4.1.3. Lebensstil
Aus ihrem Verständnis des Menschen als Ebenbild Gottes und des menschlichen Leibes als Tempel heraus und damit als Konsequenz ihrer Anthropologie und Schöpfungslehre haben die STA einen eigenen Lebensstil entwickelt. Ziel dieses Lebensstiles[166] ist es, Gesundheit, Reinheit und Freude zu fördern. Dies bedeutet für Adventisten heute, sich schlicht und geschmackvoll zu kleiden, nachdem man Tendenzen zu uniformen „Trachten“ in der Anfangszeit verworfen hatte. Diese Aufforderung zum Verzicht zumindest auf übermäßigen Schmuck erinnert an reformierte Traditionen. Als wahren Schmuck empfinden die STA Freundlichkeit und Herzensgüte, was sich auch in ihrem sozialen Engagement erweist.
Um den Körper als Tempel des Heiligen Geistes muß nach adventistischer Lehre Sorge getragen werden. Dies beinhaltet neben ausreichender Ruhe und Bewegung insbesondere eine gesunde Ernährung. Dazu gehört zum einen Enthaltsamkeit von alkoholischen Getränken, Tabak und anderen Drogen sowie Vermeidung des Medikamentenmißbrauchs.[167] Weitere Bestandteile sind eine aktive Arbeit mit Alkoholikern oder die von Adventgemeinden fast immer angebotenen Raucherentwöhnungskurse.
Adventistischer Lebensstil bedeutet zum anderen auch den weitestmöglichen Verzicht auf Speisen, die in der Bibel als unrein bezeichnet werden. Heute wird sogar empfohlen, ganz auf Fleisch, jedoch nicht auf tierische Produkte zu verzichten. So wird heute beispielsweise in der Mensa der Theologischen Hochschule Friedensau ausschließlich ovo-lacto-vegetarische[168] Kost angeboten. Vegetarismus ist für STA keine Verpflichtung und auch das Halten der alttestamentlichen Speisevorschriften, die im allgemeinen pragmatisch gehandhabt werden, dient für die Adventisten nicht der Erlangung des Heils, sondern ist ihrem Gesetzesverständnis[169] entsprechend als „Frucht des Glaubens“ zu sehen. Sie werden als Empfehlung Gottes zum Wohlergehen der Gläubigen gesehen.[170] Zur Förderung einer solchen Ernährung unterhält die Gemeinschaft der STA in Deutschland über den Deutschen Verein für Gesundheitspflege, dessen Auftrag die Förderung einer gesunden Ernährung ist, die De-Vau-Ge-Gesundkostwerk GmbH mit ihren Tochtergesellschaften, deren Produkte sich auch in vielen Reformhäusern finden.[171]
Das Ziel einer gesunden, den biblischen Speisevorschriften entsprechenden Ernährung ist eine Besonderheit der STA, die jedoch dem Zeitgeist entgegen kommt. Die Adventisten sind sicher nicht nur wegen ihrer Krankenhäuser und Sanatorien die gesündeste Bevölkerungsgruppe der USA[172]. Da die STA eine gesunde Ernährung und Lebensweise nicht als Verdienstmöglichkeit des Heils betrachten, ist sie als Lehrbestandteil mit eher empfehlendem als gesetzlichem Charakter, auch wenn man sie so nicht teilt, aus evangelischer Sicht nicht zu verwerfen.
Auch zum adventistischen Lebensstil möchte ich, selbst wenn es sich so nicht in den „Glaubensüberzeugungen“ findet, das soziale Engagement der STA zählen, das sich in Deutschland durch das Advent-Wohlfahrtswerk als Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, adventistische Krankenhäuser und durch viele verschiede Initiativen vor Ort äußert. Ohne solches Engagement sind die STA nach meiner Erfahrung nicht denkbar.[173] Dies spiegelt sich auch darin wider, daß unter den Mitgliedern der STA neben erzieherischen medizinische Berufe überproportional vertreten sind.[174]