sich nicht erkennen. Über das, was sie bei ihrer Entscheidung zu Salomo zu gehen bewegt hat, läßt sich wohl einzig feststellen, daß sie offenbar nichts grundsätzlich Verwerfliches an Adonijas Ansinnen findet, denn sonst hätte sie ihm wohl kaum die Zusage gegeben, zu Salomo zu gehen.
Daß Bathseba zu Salomo zu gehen zusagt, läßt auch noch einen anderen Schluß zu: Bathseba scheint ihm den Angriff auf den Thronanspruch ihres Sohnes und damit auch ihre Sicherheit in 1.Könige 1 vergeben zu haben. Sie läßt sich auf ein Arrangement mit dem entmachteten Erzfeind ihres Sohnes ein. Sie muß Adonijas Anliegen wirklich als völlig harmlos ansehen. Der Figur der Bathseba so etwas wie romantische Regung und somit Mitleid und Barmherzigkeit mit einem „heiß verliebten“ Adonija als Handlungsmotivation zu unterstellen, halte ich für nicht sicher belegbar, denn über Gefühle Adonijas wird nichts berichtet und bis zu der unsere heutigen Vorstellungen prägenden Epoche der Romantik sind es mit Sicherheit noch zweitausend Jahre. Dennoch hat die Idee von „Adonija und Abischag“ als „Romeo und Julia“ des (Königs-) Dramas „Thronfolgegeschichte“ einigen Charme und eine heute zu beobachtende „romantische“ Veranlagung der meisten Frauen für sich.
Warum geht Adonija ausgerechnet zu Bathseba? Der Grund dafür muß darin liegen, daß Bathseba als „Mutter des Königs“ Einfluß auf Salomo hat. Daß Bathseba zu dieser Zeit relativ großen Einfluß auf Salomo hat, läßt sich nicht nur aus ihrer biologischen Eigenschaft als Mutter begründen, sondern auch aus dem Umfeld: Sie hat Salomo in 1.Könige 1 wesentlich zu seinem Thron verholfen. Außerdem ist sie zu jener Zeit als Mutter wohl auch noch so etwas wie die „Frau an der Seite des Königs“, denn bis zu diesem Zeitpunkt ist noch nichts von einer Heirat Salomos bekannt. Da man allerdings nicht davon ausgehen kann, daß Salomo noch nicht verheiratet ist, weil noch nichts davon berichtet wurde. Deshalb sollte aus dieser Funktion kein eigenes Rollenkonzept entwickelt werden, zumal sie sich auch gut in die Rolle der „Mutter des Königs“ oder andere Rollenkonzeptionen integrieren läßt.
Auch gegen eine Rolle als „Verbündete Adonijas“ spricht einiges, insbesondere 1. Könige 1. Nähme Bathseba eine solche Rolle ein, würde dies diesen Abschnitt völlig aus dem Blick lassen, was wiederum für ein Ende der Thronfolgegeschichte in 1. Könige 2,12 spräche , wie es Martin Noth vorschlägt. Dennoch: damit wäre der Textabschnitt auch von 2. Samuel 12 völlig unabhängig .Auch nimmt Bathseba eher die Rolle einer „Vermittlerin“ ein, denn sie identifiziert sich nicht mit Adonijas Anliegen, sondern willigt nur ein, es Salomo vorzutragen. Eine Identifikation würde zumindest eine Reaktion auf den Inhalt des Anliegens erwarten lassen, während Bathseba nur der Form, der Bitte um Übermittlung entsprechen will.
