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Exkurs 2: Adventistisches Gemeindeleben

Die Gemeinde spielt im Leben eines Adventisten eine wesentliche Rolle. Sie ist neben der Familie das wichtigste soziale Gefüge, in das er eingebunden ist. Er verbringt hier auch einen wesentlichen Teil seiner Freizeit und es wird auch von ihm erwartet, daß er sich hier einbringt. So besteht auch sein Freundeskreis oft zu großen Teilen aus Adventisten und auch viele Ehen entstehen aus Begegnungen innerhalb der Gemeinde oder auf überregionalen adventistischen Treffen oder Rüstzeiten. Es hat jedoch schon seit Jahrzehnten immer auch Ehen mit nichtadventistischen Partnern gegeben, ohne daß dieser zum Adventismus konvertierte oder deswegen gegen den adventistischen Ehepartner ein Gemeindezuchtverfahren eingeleitet worden wäre. In den letzten Jahren geht man zudem wohl auch noch offener mit solchen Mischehen um. Man scheint sogar auf die offizielle Empfehlung der inneradventistischen Heirat zu verzichten[92]. In Ehen, in denen ein Ehepartner kein Adventist ist, gehört dieser zumeist einer anderen christlichen Glaubensgemeinschaft an, was gerade am Sonntag oft zu Konflikten führt. Die Sexualmoral der STA ist streng und nach meiner Einsicht der einer deutschen baptistischen Gemeinde vergleichbar. Dies bedeutet nicht, daß außereheliche Sexualität oder ein Zusammenleben unverheirateter Paare nicht stattfindet, aber es wird vor der Gemeinde meist verheimlicht, wohl weil man damit ein Gemeindezuchtverfahren riskiert. Ehescheidungen sind in den letzten Jahren ein bei den STA auch auf den Generalversammlungen heftig diskutiertes Problem gewesen.[93]

In Volkskirchen fast in Vergessenheit geraten und selten angewandt, wird die Gemeindezucht in vielen Freikirchen und auch bei den STA aktiv praktiziert.[94] Sie wird verstanden als „Versuch, den irrenden Menschen zur Einsicht und zur Aufgabe der Sünde zu bewegen - weil sie ihm selbst und der Gemeinde schadet“[95]. Sie wird heute weniger als Strafgericht denn als Versuch einer korrigierenden Seelsorge gesehen. Der Verzicht auf Zurechtweisung wird als Lieblosigkeit empfunden. Welche Gemeindestrafen konkret verhängt werden, ist mir nicht bekannt, aber es sind - analog zu verschiedenen Freikirchen - der Verlust gemeindlicher Rechte, der Ausschluß vom Abendmahl bis hin zum Gemeindeausschluß denkbar. Gemeindezucht wird als Mittel verstanden, auf den richtigen Weg zurückzuführen, so daß eine Rückkehr in die Gemeinde eigentlich immer möglich und sogar erwünscht ist. Sollte dennoch ein Ausschluß Bestand haben, so bedeutet dies zwar in der Regel, daß der Betreffende sich von der Gemeinde und sie sich von ihm abwendet. Es bedeutet jedoch keinen Zusammenbruch des gesamten sozialen Umfeldes, da dies zwar zu großen Teilen, jedoch nicht ausschließlich aus Adventisten besteht, und auch von der Familie nicht erwartet wird, sich von dem Betroffenen abzuwenden. Nach meiner Einsicht sieht man die Familie eher als Möglichkeit, ihn vielleicht doch noch in die Gemeinschaft zurückzuführen. Mir persönlich sind keine Gemeindeausschlüsse wegen einer zu liberalen oder gegenüber anderen Christen zu offenen Haltung bekannt. Im Gegensatz dazu weiß ich von Ausschlüssen wegen fundamentalistischer und antiökumenischer Ansichten.[96]

Der Mittelpunkt adventistischen Gemeindelebens ist der Gottesdienst am Samstag, dessen Besucherzahlen in den letzten Jahren aber auch abgenommen haben.

Die Taufe ist für die Adventisten in ihrer täuferischen Tradition ein Akt des Bekenntnisses zu „Christus als Herrn und Erlöser“[97] und somit Bestätigung dessen, wofür sie im Lutherischen eher Voraussetzung ist: die Annahme der Erlösungsgnade Christi. Mit der Bekenntnistaufe wird man Mitglied der Gemeinde und erhält dementsprechende Rechte und Pflichten.

Auch das Abendmahl[98] wird im zwinglianischen Sinne mehr symbolisch verstanden, weniger im lutherischen, als Leib und Blut Christi. Es ist Ausdruck des Glaubens an Christus als den Herrn und Erlöser und in diesem Sinne ein Gedächtnis- und Erinnerungsmahl. Auch ist die Gemeinde und nicht Christus das Subjekt der Abendmahlsfeier[99]. Eine Besonderheit der adventistischen Abendmahlsfeier, die etwa vierteljährlich stattfindet, mit ungesäuertem Brot und alkoholfreiem Wein gefeiert und für andere Christen offen ist, stellt die dem Abendmahl unter Berufung auf Johannes 13,14f. vorausgehende Fußwaschung dar. Sie wird als Hinweis auf „die Notwendigkeit erneuter Reinigung“[100] verstanden und ist somit ihn ihrer Funktion dem allgemeinen Bußgebet im lutherischen Gottesdienst vergleichbar. Die Fußwaschung wird als eigene Tradition und nicht als Element der Abgrenzung gegen andere christliche Glaubensgemeinschaften verstanden.

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