2. Theologische und religionswissenschaftliche Gesichtspunkte zum Thema
Das Gebet als Anrufung Gottes, als Gespräch mit Gott, hat eine lange und in den unterschiedlichsten Glaubensgemeinschaften sehr verschiedene Geschichte durchlaufen. Man kann sagen, daß seit Menschengedenken immer Menschen Gott oder Götter anriefen, den Kontakt zu höheren Wesen suchten. Sehr alte Formen des Gebetes sind Opfergebete, Segenswünsche, Eide und Verfluchungen sowie Gebete für Tote .
Später kamen weitere Formen des Gebetes hinzu: die Anbetung, der anerkennende Dank Gott gegenüber und die Bekundung von Ergebenheit und Zuversicht. Diese Gebetsformen lassen sich in nahezu allen Glaubensgemeinschaften in verschiedensten Ausprägungen finden.
Es gibt freie und vorformulierte Gebete, die in den unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften sehr verschieden praktiziert werden.
In indischen Glaubensrichtungen finden sich die verschiedensten Gebetshaltungen, deren Hauptzweck es meist ist, sich möglichst tief in das Gebet zu versenken.
Die Gebetsformen und Haltungen des jüdischen, des christlichen und des muslimischen Glaubens schöpfen alle aus einer Tradition, der des Jüdischen.
Durch gewisse lokale Bindungen Allahs resultiert die Blickrichtung der Muslime gen Mekka. Ähnliches ist bereits bei den alten Römern zu finden, die zum Gebet ihren Blick zum Jupitertempel auf dem Kapitol wandten[10]
Ebenso wie im Islam sind auch in anderen Glaubensgemeinschaften tägliche Gebete nach festen Regeln bekannt.
Gebräuchliche Körperhaltungen beim Beten in Christentum, Judentum und Islam sind das aufrechte Stehen, das Knien, das Sitzen, sowohl auf der Erde, als auch auf Bänken oder Stühlen, das Verbeugen, das sich häufig nur noch als Senken des Kopfes findet, oder besonders im Islam das Sich-zur-Erde-Niederwerfen. Oft kann auch ein Wechsel zwischen verschiedenen Gebetshaltungen im Laufe eines Gebetes beobachtet werden.
Für Arme und Hände sind neben der im europäischen Christentum seit der Jahrtausendwende gebräuchlichen Faltung der Hände, auch das Zuwenden der Handflächen zur Gottheit hin mit ausgebreiteten oder erhobenen Armen gebräuchlich. Besonders beim Schwur ist auch das Erheben einer Hand üblich. Daneben sind die Haltung mit einer Hand über dem Kopf, das Schlagen an Brust oder Stirn, die Verschränkung der Arme auf Brust oder Rücken, das Herab- oder Hängenlassen der Arme, das Schlagen auf die Erde, ja nahezu sämtliche Gesten, die Menschen im Umgang mit Höhergestellten gebrauchen, als Gebetsgesten und –haltungen bekannt.
Außerhalb dieser Sitten wird uns z.B. noch von der der Entblößung des Oberkörpers oder eines Armes oder der der Barfüßigkeit verschiedentlich berichtet.
Alle Gebetsgesten und -haltungen haben jedoch eines gemein: sie dienen der Unterstreichung und Bekräftigung der Anliegen des Beters. So ist es auch nicht verwunderlich, daß sich in den verschiedensten Religionen ähnliche Gebetshaltungen und –gesten finden.
Da für Christen keine Gebetshaltungen vorgeschrieben sind, ermöglicht ihnen die freie Wahl der Haltung beim Gebet, sich ganz und gar, mit Leib und Seele, auf ihr Gebet, ihr Reden mit Gott, einzulassen. Die Gebetshaltung kann es ermöglichen sich auf ein Gebet einzustellen, sie kann aber auch eine Hilfe sein, dem Gebetsanliegen Nachdruck zu verleihen und dabei Emotionen, Gefühle und auch Aggressionen nicht zu verdrängen, sondern ihnen Ausdruck zu verleihen, ihnen freien Lauf zu lassen, und so helfen, sie zu verarbeiten bzw. abzubauen.
Auch Jesus betete nicht immer gleich, so kniete er z.B. im Garten Gethsemane oder zog sich auf einen Berg zurück.