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ü)"SiK-la( üyénóabyi$w×oY**áw** yényibyi$OY*áw* yénèanyikEh rØe$A) ühæwhºy-yax hèfTa(ºw 2.24
rÕ"BiD rØe$A)aK téyÙaB yÖil-hf&×f( rÓe$A)áw yêibf) dØiwfD
;Uh×fYénodA) tÙamUy {wêoYah yØiK
wÙoB-(aG:péYáw (ÕfdæyOhºy-}eb UhØfyæn:B dÙay:B hêomol:$ |elØeMah üxal:$éYáw 2.25
;s t×omæYáw
Die LXX weißt in Vers 22 erwägbare Differenzen zum masoretischen Text auf: Statt rftæy:be):lU findet sich nur Abiaqar ohne erneute Präposition. Ähnlich verhält es sich bei bÙf)Oy:lU und Iwab. Sie setzen vermutlich die Präposition :l von üOl (-yilA)a$ºw) fort, während der masoretische Text neu ansetzt. Beide Varianten unterscheiden sich in ihrer Bedeutung nicht in relevanter Weise, so daß ich keinen Grund sehe, mich gegen den masoretischen Text zu entscheiden, bzw. ihn entsprechend der LXX zu ändern. Einige Exegeten wollen Vers 22abg und Vers 22b einem oder verschiedenen Redaktoren zuschreiben. Ich stimme Stefan Seiler zu, der in Bezug auf Vers 22abg rein inhaltliche Aspekte ausmacht und diese ablehnt, da damit versucht werde den Text einem vorgefaßten Urteil anzupassen. Das Nachklappen von Vers 22b kann ich jedoch nicht erkennen, ebensowenig wie die Vorbereitung auf die Bestrafung von Abiatar und Joab. Ich sehe Vers 22b im Nachgang zu 1. Könige 1. Der Halbvers zeigt mit seinem Rückbezug auf die ehemaligen Verbündeten Adonijas ein Aufbrausen Salomos, der förmlich die Beherrschung verliert. So wird auch das Todesurteil für Adonija in Vers 24 eher nachvollziehbar.
Mit der Schwurformel in Vers 23, die mit hÙfwhy×aB beginnt, ein Schwur eingeleitet, die für Adonija bereits nichts Gutes ahnen läßt, zumal das yiK hier wohl demonstrativ, bekräftigend zu verstehen ist.
Mit hæwhºy-yax in Vers 24 beginnt Salomo noch eine zweite Schwurformel, auf die jedoch auch mit yiK beginnend kein wirklicher Schwur folgt, sondern zur Begründung des Todes Adonijas wörtliche Rede. Auch die Entscheidung, Adonija zu töten, das eigentliche Todesurteil, erfolgt so in wörtlicher Rede. So finden sich Parallelen zu 1. Könige 1,30 wo jedoch nach dem Rückbezug auf den bereits geleisteten Schwur noch ein richtiger Schwur folgt.
Bathseba hält sich an die Absprache mit Adonija und geht zu Salomo. Als sie zu ihm kommt vollzieht nicht sie ein Ritual zur Begrüßung, sondern der König wirft sich nieder. Ihre Stellung am Hofe muß sich also im Vergleich zu 1. Könige 1 wesentlich verändert haben.
Bathseba verhält sich in diesem Abschnitt wesentlich aktiver als in Abschnitt a). Sie agiert, während Salomo reagiert. In Vers 20 lassen sich mit der „kleinen“ Bitte und dem Einholen des Versprechens, diese zu erfüllen, durchaus Elemente von Diplomatie erkennen, die nicht mit Intriganz verwechselt werden dürfen, denn hier geschieht ihr Handeln offen unter den Augen des Königs und nicht im Verborgenen. Das Argument der „kleinen“ Bitte kann unter Verweis darauf entkräftet werden, Bathseba habe die Tragweite ihres Anliegens schlicht und einfach nicht erkannt. Die List des Versprechens bleibt allerdings bestehen, auch wenn dieses Versprechen später von Salomo gebrochen wird.
Dieses gebrochene Versprechen ist ein Element, das diesen Text überaus salomokritisch erscheinen läßt. Dazu kommt noch das Aufbrausen in Vers 22b, das bei aller Wut doch reichlich über das Ziel hinausschießt. Daneben kann auch das Todesurteil für Adonija an sich als überaus unverständlich und somit salomkritisch bewertet werden. Dagegen lassen sich jedoch Argumentationen finden, die Abischag als Teil von Davids Harem ansehen, das Ansinnen von Adonija unter Bezug auf 2. Samuel 16 als Angriff auf die Königsherrschaft Salomos sehen und das Urteil so mit als verständlich betrachten. Solche Argumentationen werden jedoch weithin abgelehnt. Aber selbst aufgrund der ersten beiden Argumente allein läßt sich schon auf eine salomokritische Haltung schließen, denn ein gebrochenes Versprechen gehörte wohl auch damals schon nicht zu feinen Art und Abiatar und Joab spielen im ganzen Bereich 1. Könige 2,13-25 sonst keine Rolle.
Mit einem solchen Anliegen zu Salomo zu gehen, wußte Bathseba nicht, was das bedeutet? Diese Frage kann man sich stellen, nachdem man bis Vers 25 gelesen hat. Bis Vers 21 sieht das jedoch ganz anders aus: Bathseba erscheint als Diplomatin und Vermittlerin, die mit ihrem und dem Schicksal ihres Sohnes so ausgesöhnt zu sein scheint, daß sie nichts dabei findet, dem ehemals ärgsten Widersacher bei der Erfüllung eines Anliegens zu helfen. Dies spricht für etwas wie Mitleid, Barmherzigkeit und möglicherweise auch Romantik als Handlungsmotivation Bathsebas. Dagegen läßt sich einzig ein Konzept entwickeln, das Bathseba Heimtücke als Handlungsmotivation und die endgültige Vernichtung Adonijas als Handlungsintention unterstellt. Für dieses Konzept finde ich jedoch keinerlei Anhaltspunkte, denn der Leser oder Hörer ahnt bis Vers 22 nichts von der Reaktion Salomos, sie kommt für ihn unvorhersehbar, aus heiterem Himmel. Daran ändern auch Konzepte nichts, die Salomos Vorgehen als gerechtfertigt ansehen. Die Handlungsintention Bathseba scheint also so etwas wie barmherzige Hilfe gewesen zu sein. Dabei haben hat eine gewisse Naivität Bathsebas oder ein gehöriges Maß Salomokritik des Verfassers am Unglück Adonijas und dem Mißlingen der Handlungsintention einen gehörigen Anteil.
Salomo begrüßt Bathseba bei ihrem Erscheinen vor ihm mit einem die Proskynese einschließenden Zeremoniell. Dies spricht dafür, daß sie ein eigenes hohes Amt bei Hofe besitzt, denn der König fällt vor ihr nieder, nicht sie vor ihm, wie noch in 1. Könige 1. Dieses Amt scheint über ihre biologisch-soziale Funktion als „Mutter des Königs“ hinauszugehen, denn gäbe es Ämter für solche Funktionen wäre auch in 1.Könige 1 für Bathseba als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ ein Ritual zu erwarten gewesen. Bathseba scheint also ein ungenanntes Amt bei Hofe innegehabt zu haben. Herbert Donner hat dieses Amt mit dem der hfryib:G, der „Königinmutter“, benannt. Ein solches Amt würde auch besser als die Rolle der „Mutter des Königs“ erklären, warum Adonija sich ausgerechnet an Bathseba als „Vermittlerin“ wendet. Von einer Frau, die ein königliches Amt begleitet und vor der sich selbst der König in einem Zeremoniell verneigt, ist schon einiges an Einfluß zu erwarten, während eine persönliche Beziehung dies nicht immer garantiert. Auch die von Donner festgestellte Konkurrenz von Königinmutter und Königsgemahlin ließe sich mit der Rolle der „Frau an der Seite des Königs“ gut in das Amt und die Rolle der „Königinmutter“ integrieren.
Die Rollenkonzepte für Bathseba von 1. Könige 2 unterscheiden sich von denen in
1. Könige 1 darin, daß wir es hier bis auf eines nicht mit konkurrierenden, sondern mit sich gegenseitig ergänzenden Rollenkonzeptionen zu tun haben. Die Rolle, in die sich alle anderen integrieren lassen, ist nach meiner Auffassung die der „Königinmutter“.
Das Konzept, Bathseba habe das Amt einer Königinmutter oder Königsmutter inne, findet sich sowohl bei Herbert Donner als auch bei Martin Noth. Auch bei Ernst Würthwein findet sich die Annahme eines Amtes der Königinmutter zumindest für Juda, während für das Nordreich unter Verweis auf das Fehlen dynastischer Kontinuität und eine schwierige Quellenlage für DtrG keine Aussage getroffen wird. An anderer Stelle verweist Würthwein darauf, daß auch Bathseba „die einflußreiche und ehrenvolle Stellung einer Königinmutter“ inne hat. Er verweist aber auch auf das Fehlen des dafür gebräuchlichen Titels der hfryib:G in 1. Könige 2.
Auch Herbert Donner identifiziert dieses Amt der Königinmutter mit dem der hfryib:G. In seinem Aufsatz erwähnt Donner folgendes, die Königinmutter kennzeichnendes:
Es handelt sich um eine „Würde mit Amtscharakter“, was bedeutet, daß die Inhaberin in einem gewissen Machtbereich Einfluß besitzt. Aus einer solchen Würde läßt sich auch auf die Existenz von „einem Element [eigenen] königlichen Zeremoniells“ bei einem Auftritt der Königinmutter vor dem König schließen.
Die Königinmutter muß „keineswegs mit der Hauptgemahlin des königlichen Vaters identisch“ sein.
Beide Kriterien erfüllt Bathseba. Durch die Proskynese, die Salomo bei ihrem Eintritt vollzieht und das Aufstellen eines eigenen Thrones ist die Existenz eines besonderen Zeremoniells anzunehmen, denn bei aller Verehrung, die Salomo seiner Mutter entgegenbringen mag und allem, was er ihr nach 1. Könige 1 zu verdanken hat, eine derartige Geste wäre doch etwas übertrieben. Von einer Proskynese eines Königs vor einem anderen Menschen wird sonst nur noch in 1. Samuel 28,15-20 berichtet: Als Samuel während Sauls Besuch bei der Frau von En-Dor zu diesem kommt, fällt Saul vor ihm nieder, was eindeutig Bußcharakter hat. Eine solche Situation ist in 1. Könige 2 jedoch nicht gegeben. Die entbehrliche Bindung des Amtes der Königinmutter an die Hauptgemahlin des Vaters des Königs, entbindet davon, darüber zu spekulieren, ob Bathseba die Hauptgemahlin Davids war, oder ob sie in einer Konkurrenz mit anderen, z.B. mit Haggit der Mutter Adonijas, stand. Wenn es ein Amt der Königinmutter gab, so wie Donner es beschreibt, dann ist also anzunehmen, daß Bathseba es inne hatte oder zumindest von der Thronfolgegeschichte so dargestellt wird, auch wenn der Begriff der hfryib:G in 1. Könige 2 nicht fällt.
Daß es die Vorstellung von einem Amt der Köninginmutter im alten Israel wirklich gab, belegt Herbert Donner mit einleuchtenden Indizien: „bei allen Königen der davididischen Dynastie sind mit zwei Ausnahmen Name und Herkunft der Mutter verzeichnet“. Für den Amtscharakter führt er neben 1. Könige 2,19 noch 1. Könige 15,13 an: dort „entfernt König Asa von Juda (1. Hälfte des 9. Jh. v.Chr.) seine Mutter aus dem Amt der hfryib:G“. Daneben zeigt er Parallelen zu anderen Kulturen im assyrischen Großreich auf.
Durch das Amt und die Rolle der Königinmutter wird ein weites Feld abgedeckt, in dem sich wiederum verschiedene Einzelrollen von der „Mutter des Königs“ bis zur „Vermittlerin“ ohne weiteres unterbringen lassen.
Schon aus dieser biologisch und sozial begründeten Stellung Bathsebas gegenüber Salomo läßt sich eine Rolle konstruieren, denn diese Rolle bedingt beispielsweise, daß man zunächst einmal davon ausgeht, Bathseba habe bei ihrem Handeln das Wohl Salomos stets im Auge behalten. Diese emotionale Komponente der Rolle setzt sich fort: Auch ein gewisser Einfluß auf Salomo und ein relativ freier Zugang zu ihm können allein aufgrund ihrer Position als Salomos Mutter angenommen werden, ohne von 1. Könige 2,19 zu wissen. Stärkend für diese Rolle kommt Bathsebas Rolle als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ in 1. Könige 1 hinzu. Bathseba handelt dort für ihren Sohn, so daß ihr auch dort eine stärkere aus ihrer Mutterrolle herrührende Bindung an Salomo Bindung unterstellt werden. Es ist daher nur schlüssig von einem Fortbestehen dieser Bindung auch in 1. Könige 2 auszugehen. Die Rolle der „Mutter des Königs“ ist zumindest von ihrer biologisch-sozialen Seite und vielleicht nicht unbedingt von ihrer emotionalen Seite her die Zugangsvoraussetzung zum Amt der „Königinmutter“. Wer nicht „Mutter des Königs“ ist, kann nicht „Königinmutter“ werden.
Die Rolle der Vermittlerin ist eine, die Bathseba nur durch den Inhalt von 1. Könige 2,13-25 zuwächst. Adonija bittet sie, für sein Anliegen bei König Salomo vorzusprechen, er bittet sie zu vermitteln. Durch ihren Zugang zum König und ihre Position bei Hofe ist das Amt der „Königinmutter“ geradezu prädestiniert für die Aufgabe des Vermittelns. Sie besitzt Einfluß am Hofe und in bestimmten Bereichen eigene Macht, daneben scheint sie direkten Zugang zum König und ihr Amt dürfte sie selbst auch vor möglichen Willkürreaktionen des Königs schützen. Dies alles macht sie zu einer optimalen Anlaufstelle für Menschen, die sich nicht trauen dem König unter die Augen zu treten, für Menschen wie Adonija.
Auch diese Rolle ließe sich in das Amt und die Rolle der „Königinmutter“ integrieren. Als „Verbündete Adonijas“ bei einer wie auch immer gearteten Verschwörung Adonijas würde Bathseba Salomo hintergehen. Daß ein solches Hintergehen des Königs durch die Königinmutter möglich ist, zeigt 1. Könige 15,13, wo Asa seine Mutter als hfryib:G absetzt, weil sie offenbar seine Religionspolitik hintertrieb.
Ich halte eine Rolle als „Verbündete Adonijas“ für Bathseba in 1. Könige 2 dennoch für ungerechtfertigt, da sie das Anliegen Adonijas Salomo zwar geschickt, aber dennoch offen vorträgt. Auch gibt es keine weiteren Hinweise und auch keinen Grund dafür, weshalb Bathseba Salomo hintergehen und sich so massiv auf die Seite Adonijas bei einer auch schwerlich erkennbaren Verschwörung schlagen sollte. Auch würde eine solche Rolle sich kaum mit dem Einsatz Bathsebas für Salomo und gegen Adonija in 1.Könige 1 vertragen.
Das Bathseba im wahrsten Sinne des Wortes in 1. Könige 2 die Frau an der Seite Salomos ist, läßt sich aus Vers 19 entnehmen: Salomo läßt einen Thron für Bathseba zu seiner Rechten aufstellen. Auch über eine Verheiratung Salomos ist bis zu dieser Stelle nichts bekannt. Auch eine gewisse Konkurrenz von Königsgemahlin und Königinmutter nach dem klassischen Muster „Schwiegertochter und Schwiegermutter“ spricht dafür, daß Bathseba als „Königinmutter“ auch die Rolle als „Frau an der Seite des Königs“ ausfüllte. Allerdings muß ich eingestehen, daß mir außer den zum Amt der Königinmutter und bei Donner genannten Stellen keine weiteren Informationen über die wie auch immer geartete Rolle einer solchen „First Lady“ im alten Israel habe, so daß diese Rolle Spekulation bleibt. Eine Spekulation allerdings, die einiges für sich hat.
Daß Bathseba in 1.Könige 2 im Amt einer „Königinmutter“ geschildert wird, ist durch das Zeremoniell, daß Salomo bei ihrem Auftritt vollzieht kaum zu bestreiten, auch wenn der dafür gebräuchliche Titel der hfryib:G nicht genannt wird. Auch daß Adonija sich an Bathseba mit seinem Anliegen wendet, unterstützt diese Rolle. Zugangsvoraussetzung für dieses Amt ist sicherlich auch, daß Bathseba tatsächlich die „Mutter des Königs“ ist. Diese Rolle, die auf einen Einfluß auf Salomo aufgrund persönlicher Bindung unabhängig von einem Amt z.B. der „Königinmutter“ hin angelegt ist, läßt sich als persönliche Komponente in eine Rolle der „Königinmutter“ integrieren und stellt so eine Kontinuität zu einer Rolle Bathsebas als „Mutter des Thronprätendenten Salomo“ in 1. Könige 1. Für Adonija spielt Bathseba die Rolle einer „Vermittlerin“, sie versucht Salomo diplomatisch das Anliegen seines großen Bruders zu vermitteln. Die Reaktion Salomos auf dieses Anliegen, Abischag von Schunem zur Frau zu nehmen, verleiht dabei dieser Rolle eine tragische Note. Auch diese Rolle ist in die Rolle der „Königinmutter“ integrierbar, da es sich des Einflusses dieses Amtes und seiner Amtsinhaberin zumindest zu bedienen versucht.
Andere Rollenelemente, die ebenfalls in Rolle und Amt der „Königinmutter“ integrierbar wären, sind mangels Masse, wie bei der „Frau an der Seite des Königs“, und auch aufgrund von Widersprüchen z.B. zum Kontext, wie bei Bathseba als „Verbündete Adonijas“, nicht haltbar.
Zur Beurteilung der Frage, ob ein Verfasser der Thronfolgegeschichte Bathseba eine Verantwortung für das Ergebnis ihres Handelns, den Tod von Adonija, zuweist, muß zunächst der Textabschnitt 1. Könige 2,13-25, in dem Bathseba selbst handelt, und anschließend das Umfeld untersucht werden, indem dieses geschieht.
In 1. Könige 2,13-18 geht Bathseba ohne Einwände auf die Bitte Adonijas um Abischag von Schunem ein. Sie läßt keinerlei Mißtrauen in bezug auf mögliche Hintergedanken oder Thronambitionen erkennen. Dies kann nur den Schluß zulassen, auch für Bathseba sei die Reaktion unvorhersehbar gewesen. Gegen eine solche gewisse Arglosigkeit in bezug auf das Handeln ihres Sohnes ließe sich einzig ein Konzept von Bathseba als „Intrigantin“ konstruieren, die Adonija in Unglück stürzen möchte und ihr intrigantes Anliegen aus
1. Könige 1 fortsetzt. Mit Ausnahme des fehlenden Schwures in 1. Könige 1 lassen sich dafür jedoch keine ernst zunehmenden Argumente finden und es würden Bathseba wohl auch zu große politische Ambitionen unterstellt.
Die zentrale Formulierung mit der Bathseba eine Beurteilung des Anliegens Adonija zugewiesen wird, ist die hæNa+:q taxa) hfl"):$, die „eine kleine Bitte“, als die Bathseba Salomo in 1. Könige 2,20 das Ansinnen Adonijas vorbringt. Sie scheint das Anliegen Adonijas als nichts Großes einzuschätzen, nichts das den Tod Adonijas rechtfertigen würde. So läßt sich Bathseba bestenfalls Naivität vorwerfen, dann jedoch käme Adonija selbst eine nicht unerhebliche Verantwortung an seinem Schicksal zu, da er sich ja Bathseba als Vermittlerin wählte.
Betrachtet man den Tod Adonijas im Kontext des gesamten 1. Könige 2, so ordnet er sich ein in die Tötung Joabs und Schimis sowie die Verbannung Abiatars, also die Bestrafung Adonijas ehemaliger Anhänger.
Er fällt somit in Salomos Maßnahmen zur Festigung seiner Macht ein. Allerdings werden Joab und Schimi in 1. Könige 2,5-9 im Davids sogenanntem „letzten Willen“ erwähnt. Aber auch Abiatar taucht dort nicht auf. Die Verantwortung für Adonijas Tod, gerechtfertigt oder ungerechtfertigt, kommt so nicht Bathseba sondern Salomo zu, der auch das Urteil über Adonija spricht. Bathseba bleibt so nur die Tragik ihres Botenganges, denn selbst wenn sie nicht gegangen wäre, wäre nach dem Kontext von 1. Könige 2 der Tod Adonijas wohl bestenfalls hinausschiebbar, aber nicht verhinderbar gewesen.